Brunchtime im Ana Grand Hotel am Wiener Kärntner Ring. Um Punkt 13 Uhr kommt Peter Weck gemütlich ums Eck spaziert. "Ich hab' mir eine Wohnung im Ersten genommen", erklärt er die Wahl des Treffpunkts für das "Krone"-Interview. "Aus unserer Villa in Hietzing bin ich ausgezogen. Zu viele Erinnerungen überall."
Am 23. April starb dort seine Frau Ingrid, die er "Mausi" nannte. Plötzlicher Herztod mit 70. Fast ein Jahr lang zog sich der Schauspieler aus der Öffentlichkeit zurück.
Sein Auftritt bei Markus Lanz am Samstagabend ist eine Art Rückkehr. "Ich hab' ja eine Scheu vor solchen Einladungen", gesteht er, während er sachte den Milchschaum von der Melange löffelt, "aber wenigstens sehen dann die Leute, dass ich noch nicht auf Krücken geh'..." Und in diesem Moment blitzt wieder dieser Schelm aus seinen Augen, den das Publikum so liebt.
"Krone": Musste man Sie lange bitten, auf der "Wetten, dass..?"-Couch Platz zu nehmen?
Peter Weck: Nein, und wissen Sie wieso? Markus Lanz hat mich, nachdem ich meine Biografie zum 80. Geburtstag veröffentlicht hatte, in seine Talkshow eingeladen. Er ist damals sehr auf mich eingegangen. Deshalb dachte ich: Bei ihm bist du sicher ganz gut aufgehoben.
"Krone": Die brave Samstagabend-Sendung ist ja nach Thomas Gottschalk sehr schnell unter die Marke von zehn Millionen Zuschauer gerutscht. Stirbt gute Unterhaltung langsam aus?
Weck: Es scheint so. Wenn derartige Klassiker neu erfunden werden, stehen sie auf schwachen Beinen. Böses, Hämisches, Sarkastisches hat mehr Reiz, obwohl es hanebüchen ist, was beispielsweise bei all diesen Talente-Shows passiert. Man sollte vielleicht auch die Jurys auf ihr Talent überprüfen.
"Krone": Sprechen wir von Dieter Bohlen?
Weck: Der spielt nur seine Rolle. Und die Sender sind offenbar zufrieden, solange die Quote stimmt. Außerdem ist es eine recht billig zu produzierende Sache. Das goldene Zeitalter der Fernsehunterhaltung ist jedenfalls lange vorbei.
"Krone": "Ich heirate eine Familie" mit Peter Weck war eine Säule dieses Zeitalters. Könnte man nicht ein Remake davon machen?
Weck: Dagegen habe ich mich gewehrt. Ich hab' mir gedacht: Bloß nicht anrühren! Wenn man das Glück hat, dass etwas so erfolgreich war, dann sollte man es gut sickern lassen. In der Erinnerung wird es dann noch viel besser, als es eigentlich war.
"Krone": Nach 60 Jahren im Schauspielgeschäft - wovon träumt man da noch?
Weck: Von einer Aufgabe. Ich habe keine Lust mehr, den lächelnden Großvater zu spielen. Aber wenn Sie einmal den Mantel des sympathischen, netten Onkels umhängen haben, dann ist es schwer. Man sucht jetzt eine solche Aufgabe für mich. Man wird sehen, wie gut sie ist.
"Krone": Welche Rolle würden Sie sofort spielen?
Weck: Eine, die meinem Alter entspricht und eine zeitgemäße Geschichte erzählt. Eine Rolle, bei der ich weiß, warum ich Schauspieler geworden bin. 2010 habe ich eine solche Rolle gespielt: die eines Kinderschänders in einem Psychothriller. Die Reaktionen waren toll.
"Krone": Bereuen Sie es, viele Jahre einfach nur Unterhaltung gemacht zu haben?
Weck: Ich habe mir damit eigentlich ins eigene Knie geschossen. Obwohl ich immer ein gutes Echo hatte. Besser als ein schlechtes! (lacht) Aber innerlich habe ich doch eine Entwicklung durchgemacht - und seither sehe ich das mit etwas kritischeren Augen.
"Krone": Haben Sie nie geträumt, nach Hollywood zu gehen?
Weck: Man muss die Kirche im Dorf lassen. Auch die, die seinerzeit am obersten Sprössel der Karriereleiter gestanden sind, kamen postwendend zurück von dort. Es hat niemand auf uns gewartet, wirklich nicht. Mir war es immer wichtiger, in meinem Sprachraum etwas zu erreichen, als einer Illusion nachzujagen. Dieses Geifern, um dort Fuß zu fassen... Diesen Gedanken hab' ich nie und nimmer gehabt.
"Krone": Waren Sie zu realistisch oder zu unehrgeizig?
Weck: Ersteres.
"Krone": Sie haben von der Goldenen Kamera über den Bambi bis hin zur Romy alle Preise gewonnen. Wo stehen die bei Ihnen zuhause?
Weck: Im Mittelteil eines Schrankes. Die sind zum Teil furchtbar hässlich. Vor allem der deutsche Fernsehpreis. Der sieht aus wie ein Bügeleisen. Den hab' ich ganz nach hinten geräumt.
"Krone": Können Sie eigentlich stolz auf sich sein?
Weck: Nicht, indem ich mich selber lobe. Aber es liegen natürlich Beweise und Erfolgszahlen auf der Hand. Ich war zum Beispiel ein Intendant, der die Schauspieler mit all ihren Mätzchen geliebt hat, der keiner Partei angehört hat und von niemandem gefördert wurde. Zehn Jahre habe ich das gemacht. Das ist kein Phänomen, aber es liegt doch außerhalb der Norm.
"Krone": Schaut sich der Schirmherr des Erfolgsmusicals "Cats" so was wie "Natürlich blond" an?
Weck: Ja. Ich geh' gern ins Theater, bin ganz Publikum. Ich freue mich ungeheuer, wenn etwas gut ist. Wenn mir etwas missfällt, dann sag' ich gar nichts...
"Krone": Als Regisseur haben Sie mit Peter Alexander in dessen letztem Film gearbeitet. War es eine Zäsur, als er gestorben ist?
Weck: Ja. Wir haben uns sehr gut verstanden, ich war nur ein paar Jahre jünger. In diesem Alter wird es halt immer enger. Und eines Tages ist man selber dabei.
"Krone": Peter Alexander hat sich nach dem Tod seiner Frau nie mehr erholt. Wie war das bei Ihnen?
Weck: Auch ich war nahe dran, das Peter-Alexander-Syndrom zu bekommen.
"Krone": Wie haben Sie den Weg zurück geschafft?
Weck: Meine Kinder und meine Freunde haben mich davon abgehalten, letztlich aufzugeben. Ich bin trotz allem doch ein Kämpfer.
"Krone": Sie sagen "letztlich". Was war davor?
Weck: Das Erschütternde am Tod ist die Endgültigkeit und die konstante Intensität des Erinnerns. Sie ist nach einem knappen Jahr gemildert und taucht nur sporadisch auf.
"Krone": Wann zuletzt?
Weck: Bei "Amour". Der Film hat mich schwer erwischt. Aber ich habe mich gezwungen, ihn auszuhalten.
"Krone": Haben Sie sich bei "Amour" gewünscht, der Tod Ihrer Frau wäre kein so plötzlicher gewesen?
Weck: Für meine Frau war das plötzliche, nicht wissende Hinübergehen natürlich das Bessere. Für die Hinterbliebenen ist es immer die gleiche Tragödie. Das Schlimme ist: Ich war im Haus, aber ich war nicht dabei.
"Krone": Was war das Geheimnis Ihrer mehr als 40-jährigen Ehe?
Weck: Meine Frau war eigentlich alles, was ich nicht bin: temperamentvoll, unheimlich witzig und geistreich und sehr kommunikativ. Die "Mausi" war, ganz anders als Peter Alexanders Frau mit ihrem strammen Regiment, aber auch ein beruhigender Faktor für mich. Noch heute bilde ich mir ein, dass sie mich mildert, wenn ich mich aufrege.
"Krone": Gibt es etwas, das Sie im Rückblick gerne anders gemacht hätten?
Weck: Manchmal denke ich: Mein Gott, ich habe nicht genug anerkannt, was sie geleistet hat auf eine so selbstverständliche und nbr />Weck: Simple Dinge. Vielleicht der Tapetenwechsel... Meine Kinder. Die Arbeit, die ich jetzt wieder aufnehme, um mich selbst zu retten.
"Krone": Sie sind ein leidenschaftlicher Gourmet. Haben Sie eine Trostspeise?
Weck: Bei aller Liebe zum guten Essen, in einer depressiven Phase kann mich keine Speise trösten...
"Krone": Herr Weck, glauben Sie, dass "Mausi" uns jetzt zugehört hat?
Weck: Ich hoffe. Denn mit dem Glauben ist das so eine Sache. Man sagt immer, die Energie geht nicht verloren. Manches Mal krieg' ich direkt einen Schub von ihr.
"Krone": Was hätte sie zum neuen Papst gesagt?
Weck: "Da schau dir an! Endlich ein Papst, der keine roten Prada-Schuhe mehr trägt!" Das fand sie einfach unmöglich.
Publikumsliebling
Peter Weck wird am 12. August 1930 geboren. Mit zehn Jahren wird er Mitglied der Wiener Sängerknaben. Nach zwei abgebrochenen Studien absolviert er das Max-Reinhardt-Seminar mit Auszeichnung. In den 1950er- und 1960er-Jahren wird er (unter anderem mit "Hofrat Geiger" und "Ich heirate eine Familie") populär. Als Intendant bringt er "Cats" und "Das Phantom der Oper" zur deutschsprachigen Erstaufführung. Seit 1967 war er mit Ingrid verheiratet, die Ende April 2012 an einem Herzinfarkt starb. Die Wecks haben zwei Kinder: Philipp ist im Filmgeschäft, Barbara ist Maskenbildnerin.
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