„Kampfzone“ LKH

Abtreibungsgegner sind überaus gut vernetzt

Vorarlberg
06.10.2024 09:55

Jeden zweiten Sonntag im Monat versammeln sich Abtreibungsgegner vor dem Krankenhaus Bregenz, um gegen Schwangerschaftsabbrüche zu demonstrieren. Doch wer steckt eigentlich hinter diesen „Mahnwachen“?

Die Verflechtungen in der „Szene“ sind engmaschig und reichen in Ausläufern sogar bis über den Großen Teich. An vorderster Front in Vorarlberg steht der Verein „Miriam“, dessen Mitglieder schon vor Jahrzehnten vor der einzigen Abtreibungspraxis des Landes in Bregenz protestiert haben. Eng verbunden ist man mit der „Plattform Leben Vorarlberg“ und der Liste „WIR – Plattform für Familien und Kinderschutz“ rund um Obmann Christoph Alton, der auch bei der Landtagswahl in einer Woche antritt.

Sehr international wird es, wenn man sich die Verlinkungen auf der Homepage von „Plattform Leben Vorarlberg“ ansieht: Dort wird unter anderem auf „Human Life International“ (HLI) verwiesen. Die Organisation wurde in den USA vom Benediktinermönch Paul Marx gegründet und ist nach eigenen Angaben die weltweit größte „Lebensrechtsorganisation“ mit 59 Aktionszentralen in 51 Ländern, darunter auch eine Dependance in Wien. Deren Gründer war der Vorarlberger Dietmar Fischer. Sogar in Hohenems gab es ein sogenanntes „Lebenszentrum“, das aber mittlerweile aufgelöst wurde.

Eine zweifelhafte Form der „Aufklärung“
Ziel dieser Organisationen ist es, gegen Schwangerschaftsabbrüche zu agitieren und über die Folgen zu „informieren“. Kritiker betonen jedoch, dass diese Informationen mit Vorsicht zu genießen sind. So erklären die Mitglieder des Verein „Miriam“ etwa auf ihrer Homepage, dass mit dem Hormon Progesteron die Wirkung der „Pille danach“ rückgängig gemacht werden kann. Ärzte warnen allerdings vor dem Einsatz. In Verbindung mit der „Pille danach“ könne es zu starken und sogar lebensbedrohenden Blutungen kommen. In den USA musste eine wissenschaftliche Studie aus genau diesem Grund abgebrochen werden.

„HLI Österreich“ wiederum bringt Schwangerschaftsabbrüche mit Brustkrebs in Verbindung. Zudem würden Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen ließen, nur dann „Heilung erlangen“, wenn sie ihre Tat bereuen – man müsse die Betroffenen „zu einer guten Beichtkatechese führen“, heißt es wörtlich. Beim Thema Verhütung stellt „HLI Österreich“ sogar einen Zusammenhang zu Bevölkerungskontrollgruppen her und taucht damit tief in Verschwörungstheorien ein.

Frauen immer wieder als „Mörderinnen“ beschimpft
Dem nicht genug, „HLI“ geriet aufgrund unlauterer Methoden bereits ins Visier verschiedener internationaler Menschenrechts- und Gesundheitsorganisationen. Frauen seien beispielsweise als „Mörderinnen“ beschimpft worden. „Zu HLI besteht weder eine aktive Verbindung, noch werden wir von der Organisation in irgendeiner Weise unterstützt“, hält „Miriam“-Obfrau Marlies Pal dazu fest.

Zitat Icon

Zu Human Life International besteht weder eine aktive Verbindung, noch werden wir von der Organisation in irgendeiner Weise unterstützt.

Marlies Pal, „Miriam“-Obfrau

Als Schwangerschaftsabbrüche noch in der Praxis von Benedikt Hostenkamp in Bregenz durchgeführt wurden, beschwerte sich Hostenkamp regelmäßig über zum Teil „massive Belästigungen“ vor seiner Praxis. Patientinnen seien angeschrien, verfolgt und eingeschüchtert worden. „Es hat nie einen gesetzlichen Verstoß unsererseits gegeben“, beteuert hingegen Pal. In diesem Zusammenhang interessant: Ein Mitglied des Vereins gab im Jahr 2007 in einem Interview offen zu, bei einem Workshop von „HLI“ gebrieft worden zu sein, was gesetzlich erlaubt ist und was nicht.

Ein Antrag von SPÖ und Grünen auf Einrichtung einer Schutzzone vor der Praxis wurde damals von ÖVP und FPÖ abgelehnt – mit der Begründung, das Demonstrationsrecht nicht einschränken zu wollen. Es seien zudem keine Fälle von massiver Belästigung bekannt. Selbiges hört man heute wieder, wenn es um eine Bannmeile rund um das Landeskrankenhaus Bregenz geht.

Die „Kampfzone“: das Landeskrankenhaus Bregenz (Bild: Mathis Fotografie)
Die „Kampfzone“: das Landeskrankenhaus Bregenz

Fakt ist allerdings auch, dass es bislang noch keine Meldungen bei der Polizei gab. „Wir belästigen keine Frauen“, betont Pal und ergänzt: „Die betenden Personen stehen in 50 Meter Entfernung vom Krankenhaus am Maria-Stromberger-Weg. Der von der Landespolizei genehmigte und uns zugewiesene Platz wird weder vom Krankenhauspersonal noch von Patienten oder Besuchern benutzt, um ins Gebäude zu gelangen. Aufgrund der im Mai 2024 gepflanzten Thujen-Hecke besteht zudem kein direkter Sichtkontakt.“

„Mahnwachen“ auch in nächster Zeit geplant
Abziehen wollen die „Betenden“ jedenfalls nicht. Folglich werden die betroffenen Patientinnen auch künftig Schilder und Transparente mit Aufschriften wie „Frauen brauchen Hilfe, nicht die Tötung ihres Kindes“ lesen müssen. Mitleid kennen die Demonstranten dabei nicht: „Wenn das jemand als psychisch belastend empfindet, dann muss er sich eben Hilfe holen“, meint Pal. Die Mahnwachen vor das Landhaus zu den politischen Entscheidungsträgern zu verlegen, ist ebenfalls kein Thema. Offensichtlich nimmt man also ganz bewusst die Frauen und die Spitalsmitarbeiter ins Visier und will diese gezielt unter Druck setzen.

„Ja zum Leben“ steht übrigens ebenfalls auf den Plakaten der Abtreibungsgegner. Da stellt sich zwangsläufig die Frage: Haben nicht auch die betroffenen Frauen ein Recht auf ein – selbstbestimmtes – Leben?

Porträt von Vorarlberg-Krone
Vorarlberg-Krone
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