Habemus Papam
Argentinier Jorge Bergoglio ist neuer Papst Franziskus
Die Wahl des neuen Oberhauptes der katholischen Kirche dauerte lediglich zwei Tage, die Entscheidung fiel nach fünf Wahlgängen am Mittwochabend kurz nach 19 Uhr. Der 266. Papst zeigte sich dann kurz vor 20.30 Uhr erstmals der Öffentlichkeit. Franziskus trat auf den Mittelbalkon des Petersdoms, Hunderttausende Menschen klatschten begeistert Applaus.
Dank an Vorgänger Benedikt XVI.
Der neue Pontifex würdigte seinen Vorgänger Benedikt XVI. Er rief die Gläubigen auf, zu beten, damit große Brüderlichkeit auf der Welt herrsche. Der 76-Jährige hoffe, dass der Weg, der mit seiner Wahl begonnen habe, für die Evangelisierung fruchtbar werde. Franziskus scherzte über seine argentinische Herkunft. Das Konklave habe einen "Papst vom anderen Ende der Welt geholt".
Franziskus betete mit Gläubigen
Am Ende seiner kurzen Ansprache betete der neue Papst mit den Gläubigen auf dem Petersplatz ein Vater Unser und ein Ave Maria für seinen Vorgänger. Als Franziskus dann die Gläubigen um ein stilles Gebet für sich bat, wurde es auf dem mit Zehntausenden Gläubigen und Touristen gefüllten Platz ganz still. Nach dem apostolischen Segen "Urbi et Orbi" - der Stadt und dem Erdkreis - wünschte Franziskus den jubelnden Menschen eine gute Nacht und zog sich zurück.
Der neue Papst wurde 1936 in Buenos Aires geboren. Der Jesuit (Biografie siehe Infobox) zählte nicht zu den Favoriten, die ins Konklave für die Wahl eines Nachfolgers des zurückgetretenen Benedikt XVI. gezogen waren. Der Erzbischof von Buenos Aires, der 2001 von Johannes Paul II. zum Kardinal geweiht worden war, ist wegen seines Einsatzes für sozial Schwache bekannt. Noch nie in der Kirchengeschichte war ein Jesuit Papst.
Vatikan-Sprecher: "Mutige Wahl"
Der vatikanische Pressesprecher, Pater Federico Lombardi, feierte die Wahl Bergoglios zum neuen Papst als "mutigen Beschluss". "Diese Wahl bezeugt den Mut der Kardinäle, die Perspektive der Kirche zu erweitern. Bisher war noch nie ein Papst aus einem anderen Kontinent gewählt worden", sagte Lombardi, der wie Bergoglio Jesuit ist.
Lombardi unterstrich, dass sich der neue Papst durch seine Bescheidenheit und Einfachheit auszeichne, wie auch die Wahl des Namen Franziskus bezeuge. In diesem Sinne wandle Bergoglio auf den Spuren seines Vorgängers Benedikt XVI. "Die Wahl Bergoglios ist eine schöne Antwort auf die Erwartungen des lateinamerikanischen Volkes", so Lombardi.
Bruder von Benedikt XVI. "völlig überrascht"
Für den Bruder des emeritierten Benedikt XVI. kommt die Wahl von Bergoglio zum neuen Pontifex jedenfalls unerwartet. "Ich bin völlig überrascht", sagte Georg Ratzinger der dpa. "Ich habe keinen Eindruck von ihm." Der 89-Jährige bekannte, dass er Bergoglio "nicht auf meiner Liste hatte". Er habe mit seinem Bruder nie über ihn gesprochen. "Der Name ist nie gefallen."
Küng: "Kirche immer für Überraschungen gut"
Überrascht zeigte sich auch der St. Pöltener Diözesanbischof Klaus Küng. Der Name Bergoglio sei bekannt, aber nicht unbedingt unter jenen gewesen, "die als Kandidaten angesehen wurden", sagte Küng im ORF. "Aber die Kirche ist immer für Überraschungen gut."
Beeindruckt habe ihn, wie der neue Papst "mit großer Ruhe und in aller Demut die ersten Worte gesprochen hat", so Küng. "Froh" zeigte sich Küng, dass Kardinal Christoph Schönborn wieder nach Österreich zurückkehren wird. "Weil Papst zu sein ist eine der größten Herausforderungen, die man sich denken kann."
Der Salzburger Erzbischof Alois Kothgasser zeigte sich gegenüber dem ORF von der Wahl des Namens Franziskus beeindruckt. Das zeige, dass der neue Papst den Weg eines Franz von Assisi gehen wolle. Der Heilige Franziskus stehe für eine "Kirche der Armen".
Experte sieht Kräfteverschiebung im Vatikan
Als große Überraschung bezeichnete auch der Theologe und Soziologe Karl Gabriel die Wahl des neuen Papstes. Der Experte der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster sieht in der Ernennung des 76-jährigen Argentiniers einen offensichtlichen Beleg dafür, dass die Macht der Kurienkardinäle und der römischen Kräfte im Vatikan geschwächt seien. "Bergoglio ist bei Benedikts Wahl vor acht Jahren noch verhindert worden. Hier hat sich einiges verschoben", sagte Gabriel der dpa.
Der Forscher vom Exzellenzcluster "Religion und Politik" der Universität Münster geht bei einem Vertreter aus Lateinamerika davon aus, dass der Vatikan in Zukunft mit dem Thema Prunk ganz anders umgehen werde. Schon traditionell seien soziale Themen in der katholischen Kirchen in Südamerika fest verankert. "Ich erwarte von ihm eine Kurienreform", sagte Gabriel.
Tausende Menschen feierten auf dem Petersplatz
Die 115 wahlberechtigten Kardinäle waren am Dienstagnachmittag in der Sixtinischen Kapelle zusammengekommen, um abgeschottet von der Außenwelt einen neuen Mann auf den Stuhl Petri zu heben. Eine Zweidrittelmehrheit war für die Wahl eines Papstes notwendig. Diese wurde am Mittwochabend im fünften Wahlgang erreicht.
Als um 19.06 Uhr weißer Rauch aus dem Schornstein der Sixtinischen Kapelle aufstieg, strömten Zehntausende Menschen auf den Petersplatz. Innerhalb weniger Minuten versammelten sich Massen von Pilgern auf der Via della Conciliazione, die zum Vatikan führt, sowie in den Gassen um den Heiligen Stuhl. In ganz Rom ertönten nach und nach die Glocken. Als erste hatte die Glocke des Petersdoms die Wahl des neuen Papstes angekündigt. Auch die Kirchen in Österreich verkündeten die Wahl des neuen Papstes.
Erster Tweet: "Habemus Papam Franciscum"
Direkt nach der Wahl des neuen Papstes wurde auch der Twitter-Account "@Pontifex" wieder in Betrieb genommen. "Habemus Papam Franciscum" war um 20.33 Uhr der erste Tweet des neuen Papstes auf Twitter.
Sein Vorgänger Papst Benedikt XVI. hatte den Twitter-Kanal am 12. Dezember 2012 in Betrieb genommen und schnell fast über drei Millionen Follower erreicht. Nach seinem Rücktritt war der Account zunächst deaktiviert worden, damit sein Nachfolger entscheiden konnte, ob er unter dem gleichen Account weiter twittern möchte.
266. Oberhaupt seit dem Heiligen Petrus
Der neue Papst Franziskus ist das 266. Oberhaupt der katholischen Kirche seit dem Heiligen Petrus. Tatsächlich enthält die bisherige Liste nur 263 Namen, denn einer der Nachfolger Petri, Benedikt IX., herrschte im elften Jahrhundert insgesamt drei Mal. Eine seiner beiden Wiedereinsetzungen erfolgte, nachdem er sein Amt im Jahr 1045 an Gregor VI. verkauft hatte, um heiraten zu können. Offenbar gelang es ihm aber nicht, die auserwählte Frau zu einer Ehe zu bewegen, weshalb er nach Rom zurückkehrte.
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