Nach der vom Bundesverwaltungsgericht (BVwG) angeordneten Rückholung der seit 2019 in Nordsyrien internierten mutmaßlichen Salzburger IS-Anhängerin Maria G. und ihrer zwei Kinder nach Österreich haben Menschenrechtsexperten das Außenministerium zum raschen Handeln aufgefordert.
Noch aber hält sich das Ministerium offen, ob es Einspruch gegen die Entscheidung des Gerichts einlegen wird. Die Schritte würden geprüft, hieß es in einer kurzen Stellungnahme am Dienstag.
Weitere Verzögerungen bei der Heimholung seien nicht mehr zu argumentieren, betonte der Völkerrechtsexperte Manfred Nowak am Dienstag im Interview mit dem Ö1-Morgenjournal. Dann würde das Außenministerium weiter die Verantwortung dafür tragen, dass Menschenrechte verletzt werden – insbesondere die Rechte der Kinder, aber auch das Recht der Mutter auf Einreise in ihr Heimatland.
Menschenrechtler appellieren
Nowak verwies auch auf die Praxis in anderen europäischen Ländern. Deutschland habe 2022 Kinder und ihre Mütter aus Gefangenenlagern in Syrien retourgeholt. Und in einem ähnlich gelagerten Fall in Frankreich habe der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die französischen Behörden dazu verpflichtet, alles daran zu setzen, dass die eigenen Staatsangehörigen nach Frankreich zurückgeholt werden können.
Auch von der UNICEF hieß es gegenüber Ö1, es sei unausweichlich, die Mutter gemeinsam mit den Kindern zurückzuholen. „Kinder haben das Recht auf Familie. Sprich, eine Trennung der Kinder von ihrer Mutter würde diesem Kinderrecht widersprechen. Somit ist es aus Kindeswohlsicht wichtig, dass die Mutter gemeinsam mit den Kindern zurück nach Österreich kehren kann“, sagte Lisa Heidegger-Haber, die Sprecherin der Hilfsorganisation.
Ministerium bleibt zurückhaltend
Das BVwG hatte in seiner in der Vorwoche zugestellten Erkenntnis festgestellt, dass eine gemeinsame Rückholung von G. und ihren Kindern nach Österreich herbeizuführen sei. Das Gericht ließ aber binnen einer Frist von sechs Wochen Revision gegen die Erkenntnis zu. In einer ersten Stellungnahme des Außenministeriums am vergangenen Freitag hieß es, dass das Thema „Rechtsfragen von grundlegender Bedeutung“ berühre, zu denen es noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung gebe. Die Entscheidung werde gemeinsam mit der Finanzprokuratur analysiert und weitere Schritte geprüft.
Sollte Beschwerde eingelegt werden, könnten freilich Monate bis zu einer neuen Entscheidung vergehen. Maria G. war Ende Juni 2014 als 17-Jährige aus ihrem Elternhaus verschwunden, um sich laut Ansicht der Behörden dem Islamischen Staat (IS) anzuschließen. Sie bekam mit zwei später getöteten Kämpfern der Terrormiliz zwei Söhne und lebt seit dem Jahr 2019 in kurdischen Internierungslagern. Das Außenministerium stimmte zu, ihre beiden Kinder nach Österreich zu bringen, nicht aber ihre Mutter. Grundtenor: Die Frau habe sich trotz Reisewarnung freiwillig der Terrormiliz IS angeschlossen.
Die Anwältin der Familie stellte darauf einen formalen Antrag auf Rückholung und erwirkte im September 2023 über das Bundesverwaltungsgericht, dass das Außenministerium statt formlosen Ablehnungen einen Bescheid ausstellen musste. Der fiel im Oktober 2023 negativ aus. Dagegen zog die Anwältin erneut vor das Bundesverwaltungsgericht, das im Sommer 2024 über den Fall verhandelte. Ein seit 2015 bestehender internationaler Haftbefehl gegen G. wurde mittlerweile übrigens aufgehoben. Der Frau sei aber bewusst, dass sie sich bei einer Rückkehr nach Österreich einem Strafverfahren wegen der Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation stellen muss, hieß es von ihrer Anwältin.
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