Seit dem Krieg zwischen der Hamas und Israel hat der Antisemitismus in Österreich zugenommen. Dieser geht sowohl von Rechtsextremen als auch von radikalen Linken aus. Kritik am Handeln Israels sei aber nicht per se antisemitisch, sagte Historiker Gerald Lamprecht.
Eine Äußerung sei dann antisemitisch, wenn sie dem Staat Israel die Legitimation und das Existenzrecht abspreche. Zudem werde Israel als einzig Schuldiger und „das Böse“ schlechthin dargestellt. Außerdem kommen doppelte Standards hinzu, beispielsweise dass Israel kein Recht auf Selbstverteidigung zugestanden werde, anderen Staaten aber schon. Es gehe darum, wie Kritik geäußert werde, sagte Historiker Gerald Lamprecht von der Universität Graz.
Akteurinnen und Akteure sind ihm nach unter anderem rechtsextreme Gruppierungen, radikale Linke und Menschen mit muslimisch-arabischem Hintergrund. Der Nahost-Krieg sei eine Projektionsfläche. Seit dem Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel wurden fünfmal so viele Vorfälle gemeldet wie zuvor. Insgesamt waren es im Vorjahr 1147, darunter Beschimpfungen, Beschmierungen von Hausmauern und ein Brandanschlag auf den jüdischen Teil des Zentralfriedhofs.
„Zwang“, sich für eine Seite auszusprechen
Im Vergleich dazu: Die Dokumentationsstelle Islamfeindlichkeit und antimuslimischer Rassismus zählte im Vorjahr 1522 Fälle von rassistischen Übergriffen. Auch diese Zahl ist ein neuer Rekord. Eine Verschärfung des Diskurses sei schon seit der Corona-Pandemie zu bemerken.
Debatten zum Krieg im Nahen Osten hätten einen „starken Bekenntnischarakter“. Es seien kaum Diskussionen möglich, sondern es gebe den „Zwang“, sich für eine Seite auszusprechen. „Das Leid der Anderen“ werde somit nicht anerkannt. Um Judenhass zu begegnen, plädiert Lamprecht für Aufklärung in Form von Bildung und Gesprächen. Die Welt sei „nicht schwarz und weiß, sondern vielfältig und vielstimmig“, wechselseitige Ausgrenzung würde nichts verbessern.
Der gesellschaftliche Grunddiskurs muss sich ändern. Die Welt ist nicht schwarz und weiß, sondern vielfältig und vielstimmig.
Gerald Lamprecht
Die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) veranstaltet am 14. Oktober ein Symposium zum Thema Antisemitismus und öffentlicher Diskurs in Österreich nach Beginn des Nahost-Kriegs.
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