365 Tage Tierschutz

Zwischen Himmel und Hölle: Ein Leben unter Hunden

Tierecke
10.10.2024 07:30

Hunde sind aus unserer Gesellschaft keinesfalls wegzudenken. Doch in den letzten Jahren hat sich einiges verändert. Trotz Sachkundenachweisen, Hundeführschein und Aufklärungskampagnen gibt es immer mehr Hunde, die problematisches Verhalten an den Tag legen. Zum „Welthundetag“ hat sich die Tierecke auf Ursachenforschung begeben. 

Die tödliche Bissattacke auf eine Joggerin jährte sich Anfang Oktober, das traurige Bild der Kerzen am Ort des Geschehens wird in unseren Köpfen wohl nie verblassen. Die Halterin von „Elmo“ fasste vor Gericht 15 Monate Haft aus, fünf davon unbedingt – das wurde aber nachträglich in eine Geldstrafe in Höhe von 1.800 Euro umgewandelt. Der blanke Hohn, für die Hinterbliebenen. 

Heute Vormittag – just am „Welthundetag“ –  wird am Bezirksgericht Bruck an der Leitha ein ähnlicher Fall verhandelt. Rottweiler-Hündin „Kim“ entlief aus dem Garten und attackierte auf der Straße eine Oma mit ihren Enkelkindern. Die Frau erlag Monate später ihren schweren Verletzungen, das Gerichtsurteil wird nun mit Spannung erwartet. 

Bis zu 4.000 Bisse pro Jahr
Tödliche Attacken wie diese sind tragische Einzelfälle. Doch mittlerweile liest man mehrmals monatlich von schweren Vorfällen, wo Menschen durch einen Hundebiss zu Schaden kommen. Laut Unfalldatenbank des „Kuratorium für Verkehrssicherheit“ gibt es in Österreich jährlich rund 3.900 Verletzte durch Hundebisse, die im Krankenhaus behandelt werden müssen. Die Dunkelziffer wird als weit höher eingeschätzt. 

War das schon immer so, oder ist das einfach mehr in unseren Fokus gerückt? Und was passiert eigentlich mit den Hunden danach? Die „Krone“ fragt bei jemandem nach, der es wissen muss. 

Der „Teufels Hunde“ Verein
Georg Resch hat eine Auffangstation für Hunde, die schwer zugebissen haben, und die keiner mehr aufnehmen will. Rottweiler-Hündin „Kim“ landete nach dem Vorfall bei ihm, auch die vier „Grazer Malis“, die die Großmutter des Halters ins Krankenhaus bissen, bekamen bei Resch eine zweite Chance in seiner Einrichtung. Dieser Ort ist keineswegs die „Hölle“ – wie der Name „Teufels Hunde“ meinen lassen könnte – sondern eigentlich ein Paradies für Hunde. 

Auf dem über viertausend Quadratmeter großen Gelände fehlt es den Vierbeinern an nichts. Es gibt genügend gesicherten Auslauf, Kontakt zu anderen Hunden, einen Badeteich, viel Natur rundherum und ein Herrl, das sie versteht. Sogar mehr als das, denn Georg Resch lebt mit all seinen „Pelzebuben“ unter einem Dach, an heißen Sommertagen schlägt er sogar seinen Schlafplatz in der großen Zwingeranlage unter freiem Himmel auf. 

Ein Leben zwischen Hundehütten
Doch mit „Lagerfeuerromantik“ hat das ganze nichts zu tun, es ist ein Knochenjob diese Hunde zu resozialisieren. Der ehemalige Polizeibeamte hat dafür sogar seinen Platz bei der Elite-Einheit „Cobra“ geräumt, um sich hauptberuflich um seinen Verein zu kümmern. „Ich lebe für diese Hunde und möchte die derzeitige Situation in Österreich verbessern“, so der 38-jährige Salzburger über seinen Lebenstraum. 

Nicht nur am „Welthundetag“ um seine Schützlinge bemüht! Georg Resch wohnt täglich mit bis zu 20 Hunden zusammen.  (Bild: Christian Jauschowetz)
Nicht nur am „Welthundetag“ um seine Schützlinge bemüht! Georg Resch wohnt täglich mit bis zu 20 Hunden zusammen. 

Doch wie schwer es ist, im Tierschutz nachhaltig für Verbesserungen zu sorgen, erfährt Resch jeden Tag. Denn pro Woche erhält er rund 20 Anfragen von Menschen, bei denen der Hund das Kommando übernommen hat: „Es läuft immer gleich ab. Die Tiere sind jung, maximal drei bis vier Jahre alt und die Besitzer völlig überfordert. Sie wurden unüberlegt angeschafft, niemand hat sich richtig mit ihnen beschäftigt. Aus dem süßen Welpen ist nun ein bissiger Junghund geworden, der weg muss – am besten sofort“. 

Vorfälle nehmen zu
Der Experte weiß, dass es früher natürlich auch Beißvorfälle gab, aber dass diese zugenommen haben, liegt für ihn auf der Hand. Darüber geben auch Zahlen Aufschluss: Denn während es vor der Pandemie im Schnitt rund 650.000 angemeldete Hunde in Österreich gab, sind es laut Marktforscher „Statista“ seit dem Jahr 2020 weit über 800.000. 

So viele Hunde sind in Österreich angemeldet. Der Anstieg während der Pandemie ist deutlich sichtbar.  (Bild: Krone KREATIV/Stock Adobe)
So viele Hunde sind in Österreich angemeldet. Der Anstieg während der Pandemie ist deutlich sichtbar. 

Generation „Impulskauf“
Noch nie war es leichter, an einen Hund zu kommen. Dank Amazon und Co haben wir es verlernt zu warten, oder etwas mit Bedacht auszuwählen. Auch Welpen können bequem online bestellt werden, sogar mit Lieferung vor die Haustüre. Immer weniger Menschen machen sich über die jeweilige Eigenschaft der gewünschten Rasse Gedanken und kaufen nach rein optischen Vorlieben.

Doch diese Entscheidung geht spätestens dann nach hinten los, wenn beispielsweise der hübsche Australian Shepherd es sich nicht mehr nehmen lässt, Fahrradfahrern hinterherjagen zu wollen. Denn seinem eigentlichen Zuchtziel nach, soll er Schafe schnell wieder einzufangen, die sich von der Herde entfernen. 

Hundeerziehung mit Herz – und Hirn!
Dass immer mehr Hundebisse in unseren Fokus rücken, hängt in erster Linie mit den Besitzern zusammen. Immer mehr Haltern mangelt es am Willen, ihren Hund ausreichend zu beschäftigen und zu erziehen. Das Zusammenleben mit Hund würde allein durch den Bewegungsdrang des Tiers, den Menschen automatisch auch fit halten. Wenn man sich allerdings so manchen Hundehalter anschaut, sieht man, dass der Hund zu einem Leben auf der Couch verdammt ist.

Auslauf, Beschäftigung und Kontakt zu Artgenossen sind enorm wichtig und müssen fix in den Tagesablauf integriert sein! (Bild: stock.adobe.com/vvvita)
Auslauf, Beschäftigung und Kontakt zu Artgenossen sind enorm wichtig und müssen fix in den Tagesablauf integriert sein!

„Wenn ein Hund nicht artgerecht ausgelastet wird, dann kann er problematisches Verhalten entwickeln. Auslauf, Beschäftigung und Kontakt zu Artgenossen sind enorm wichtig und müssen fix in den Tagesablauf integriert sein“, legt Georg Resch allen Hundehaltern ans Herz. 

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Ich lebe für diese Hunde und möchte die derzeitige Situation in Österreich verbessern!

Georg Resch (37) mit einem seiner Schützlinge, die für ihn einfach alles machen würden (Bild: Christian Jauschowetz)

Georg Resch, Verein „Teufels Hunde“

Trotz seiner Begeisterung gelangt auch Hunde-Enthusiast Resch immer wieder an seine Grenzen. Immer wieder muss er lesen, dass sein Verein „die letzte Chance“ ist und wird auch offen damit konfrontiert, dass ansonsten die Einschläferung im Raum steht. „Es gäbe so viel zu tun, auch von politischer Seite. Als Einzelkämpfer weiß man gar nicht, wo man da anfangen soll“, so der Chef der „Teufels Hunde“ müde.

Für die „Krone“ Tierecke half er, den Rüden „Rafi“ (mitte) zu resozialisieren und überzeugte Maggie Entenfellner mit seinem Können. (Bild: Reinhard HOLL)
Für die „Krone“ Tierecke half er, den Rüden „Rafi“ (mitte) zu resozialisieren und überzeugte Maggie Entenfellner mit seinem Können.
Susanne S. wurde vor wenigen Wochen der Daumen abgebissen. Sie stellte sich ihrem Trauma und besuchte den Hund in seiner neuen Bleibe. (Bild: Resch/zVg)
Susanne S. wurde vor wenigen Wochen der Daumen abgebissen. Sie stellte sich ihrem Trauma und besuchte den Hund in seiner neuen Bleibe.
Auch im Fall „Cäsar“ konnte erfolgreich geholfen werden. (Bild: privat)
Auch im Fall „Cäsar“ konnte erfolgreich geholfen werden.
Mit Tierecke-Schützling „Rafi“ gab es beim Umwelt-Training sogar eine Runde mit dem Riesenrad. (Bild: K. Lattermann)
Mit Tierecke-Schützling „Rafi“ gab es beim Umwelt-Training sogar eine Runde mit dem Riesenrad.

Er kann bei weitem nicht jeder Anfrage gerecht werden. Es fehlt nicht nur an Zeit und Geld, sondern auch an Unterstützung aus vielen Bereichen. Denn einerseits wird Resch von Ämtern und Behörden hinzugezogen, wenn man etwa einen Platz für einen auffälligen Hund benötigt. Andererseits kämpft er gegen einen Dschungel aus Behördenauflagen, wenn er neue Zwingeranlagen errichten möchte. 

Der „Teufels Hunde“ Verein

  • 2023 als Auffangstation für „Problemhunde“ gegründet, mehr Infos finden Sie hier!
  • Mit einer Spende kann man den Verein bei den Kosten für Futter, Tierarztrechnungen und Instandhaltungen unterstützen!
    IBAN: AT92 3802 3000 0005 3090
    BIC: RZSTAT2G023
  • Gesucht werden: ehrenamtliche Helfer und ein neues, passendes Grundstück in Alleinlage

Dem Vernehmen nach ist man ihm in seiner Heimatgemeinde nicht gut gesinnt, denn man sieht offenbar nicht die Wichtigkeit von einer Einrichtung wie dieser. „Aus meiner beruflichen Erfahrung weiß ich, dass man besser mit, als gegen die Behörde arbeitet“, weiß der ehemalige Polizist.

Neue Bleibe gesucht
Er ist nun auf der Suche nach einem neuen Platz, wo sein Projekt willkommen ist: „Es ist paradox! Viele klopfen mir auf die Schulter, aber sich an der Lösung beteiligen wollen nur die wenigsten. Aber wer weiß, vielleicht ist ja ein Bürgermeister und Hundefreund unter den Lesern, der ein geeignetes Grundstück für mich hat!“

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