„Ich liebe Autofahren“

Wien: Gefährder (15) ist offenbar nicht zu stoppen

Gericht
02.10.2024 12:46

Ist die Kinder- und Jugendhilfe machtlos, wenn es darum geht, einem vorbestraften 15-Jährigen, der seit zehn Jahren in ihrer Obhut ist, Grenzen zu setzen? Der Bursche nahm über Monate hinweg unbefugt Autos in Betrieb und raste mit bis zu 140 km/h durch Wien. Als ihn die Polizei stoppte, drohte er mit einem Terroranschlag: Prozess.

„Ich fahr öfter einfach so mit Autos. Ich liebe es, Auto zu fahren“, sagt der 15-Jährige in dem verstörenden Prozess im Wiener Landesgericht. Der Bursche ist im grauen Haus kein Unbekannter. Er wurde schon am 13. Juni verurteilt. Damals war die 14-jährige Erstangeklagte wegen Quälen eines Mädchens in der WG in eine Anstalt eingewiesen worden. Die Mitangeklagten, darunter der 15-Jährige, griffen nicht ein, sondern filmten mit.

Neun Tage nach Verurteilung Auto in Betrieb genommen
Schon in dem Prozess im Juni waren „Spritztouren“, die die Jugendlichen in ihrer unbegrenzten Freizeit mit offenen Autos tätigen, Thema. Nur neun Tage nach besagter Verurteilung, am 22. Juni, nahm der 15-Jährige erneut ein Fahrzeug in Betrieb. Die Liste der unbefugten Inbetriebnahmen von Autos, die danach bis zu seiner Festnahme erfolgten, ist lang. Und endete erwartungsgemäß unrühmlich.  

Anwalt Roland Friis vertritt den 15-Jährigen. (Bild: Peter Tomschi)
Anwalt Roland Friis vertritt den 15-Jährigen.

Am 16. August soll er mit einem VW Polo mit 140 km/h mit drei jugendlichen Mitinsassen beim Donauzentrum in Kagran der Polizei davongerauscht sein, mit dem er schließlich kollidierte. „Schon ein bissl g´schwind“, formuliert es die erfahrene Jugendrichterin Daniela Zwangsleitner. Als die Beamten den Österreicher festnahmen, tönte dieser: „Ich werde mit meinen tschetschenischen Brüdern einen Terroranschlag machen und eine Polizeidienststelle in die Luft sprengen.“

Die Verfolgungsjagd stieg am 16. August beim Donauzentrum in Wien.  (Bild: APA/HANS KLAUS TECHT)
Die Verfolgungsjagd stieg am 16. August beim Donauzentrum in Wien. 

Keine geregelte Tagesstruktur
„Das hab ich aus Wut gesagt“, beteuerte der Jugendliche im Prozess. Dass er mit seinen Ausfahrten Menschen massiv gefährdet, scheint ihm nicht bewusst zu sein. Sein Leben ist von Rückschlägen geprägt. Mit fünf Jahren kommt er in eine Wohngemeinschaft der Kinder- und Jugendhilfe. Fünfmal muss er diese wechseln. In der aktuellen WG scheint es kaum Struktur zu geben. Die Jugendlichen werden in der Früh rausgeschickt und können am Abend wieder kommen.

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Ich werde mit meinen tschetschenischen Brüdern einen Terroranschlag machen und eine Polizeidienststelle in die Luft sprengen.

Der 15-Jährige, als er von der Polizei gestoppt wurde.

Einen Schulabschluss hat der Bursche nicht. „Was machen Sie da den ganzen Tag, wenn Sie draußen sind?“, will Frau Rat wissen. Der 15-Jährige zuckt mit den Achseln. Die Psychotherapie, die er nach seiner letzten Bewährungsstrafe besuchen hätte sollen, und die ihm die Justiz zahlt, brach er ab. Auch andere Betreuungstermine nahm er nicht wahr. „Keine Zeit, weil Sie dauern herumgefahren sind?“, ist auch Zwangsleitner ratlos, wie es mit dem Angeklagten weitergehen soll. 

Rückkehr in die Wohngemeinschaft
Die Haft sei für ihn lehrreich gewesen, gibt der Bursche an. „Es kam mich keiner besuchen, außer meine Bewährungshelferin“, berichtet er, bevor er zu zwölf Monaten teilbedingter Haft, davon vier Monate fest, verurteilt wird.

In Kürze ist der 15-Jährige wieder völlig unbegleitet in Wien unterwegs. Gut möglich, dass sich der Bub oder seine Freunde bald wieder in ein unversperrtes Auto setzen und dadurch zu Gefährdern für Menschen, die in Wien unterwegs sind, werden. 

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