„Krone“-Kino-Kritik

Herzzerreißend und fesselnd: „Bologna-Entführung“

Unterhaltung
03.10.2024 17:00

Im historischen True-Crime-Drama „Die Bologna-Entführung“ erzählt Marco Bellocchio die erschütternde Geschichte des jüdischen Jungen Edgardo (Enea Sala), der 1858 im Auftrag von Papst Pius IX. seinen Eltern entrissen und zwangsweise katholisch erzogen wurde. Ein bewegendes Porträt von Macht, Religion und Antisemitismus. Lesen Sie hier unsere Kino-Kritik zu „Die Bologna-Entführung“. Herzzerreißend und fesselnd! 

„Rapito“, also geraubt, so der italienische Originaltitel des von Marco Bellocchio inszenierten, historisch belegten True-Crime-Dramas, das sich so 1858 zutrug und mit dem sich der Regisseur einmal mehr als Chronist italienischer Geschichte positioniert: Im Auftrag von Papst Pius IX. (Paolo Pierobon) dringen Uniformierte in das Haus einer Familie im jüdischen Viertel Bolognas ein und fordern die Herausgabe des sechsjährigen Sohnes Edgardo ein. Der Knabe, der als Säugling in einem Moment schwerer Erkrankung von einer katholischen Amme notgetauft wurde, ist nach dem Selbstverständnis der Kirche somit Christ. Und einem damals unumstößlichen Gesetz folgend, musste das Kind im katholischen Glauben erzogen werden.

Ab sofort im Kino: „Die Bologna-Entführung“ (Bild: Filmladen)
Ab sofort im Kino: „Die Bologna-Entführung“
Edgardo (Enea Sala) wird entführt und zwangsweise katholisch erzogen. (Bild: Filmladen)
Edgardo (Enea Sala) wird entführt und zwangsweise katholisch erzogen.
Den Eltern entrissen, fügt sich Edgardo (Enea Sala) in sein Schicksal und in die für ihn fremde Religion mit ihren Geboten und Riten. (Bild: Filmladen)
Den Eltern entrissen, fügt sich Edgardo (Enea Sala) in sein Schicksal und in die für ihn fremde Religion mit ihren Geboten und Riten.

Den Eltern entrissen, fügt sich Edgardo in sein Schicksal und in die für ihn fremde Religion mit ihren Geboten und Riten – und er wird zu einem besonderen Schützling des Papstes, der den Buben gar nach Rom holt.

Wie der kleine, von Enea Sala großartig gespielte jüdische Knabe in diese klerikale Welt hineinwächst, überwältigt vom Prunk der Gotteshäuser und Paläste – und doch nächtens die hebräischen Gebete der Mutter auf den Lippen -, um sodann die ihm nahegebrachten Lehren und Dogmen des Katechismus voll kindlicher Unschuld zu verinnerlichen, rührt ans Herz.

Bellocchios Analyse vatikanischer Macht, aber auch deren Schwinden mit dem Zerfall des Kirchenstaates ist der Kern dieses Historientableaus, das er am verstörenden Kindesentzug nach päpstlichem Recht festmacht. Das eigentlich Erschütternde in diesem Streifen ist, dass Edgardos jüdische Eltern als Ungläubige diffamiert wurden. Antisemitismus aus Verblendung macht dieses Glaubensdrama so aktuell.

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