"Krone": Alan, du bist in einer Unterhaltungsbranchen-Familie groß geworden. War für dich immer schon klar, dass du mal im Musikgeschäft sein wirst?
Alan Parsons: Das wurde mir wirklich in die Wiege gelegt. Ich war immer sehr an Elektronik und auch an Musik interessiert. Das war für mich etwas ganz Natürliches. Aber es gab anfangs auch Zeiten, wo ich mir ziemlich sicher war, dass ich mal zum Fernsehen gehe. Als Kameramann oder so. Ich wusste nur, dass es auf jeden Fall die Unterhaltungsbranche sein würde.
"Krone": Wolltest du nicht gleich Schauspieler werden?
Parsons: Ich komme ja aus einer Familie von Schauspielern und die gaben mir das Interesse dafür natürlich weiter. Ein Cousin von mir hat auch mal Hörspiele auf Band aufgezeichnet. Da wirkte ich zwischendurch auch mit. Ich fand so etwas immer sehr lustig.
"Krone": Also besteht noch die Hoffnung, dich in einem großen Film zu sehen?
Parsons: Es ist vielleicht schon etwas spät dafür, aber man soll ja niemals nie sagen.
"Krone": "Rocky 7" oder so etwas in der Art.
Parsons: "Das bärtige Monster aus dem Weltall" würde wohl besser zu mir passen (lacht).
"Krone": Hast du dir auch mal Gedanken darüber gemacht, außerhalb des Entertainments zu arbeiten?
Parsons: Ich bin eine Art Hobbymagier. Aber das zählt ja wohl auch zum Entertainment. Ich wüsste aber nicht, was ich außerhalb dieser Welt machen sollte. Okay, ich bin linguistisch ziemlich begabt und spreche gut Französisch und Deutsch. Aber Deutsch nicht gut genug, um dieses Interview in deiner Sprache zu führen (lacht). Vielleicht würde ich sonst als Reiseleiter mit Touristen durch die Welt reisen.
"Krone": Bevor du Musiker wurdest, warst du schon als Techniker und Produzent bei Alben wie "Let It Be" und "Abbey Road" von den Beatles oder dem Pink-Floyd-Meisterstück "Dark Side Of The Moon" bekannt. Hat dir das mehr Spaß bereitet, als selbst zum Instrument zu greifen?
Parsons: Als ich meinen Job in den Abbey-Road-Studios bekam, habe ich schon Gitarre und Keyboards gespielt. Es ist in der Tat etwas unüblich, dass ein Techniker oder Produzent dann noch Musiker wird, doch viele sind ja eigentlich frustrierte Musiker. Vor allem Bassisten. Irgendwie sind alle Techniker gescheiterte Bassisten. Ich habe keine Ahnung, warum das so ist (lacht).
"Krone": Aber es gibt doch den alten Spruch, dass Bassisten die meisten Groupies abschleppen.
Parsons: (lacht) Möglicherweise stimmt das. Sie haben ja auch das längste Instrument.
"Krone": 1975 hast du mit deinem Freund Eric Woolfson das Alan Parsons Project gegründet. Welche Grundidee stand damals dahinter?
Parsons: Wir haben uns in den Abbey-Road-Studios getroffen, als er einen Kinderstar produzierte. Ein Sohn eines wichtigen EMI-Mitarbeiters. Ich habe mitgekriegt, dass Eric ein geschickter Geschäftsmann ist und so habe ich ihn einfach mal um Rat gebeten, was meine Karriere betrifft. Ich hatte damals als Produzent für Pilot und die Cockney Rebels gerade erste Erfolge. Die Ratschläge waren gut und er bot mir an, mein Manager zu werden. Das war die erste Bewegung – er wurde mein Manager. Nebenbei erzählte er mir, dass er Songs für ein Album schreibt. Die Texte drehten sich alle um Storys von Edgar Allan Poe. Also haben wir zusammengearbeitet und dieses Album aufgenommen. Es begann mit einer Geschäftsbeziehung und entwickelte sich zu einem kreativen Prozess.
"Krone": Alle eure Alben waren mehr oder weniger Konzeptalben. War es nicht auch schwierig, immer wieder interessante Themen zu finden?
Parsons: Anfangs ging uns das alles noch wirklich leicht von der Hand. Ich denke "Tales Of Mystery And Imagination", "I Robot" und "Pyramid" waren noch richtige Konzeptalben, danach gingen wir nicht mehr so stringent vor. Es war auch immer schwieriger, etwa für "Stereotomy" ein Konzept zu finden. "Vulture Culture" dreht sich prinzipiell um das Thema "Gier", aber es war auch kein richtiges Konzeptalbum mehr. Es war damals eine Modeerscheinung und ein Konzept zu haben, hat das Songschreiben auch leichter gemacht. Du hattest eine Richtung und warst eben auf ein bestimmtes Thema fokussiert.
"Krone": Aber es war natürlich auch viel mehr Recherche dafür nötig.
Parsons: Das war doch der lustige Teil an dem Ganzen. Wir haben etwa herausgefunden, dass Komponist Claude Debussy die Poe-Kurzgeschichte "Der Untergang des Hauses Usher" vertont hat. Das hat wirklich viel Spaß gemacht – sogar mehr als die Studioarbeit an sich.
"Krone": Das Alan Parsons Project hat über Jahre hinweg niemals live gespielt. Warum dann doch der plötzliche Sinneswandel?
Parsons: Die Wahrheit ist, dass das Alan Parsons Project eine einzige Show spielte. Das war damals in Antwerpen, in Belgien. Aber das Alan Parsons Live Project, dass 1994 in Deutschland ohne Eric Woolfson gestartet hat, ist seither oft unterwegs. Rückblickend war es auch eine schlechte Entscheidung. Hätten wir damals live gespielt, wären wir sicher groß geworden und würden vielleicht in einem Atemzug mit Yes, Genesis oder Pink Floyd genannt werden. Wir spielten auch nicht live, weil wir einfach keine Bühnenmenschen waren. Ich war etwa ein ganz passabler, aber keineswegs guter Gitarrist und hatte auch Scheu vor den Auftritten. Aber ich habe mich stark verbessert und bin heute wesentlich selbstsicherer. Es ist trotzdem schade, dass wir das nicht schon früher gemacht haben.
"Krone": War da früher auch die Angst vor dem Auftritt, dem Publikum vorhanden?
Parsons: Ich denke schon. Ich habe auf den alten Alben ja auch sehr selten gesungen und selbst gespielt – ich war einfach der Kerl hinter dem Studioglas. Jetzt bin ich noch immer kein Frontmann, aber eben wesentlich sicherer auf der Bühne.
"Krone": Davon wird man sich unter anderem auch am 22. März im Wiener Gasometer überzeugen können. Was darf man sich denn von der Show erwarten?
Parsons: Es geht natürlich um die Hits und die größten und besten Songs unserer Alben. Da wir eben auch nicht in der Liga von Genesis oder Pink Floyd spielen, gibt es bei uns auch keine fliegenden Schweine oder theatralischen Kulissen, sondern eher eine basische, echte Rockshow zu sehen. Wir konzentrieren uns auf die Musik und den Sound.
"Krone": Gibt es mittlerweile auch Songs, die du selbst gar nicht mehr live spielen möchtest?
Parsons: Nein, das Problem habe ich nicht. Gemeinsam mit der Liveatmosphäre und dem Publikum käme ich gar nicht auf die Idee mich zu fragen, warum ich diesen oder jenen Song schon das 500. Mal spiele. Mir machen alle Songs nach wie vor viel Spaß.
"Krone": Du bist bekannterweise ein großer Perfektionist – immer auf der Suche nach dem ultimativen Sound. Bist du eigentlich mit allen Alan-Parsons-Project-Alben zufrieden?
Parsons: Würden wir die Chance kriegen, unseren Backkatalog remixen zu können, würde ich natürlich nicht Nein sagen. Ich möchte unbedingt alle Alben in Surround-Sound aufnehmen. Ich bin sehr selten zufrieden mit dem, was ich mache. Vom Debütalbum "Tales Of Mystery And Imagination" hatte ich die Chance, einen Remix zu machen. Es wäre schön, könnte es von jedem Alan-Parsons-Project-Album eine zweite Version geben (lacht).
"Krone": Du hast ja zu Wien eine spezielle Beziehung, weil du für mehr als ein Jahr mit Eric Woolfson das Musical "Freudiana" im Theater An der Wien tätig warst. Erinnerst du dich noch an diese Zeiten?
Parsons: Ich war damals einige Woche in Wien und habe die Stadt dadurch ein bisschen kennengelernt. Es war damals eine recht frustrierende Situa Ding durchzuziehen, aber beim Musical habe ich für Eric gearbeitet. Wir waren uns oft nicht einig und das Tragische an "Freudiana" war, dass sich alles zu einem Rechtsstreit zwischen Eric und dem Produzenten entwickelt hat. Eine traurige Zeit für uns alle, weil wir mehr als drei Jahre immer wieder im Gericht waren, viel Geld zahlen mussten. Es ist schlimm, weil die Show wirklich das Potenzial von "Cats" oder "Les Misérables" hatte und dann in völlig unsinnigen Rechtsstreitigkeiten unterging.
"Krone": Wie war denn deine Beziehung zu Eric Woolfson nach dem Musical?
Parsons: Unglücklicherweise war das auch unser letztes gemeinsames Projekt. Nach all den Streitigkeiten wollte er unbedingt wieder in Richtung Theater zurück, und ich persönlich fand darin nicht wirklich den Sinn, dort meine Kreativität umzusetzen. Ich habe dann wieder Alben produziert, aber eben mit anderen Leuten.
"Krone": Seid ihr euch später auf privater Ebene wieder näher gekommen?
Parsons: Wir haben uns nicht mehr allzu oft gesehen, waren aber stets in Kontakt. Das Alan Parsons Project hatte natürlich viele Punkte zu bearbeiten, die uns beide betroffen haben. Wir haben dann weiterhin alles beworben, was mit der Band zu tun hatte.
"Krone": Du hast dann eine Solokarriere mit bislang vier Alben gestartet. Das letzte, "A Valid Path", hat auch schon neun Jahre am Buckel. Wann wird es wieder neues Material von dir geben?
Parsons: Wow, so lange ist das schon her? (lacht) Ich habe schon darüber nachgedacht und auch drei, vier Songs fertig. Aber das Geschäft hat sich in der Zeit stark verändert. Die Leute interessieren sich nicht mehr für Classic-Rock-Alben. Wir leben in einem Download-Zeitalter, wo meistens nur mehr eine Single zählt. Ich bin derzeit vertragslos und warte auf das richtige Angebot.
"Krone": Was kann man machen, damit vollständige Alben wieder an Popularität gewinnen?
Parsons: Das wird passieren, wenn die Leute sich Musik nicht mehr auf ihren iPhones anhören (lacht). Wir müssen zurück zum HiFi, zu qualitativ hochwertigen Soundfiles. Ich beobachte das immer, wenn jüngere Kids in mein Studio kommen und sich die Musik auf der großen Anlage anhören. Die sind wie weggeblasen vom Sound. Aber im Endeffekt bewerten sie alles nach den Files auf ihren iPhones. Ich finde das ziemlich traurig. Probleme orte ich beim Internet, bei Videospielen, bei Facebook und den 1.000 Fernsehsendern. Die Menschen setzen sich nicht mehr in Ruhe hin, um sich 45 Minuten lang in Ruhe ein Album anzuhören.
"Krone": Aber Vinyl gewinnt wieder an Popularität.
Parsons: Das stimmt. Das finde ich sehr interessant. Viele Leute sehen sich ja Filme in bester Tonqualität an, aber bei der Musik wird leider sehr selten darauf zurückgegriffen.
"Krone": Es gibt dafür viele junge Bands, die sich musikalisch an den alten Helden orientieren.
Parsons: Ist das so? Das freut mich. Das Gute an dem Ganzen: Classic Rock und all die anderen traditionellen Musikstile sind durch die vielen Liveshows zum Glück immer noch sehr beliebt. Auch wenn die Menschen kaum mehr Alben und Download-Files kaufen, die Konzerte funktionieren immer noch gut.
"Krone": Welche Ziele verfolgst du denn in der näheren Zukunft?
Parsons: Ich lege weiterhin meinen Fokus auf meine DVD-Reihe namens "Art & Science Of Sound Recording", mit welcher ich vor zwei Jahren begann. Das ist eine pädagogische Sache und ich trete weiterhin in Schulen und Universitäten auf, um Soundtechnik und Produktion zu unterrichten. Ich produziere auch, zum Beispiel für den Ukulele-Spieler Jake Shimabukuro, der im Internet mehr als zehn Millionen Klicks für den Song "My Guitar Gently Weeps" bekommen hat.
"Krone": Wie viel Zeit pro Tag geht bei dir für Musik drauf?
Parsons: Ich würde sagen: durchschnittlich gar keine (lacht). Wenn ich arbeite, ist das natürlich anders, aber ich tendiere dazu, zu Hause abzuschalten. Ich höre dann eigentlich nur im Auto Musik, aber nicht zu Hause. Ich verbringe lieber viel Zeit mit der Familie und Freunden, möchte dann auch mal Abstand gewinnen.
Karten für das Konzert des Alan Parsons Live Project am 22. März im Wiener Gasometer erhalten Sie unter 01/960 96 999 oder im "Krone"-Ticketshop.
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