„Du ziehst die Tiere auf, tust alles, damit es ihnen gut geht und dann das“, ist der junge Bio-Landwirt Alfred Oismüller (30) schockiert. Auf einer Weide in der Gemeinde Ybbsitz, Bezirk Amstetten, dürfte sich das Drama – geschützt von einer dichten Nebeldecke – nur 70 Meter vom nächsten Wohnhaus abgespielt haben.
Alfred Oismüller betreibt mit seiner Gattin Maria und den Eltern den gleichnamigen Biohof in der Gemeinde Ybbsitz. Der Hauptbereich liegt auf der Schafmilch- und Käseproduktion, welche die Familie auch selbst vermarktet. 43 seiner fast 300 Tiere ließ der Landwirt auf der gepachteten Wiese seines Cousins im Gemeindegebiet laufen. Die Weide grenzt ein Dreieck ein, wo sich an einem Ende eine Siedlung, am zweiten mehrere Wohnhäuser und am dritten ein Hof befinden.
Emotionaler Schaden sitzt tief
Dort soll – der 30-Jährige vermutet, dass es Samstagmorgen war – ein Wolf über den Weidezaun gesprungen und 15 Tiere attackiert haben, die Oismüller gerade als Nachzucht aufzieht. Und das nur 70 Meter vom nächsten Wohnhaus entfernt. Nur ein Schaf konnte er retten, 14 sind tot.
„Es ist nicht der finanzielle Schaden. Der ist abgedeckt. Aber es ist der emotionale Schaden. Denn du hast die Tiere aufgezogen und alles getan, dass es ihnen gut geht. Und jetzt musst du dieses qualvolle Ende mitansehen“, zeigt sich der zweifache Familienvater gegenüber der „Krone“ noch immer schockiert.
Über Bio und Wolfsschutzzäune
Weil er nur einen normalen Weidezaun hätte, dürfe der Wolf – Spuren deuten fast eindeutig auf den Räuber hin – laut Oismüller nicht geschossen werden. „Weil ich keinen Wolfschutzzaun habe“, sagt er.
Dabei sei es arbeitstechnisch für seinen Biohof unmöglich, auf sämtlichen großzügigen Weideflächen einen solchen zu installieren: „Das schaffen wir einfach nicht.“ Und zum Teil sei auch ein sinnvolles Aufstellen aufgrund landschaftlicher Gegebenheiten nicht realisierbar.
Heuer dritter Vorfall in Region
Es ist nicht der einzige Vorfall heuer in der Region. In Ybbsitz und Gresten-Land gab es schon Wolfsrisse. „Wenn der Wolf hier nicht geschossen werden darf, kann ich dort die Tiere nächstes Jahr nicht mehr weiden lassen“, sorgt sich der 30-Jährige um die Zukunft. Sein Cousin, der in der Nähe ein Damwildgatter hat, mache sich nun auch große Sorgen wegen eines möglichen Wolfsangriffs.
Kritik am NÖ-Umgang mit Wolf
„Da werden Erinnerung wach“, meint Wolfstop-Obmann Gerhard Fallent, der nach dem Rissbild eindeutig auf das Werk einer oder mehrerer Wölfe schließen will. „In der Nacht vom 15. auf den 16. Februar 2023 haben drei Wölfe unmittelbar neben meinem Wohnhaus ebenfalls 16 Schafe angegriffen. Acht wurden getötet, die anderen acht zum Teil schwer verletzt. Da kommt alles wieder hoch, das Trauma, das unendliche Tierleid und die Bilder des Schlachtfeldes“, so Fallent.
Er fordert eine Verschärfung der Wolfsverordnung in Niederösterreich, weil die bisherige zahnlos sei. „Seit dem Frühjahr fordert Wolfstop eine massive Verschärfung, weil die bisherige völlig wirkungslos ist.“ Man hab einen Vorschlag erarbeitet und im Juli öffentlich vorgestellt. Und dieser sei konkret, faktenbasiert, machbar und wirkungsvoll, ist sich Fallent sicher. Obwohl dieser auch Anklang gefunden hätte, wäre bis heute aber nichts passiert.
Land kontert Kritik
Im Land Niederösterreich lässt man diese Kritik so nicht gelten: „Auffällige Wölfe dürfen schon jetzt ohne vorherigen Bescheid oder Freigabe vergrämt und auch abgeschossen werden. Um das in Zukunft noch einfacher zu machen, hat auch die EU auf unser Betreiben hin angekündigt, den Schutzstatus endlich zu senken. Damit soll der Wolfsbestand in Zukunft leichter reguliert werden können.“ Zudem werde man jeden Spielraum ausnutzen und man werde auch die Bauern nicht im Stich lassen. Die Risse werden entschädigt.
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