Gefundenes Fressen

Austro-Plagiatsjäger mischt im US-Wahlkampf mit

Außenpolitik
15.10.2024 11:05

Der äußerst streitbare Plagiatsjäger Stefan Weber mischt sich in der heißen Phase in den US-Wahlkampf ein. Er wirft der demokratischen Kandidatin Kamala Harris vor, in einem Buch aus dem Jahr 2009 von anderen Autoren abgeschrieben zu haben. Für Donald Trumps Wahlkampfteam sind die Anschuldigungen ein gefundenes Fressen – auch, wenn tatsächlich nur wenig dran ist.

Immer wieder macht der Kommunikationswissenschaftler und Publizist aus Salzburg von sich reden, indem er vor allem wissenschaftliche Arbeiten von Personen des öffentlichen Interesses auf Plagiate überprüft und etwaige Verstöße öffentlich trommelt.

Quellen in Sachbuch nicht genannt
Nun kursiert erneut ein Gutachten von ihm in den sozialen Medien: Dieses Mal betrifft es aber nicht wie üblich jemanden aus dem deutschsprachigen Raum, Weber expandiert diesmal quasi in die Vereinigten Staaten. Wie er auf der Plattform X (vormals Twitter) beschreibt, habe er nämlich zumindest fünf Textstellen im Buch „Smart on Crime“ („Klug gegen das Verbrechen“) entdeckt, die die Autorin und jetzige Präsidentschaftsanwärterin Kamala Harris möglicherweise aus anderen Werken abgeschrieben haben soll – ohne dabei die entsprechende Quelle zu nennen.

Dazu wirft er der Demokratin mehrmals ein „Selbstplagiat“ vor, da sie etwa auch aus eigenen Reden oder Artikeln zitiert. Eine Vorgangsweise, die allerdings in den USA völlig gängig ist – auch Donald Trump wiederholt immer wieder diverse Stehsätze wortwörtlich in seinen Interviews und Reden.

Passagen aus Wikipedia und von Nachrichtenagentur
Passagen sollen etwa schlicht von Wikipedia, aber auch aus Textabschnitten von einem Artikel der Associated Press oder einer Presseaussendung des John Jay College of Criminal Justice fast wortwörtlich übernommen worden sein. Auf seiner Website listet Weber in einem Seite-an-Seite-Vergleich auf, welche Passagen konkret er für verdächtig hält – insgesamt 27 Plagiate habe er auf den 248 Seiten des Buchs entdeckt.

Der selbsternannte Plagiatsjäger

Im deutschsprachigen Raum musste sich der selbsternannte Plagiatsjäger zuletzt ordentlich Kritik gefallen lassen. Während er etwa mit Gutachten zu den wissenschaftlichen Arbeiten den Rücktritt der Ex-ÖVP-Ministerin Christina Aschbacher („Annahmen sind wie Seepocken“) und auch den Ex-EU-Kommissar Johannes Hahn in Bedrängnis brachte, geriet er zuletzt immer wieder wegen fragwürdiger Anschuldigungen in Verruf.

So beauftragte ihn etwa ein rechtspopulistisches Medium, den Umgang der Journalistin Alexandra Föderl-Schmid mit Quellen zu untersuchen und stilisierte seine Funde schließlich zum Skandal hoch – von dem schließlich nichts übrig blieb. Erst im Juni 2024 wurde Weber zudem in einem Prozess mit dem Klagenfurter Uni-Rektor wegen übler Nachrede verurteilt und auch sein Täuschungsvorwurf gegen Ministerin Alma Zadic stellte sich als falsch heraus.

Republikaner greifen nach dem Strohhalm
Der Vorwurf sorgt nun für ein vorerst dezentes Rumoren in den USA. „Kamala hat nicht einmal ihr eigenes Buch geschrieben“, spottete sogleich der republikanische Vizepräsidentschaftskandidat JD Vance mit Verweis auf Webers Gutachten. Und auch in extrem rechten US-Medien, wie etwa „Breitbart-News“, findet die Studie entsprechenden Anklang.

Doch was ist dran an den Vorwürfen? „Smart on Crime“ wurde im Vorfeld von Harris‘ Kampagne für das Amt des kalifornischen Generalstaatsanwalts geschrieben. In der Beschreibung des Buches heißt es, dass es „praktische Lösungen präsentiert, um das Strafrechtssystem wirklich – und nicht nur rhetorisch – hart zu machen“.

Wie schwer wiegen die Anschuldigungen?
Tatsächlich erscheinen die Funde Webers auf den ersten Blick berechtigt. Teilweise werden in dem Buch Quellen nur einmal genannt, in weiterer Folge aber erneut ohne Bezug darauf zitiert. Würde Harris ihr Werk – das sie von der Ghostwriterin Joan O’C. Hamilton verfassen hat lassen – tatsächlich als wissenschaftliche Arbeit brandmarken, wären dies, gemeinsam mit anderen, ganz klare Verstöße.

Allerdings handelt es sich bei „Smart on Crime“ um ein Sachbuch, bei dem weit geringere Standards gelten, da die Texte im Normalfall hierbei für Laien so aufbereitet werden, dass sie flüssig und gut verständlich sind. Würde man hier im Stile einer wissenschaftlichen Arbeit permanent die Quellen vermerken, könnte das den Lesefluss immer wieder erheblich stören.

Plagiatsexperte nur mäßig aufgeregt
Zu diesem Urteil kommt dabei auch der Herausgeber des Fachblogs „Plagiarism Today“. Er bezeichnet die Vorwürfe des selbsternannten Plagiatsjägers gegenüber der „New York Times“ als „nicht ernsthaft“. Auch die Anzahl an Verfehlungen deute „für mich auf Fehler hin, nicht auf die Absicht, zu betrügen“, stellt der Experte klar.

Wirkliche Auswirkungen auf die US-Wahlen dürfte das Gutachten damit wohl nicht haben. Und auch Weber scheint sich ob der Tragweite seiner Anschuldigungen nicht ganz sicher zu sein: „Was sagt das über Kamala Harris aus? (...) Ich habe keine Ahnung“, schreibt er als Fazit auf seiner Website.

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