Vergewaltiger sagt aus

„Nicht zu ertragen“: Pelicot verlässt Gerichtssaal

Ausland
14.10.2024 19:57

 Der unfassbare Missbrauchsprozess um die Französin Gisèle Pelicot war nun erstmals auch für das Opfer nicht mehr zu ertragen. Bei der Befragung eines der Vergewaltiger am Montag musste die sonst so starke 72-Jährige den Gerichtssaal zum ersten Mal verlassen.

Der mutmaßliche Mittäter, der Tischler Vincenc C., lebte nur fünf Minuten von Pelicot entfernt und soll die Frau zweimal vergewaltigt haben. Vor dem Richter in Avignon gestand er nun den Geschlechtsverkehr mit dem Opfer, zeigte jedoch kaum Reue.

Er behauptete, nicht gewusst zu haben, dass es sich um eine Vergewaltigung handelte, und bemerkte angeblich nicht, dass die Frau bewusstlos war. Dass sie regungslos war und schnarchte, schien ihn nicht zu beunruhigen.

Dachte an eine Art „Sexspiel“
 Er habe zunächst kein Interesse an Sex gehabt, sich jedoch von dem Paar zu einer Art „Sexspiel“ eingeladen gefühlt, zitiert ihn der Sender BFM TV. Drei Monate nach der ersten Vergewaltigung soll C. erneut mit Dominique Pelicot Kontakt aufgenommen haben. Dabei behauptete dieser, seiner Frau habe der Missbrauch gefallen: „Ich machte ihn darauf aufmerksam, dass ich schon einmal hier war und es seltsam fand. Er sagte zu mir: ,Nein, wir haben uns das Video angesehen, und es hat ihr gefallen.‘“

Der Fall versetzt ganz Frankreich in Schrecken. Vor Gericht erträgt die Frau die Schilderungen und Aufnahmen von dem, was ihr angetan wurde. (Bild: APA/AFP/Benoit PEYRUCQ)
Der Fall versetzt ganz Frankreich in Schrecken. Vor Gericht erträgt die Frau die Schilderungen und Aufnahmen von dem, was ihr angetan wurde.

„Wenig Auswahl“ bei Sexdates gehabt
Er habe „wenig Auswahl“, wenn es um Sex-Dates gehe, jammerte er am Montag vor Gericht – und weiter: „Das Internetforum (in dem der Ehemann seine Frau bewarb; Anm.) ist schließlich kein Supermarkt.“ Als Vincent C. später die Videoaufnahmen seiner Tat vorgespielt wurden, soll er die Augen vom Display abgewendet haben. 

Nicht nur der Versuch, den Missbrauch kleinzureden, sondern die Frau indirekt auch noch mit einem Supermarktprodukt zu vergleichen, wurde dem Opfer schließlich zu viel: „Ich kann diesen Mann nicht ertragen“, erklärte sie und verließ laut BBC den Saal.

Nur Zufall überführte den Ehemann
Gisèle Pelicot ist zuvor schon seit über einem Monat täglich vor Gericht erschienen, um sich anzuhören, was sie jahrelang erleiden musste. Auf Einladung ihres Mannes sollen sich in Summe 51 Männer an ihr vergangen haben - der Ehemann hatte sie zu diesem Zweck offenbar betäubt. Erst 2020 wurden die Vergewaltigungen durch einen Zufall bekannt.

Dominique Pelicot wurde von einem Wachmann in einem Supermarkt dabei erwischt, wie er Frauen mit dem Handy heimlich unter dem Rock filmte. Schließlich wurden die Vergewaltigungsvideos entdeckt. 51 Täter wurden bereits identifiziert und angeklagt. Ihnen drohen bis zu 20 Jahre Haft.

Pelicot: „Die Scham muss die Seite wechseln“
Das Gericht wollte den Prozess eigentlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchführen. Doch Pelicot entschied sich, mit ihrem Schicksal an die Öffentlichkeit zu gehen: „Die Scham muss die Seite wechseln“, betonte sie – und beschloss auch, dass die Bildaufnahmen der Taten im Zuge des Prozesses für alle zu sehen sein sollen. Die Urteilsverkündung wird für Mitte Dezember erwartet.

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