Salzburgs Erzbischof Franz Lackner befindet sich derzeit in Rom bei der zweiten Vollversammlung der Welt-Bischofssynode. In der „Ewigen Stadt“ verfasste er für die „Krone“-Leser einen Gastkommentar.
Geschätzte Leserinnen und Leser der „Krone“,
ich schreibe diese Zeilen aus der „Ewigen Stadt“ Rom, wo ich derzeit an der zweiten Vollversammlung der Welt-Bischofssynode teilnehme. Vielleicht wird Ihnen dieses Thema nicht viel sagen, oder es wird Ihnen ganz unwichtig erscheinen. Die Kirche, so könnte man meinen, beschäftigt sich einfach mit sich selbst. Aber aus dem, was hier geschieht, vermag Weitreichendes zu erwachsen, auch für unsere Gesellschaft.
Der Begriff „Synode“ kommt aus dem Griechischen, er bedeutet so viel wie „gemeinsamer Weg“. In unseren östlichen, orthodoxen Schwesterkirchen sind Synoden reguläre Leitungsorgane; im katholischen Westen existiert die Bischofssynode als Beratungsorgan des Papstes seit den 1960er Jahren. Gemeinsam auf dem Weg sein, das ist uns quasi als „Berufsethos“ auferlegt. Papst Franziskus hat uns mit der laufenden Synode den Auftrag gegeben, darüber nachzudenken, wie wir als Kirche diesem Ethos folgen können – darüber nachzudenken, was „Synodalität“ eigentlich heißt und was sie von uns verlangt.
Wir alle kennen Fälle, in denen wir grundverschiedener Meinung mit unseren Mitmenschen sind, und nicht selten führen solche Meinungsverschiedenheiten zu Streit, mithin sogar zum Scheitern einer Beziehung oder, in allerschlimmster Form, zum Krieg. Davor sind wir im Privaten nicht gefeit, nicht im Politischen, und gerade auch nicht in der Kirche. Synodalität aber öffnet uns einen Ausweg. Seit drei Jahren beschäftige ich mich mit der Methode der Anhörkreise. Man trifft sich in Kleingruppen, hier in Rom, mit Christen und Christinnen aus allen Kontinenten. Einzelne Standpunkte werden dabei abwechselnd mit Phasen des Schweigens vorgetragen; erst nachdem alles gehört und im Schweigen sowie Elementen des betenden Nachdenkens auch verinnerlicht ist, wird diskutiert, und stets versucht man, auch die eigene Meinung nie als endgültig zu sehen. Die Hoffnung und Erwartung ist, dass durch das Schweigen und Hinhören ein Prozess in Gang kommt, bei dem wir auch verschiedenste Standpunkte zunächst einfach nebeneinander legen können, wo wir sie schließlich im Bewusstsein bereden können, dass keiner von uns einzelnen je zu 100 Prozent richtig liegen kann und man sich näher ist, als ursprünglich gedacht. Ja, dass die Erkenntnis reift: wir alle haben trotz Unterschiede eine gemeinsame Aufgabe.
Dieses gemeinsame, bewusste Schweigen und Hinhören, so scheint mir, täte nicht nur der Kirche gut. Es würde einer Welt helfen, die an so vielen Orten vom Krieg gezeichnet ist; es würde unserem Land helfen, die Spaltungen und Gräben der letzten Jahre zu überwinden, gerade auch jetzt, wo wir in politisch so vielschichtiger Lage auf eine baldige und stabile Regierung hoffen, die Demokratie und Menschenrechte hochhält. Bleiben wir im Bewusstsein, dass wir alle nur Teilwahrheiten verwalten, dass wir alle immer sowohl andockfähig wie auch ergänzungsbedürftig sein müssen, so hoffe ich, dass wir Brücken zueinander bauen können – als Kirche, als Land, als Menschheit.
So grüße ich Sie alle mit meinen herzlichsten Segenswünschen aus Rom.
Franz Lackner,
Erzbischof von Salzburg
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