Gedenken an 7. Oktober

Israels Antwort: Die Schlacht gegen das Böse

Ausland
07.10.2024 05:50

Vor genau einem Jahr, am 7. Oktober 2023, erfolgte der Angriff der Hamas auf Israel. 1200 Menschen wurden getötet und rund 240 Geiseln in den Gazastreifen entführt. Israel sieht sich seither in einer Schlacht gegen das Böse. 

„Shalom“, lautet der jüdische Gruß. „Friede.“ Oder auch: „Shalom Rav.“ Ein Segensspruch, der sich in vielen jüdischen Gebeten findet und in etwa „reichlich Frieden für immer“ bedeutet.

Hilferuf an Gott
Das klingt wie ein Hilferuf an Gott. Und das ist es wohl auch. Denn nichts war dem jüdischen Volk in seiner jahrtausendealten Geschichte der Versklavung und Vertreibung, Diskriminierung und schließlich millionenfachen Verfolgung bis in den Tod weniger vergönnt als Frieden.

Analysiert für die „Krone“: Außenpolitik-Experte Christian Hauenstein (Bild: Krone KREATIV, stock.adobe.com)
Analysiert für die „Krone“: Außenpolitik-Experte Christian Hauenstein

„Nie mehr wieder!“
Nach dem Schock des Holocaust und dem Entsetzen darüber verschrieb sich der allergrößte Teil der Welt mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges dem Bekenntnis: „Nie mehr wieder!“ Dieses Bekenntnis führte schließlich zum Teilungsplan für Palästina durch die UNO, zum Ende des britischen Mandates, zum Abzug der britischen Streitkräfte und am 14. Mai 1948 schließlich zur Unabhängigkeitserklärung durch den ersten israelischen Staatschef David Ben-Gurion. Bereits am nächsten Tag erklärten Ägypten, Saudi-Arabien, Jordanien, der Libanon, der Irak und Syrien dem Land den Krieg.

Die Gründung Israels ging einher mit der Vertreibung von rund 600.000 Palästinensern aus dem seit mehr als 3000 Jahren von Juden und Arabern bewohnten Gebiet. Aber auch etwa 600.000 Juden, die bis zu diesem Zeitpunkt in arabischen Staaten gelebt hatten, verloren ihre Heimat.

Echter Friede herrscht seither so gut wie nie
Echter Frieden herrschte seitdem so gut wie nie in der Region. Und die Erinnerung an den Holocaust lastet bis heute zentnerschwer auf der Seele Israels, jeder Israelin und jedes Israelis. Der Staat Israel, so war das Versprechen an diese Menschen, sei der Garant für das „Nie mehr wieder!“, zu dem sich von Moskau bis Washington alle bekannt haben.

Am 7. Oktober vor einem Jahr hat der Staat Israel diese Versprechen nicht einhalten können. Hat seinen Gegner unterschätzt.

(Bild: AP)
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(Bild: APA/AFP/SOUTH FIRST RESPONDERS)
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(Bild: AFP)

Bestialisches Massaker
Mehr als 1200 Menschen haben das bei den bestialischen Massakern der Terroristen der islamistischen Hamas aus dem Gazastreifen das Leben verloren. Verstümmelt, vergewaltigt, gefoltert, ermordet. Männer, Frauen, Kinder – ja sogar Babys und Überlebende des Holocaust. 250 wurden entführt, mehr als 100 sind bis heute in den finsteren Tunneln der Hamas gefangen.

7. Oktober: Der Holocaust war zurück
Der kollektive Schock, den der Terrorangriff der Hamas bei wohl allen Israelis ausgelöst hat, kann gar nicht überschätzt werden. Der Holocaust war zurück, an diesem 7. Oktober vor einem Jahr. Das Gefühl der Ohnmacht, des Ausgeliefertseins, der Angst um das nackte Überleben. Die entsetzliche Erkenntnis, dass Menschen einem nach dem Leben trachten, nur weil man Jude oder Jüdin ist. Dazu kam noch, dass es sich bei den Tätern nicht nur um Terror-Kämpfer der Hamas handelte, es waren auch Menschen darunter, die jahrelang scheinbar friedlich in Israel gearbeitet und mit Juden zusammengelebt hatten. In Wahrheit hatten sie für die Hamas spioniert.

„Logisch und legal“
Dieses landesweite Trauma ist der Hintergrund für die so massive Reaktion Israels gegen die Achse des Terrors, die im Iran ihren Paten hat. Der Oberste Führer des Iran, Ajatollah Ali Chamenei nannte das wahllose Morden durch die Hamas „logisch und legal“.

Der israelische Krimiautor Dror Mishani, der sich bis heute eigentlich für eine friedliche Lösung des Konfliktes ausspricht, erklärte das israelische Trauma unlängst in einem Interview für die „Neue Zürcher Zeitung“ mit dem Satz: „Wir werfen keine Bomben auf Gaza, sondern auf Auschwitz und Dachau. Das rechtfertigt nicht alles, was wir tun, aber es erklärt vieles.“ Der 7. Oktober erinnere die Juden eben an die Pogrome, die Kristallnacht und eben den Holocaust.

Zitat Icon

Wir werfen keine Bomben auf Gaza, sondern auf Auschwitz und Dachau. Das rechtfertigt nicht alles, was wir tun, aber es erklärt vieles.

Der israelische Krimiautor Dror Mishani

Worum es Israel im Kampf gegen das Böse geht
Israel sieht sich in seinem Kampf in einer Schlacht gegen das Böse. Und genauso ist es auch. Menschenopfer zu bringen, indem die Hamas im Gazastreifen genauso wie die Hisbollah im Libanon sich hinter Zivilisten verschanzt, ihre Waffen und Munitionslager in Wohnhäusern, Schulen, Kindergärten oder Krankenhäusern versteckt, kann man nur als böse bezeichnen.

Israel steht an vorderster Front im Kampf gegen das Böse. Das Böse in Form von Islamisten, die geschworen haben, Israel auszuradieren. Alle Juden ins Meer zu treiben. Islamisten, die diesen Schwur immer wieder wiederholen, die jederzeit wieder ein Massaker wie vor einem Jahr begehen würden, wenn sie militärisch dazu in der Lage wären.

(Bild: AFP/Ahikam SERI)
(Bild: The Associated Press)
(Bild: AFP)

Netanyahu hat Hamas unterschätzt
Bis vor einem Jahr hatte in Israel niemand damit gerechnet, dass die Hamas zu einem derartigen Blutbad fähig sei. Premierminister Netanyahu hatte sie unterschätzt, war dem Irrtum erlegen, er könne die Hamas „kaufen“. 30 bis 40 Millionen Dollar wurden mit seinem Wissen jeden Monat von Katar aus in Koffern in den Gazastreifen gebracht, um die Palästinenser dort „ruhigzustellen“. Auch bei den Schmuggeltunnels aus Ägypten drückten sowohl Jerusalem als auch Kario die Augen zu. Wenn es den Palästinensern wirtschaftlich besser ginge, würden sie zufrieden sein, so der Gedanke.

Israels Premier Benjamin Netanyahu (Bild: APA/AP)
Israels Premier Benjamin Netanyahu

Hamas investierte Millionen in Waffen
Was für eine Fehleinschätzung. Die Hamas investierte die Millionen in Waffen und das ausgedehnte Tunnelsystem, aus dem Teile der Terrororganisation sich bis heute gegen die israelische Armee zu Wehr setzen. Dennoch hat Israel das Ziel, die Hamas militärisch zu zerschmettern, nicht komplett, aber weitgehend erreicht. Sie ist zu keiner koordinierten Verteidigung mehr in der Lage, geschweige denn zu einem Angriff.

Raketen und Drohnen gegen Hisbollah
Und genau dieses Ziel möchte Israel auch bei der Hisbollah erreichen, die das Land seit dem Tag nach dem 7. Oktober täglich mit Raketen und Drohnen beschießt. Den Kopf hat Israel der Terrorkrake mit der Tötung ihres Chefs Hassan Nasrallah und wohl auch dessen potenziellem Nachfolger bereits abgeschlagen. Geht es nach Netanyahu, sollen der Krake jetzt auch ihre vielen Arme abgeschlagen werden.

Denn jeder Hieb gegen die Hisbollah, weiß man in Israel, trifft auch den Iran. Und das eigentliche Ziel Israels, ist der Sturz des Mullah-Regimes unter Ali Chamenei. Erst dann, ist in Israel nicht nur Regierungschef Netanyahu überzeugt, könnte es nachhaltigen Frieden geben in der Region.

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