Die Schule hat gerade erst wieder begonnen, die Zustände bleiben jedoch alarmierend. Die Leiterin einer Wiener Schule bricht jetzt ihr Schweigen und redet über Gewalt, Suspendierungen und „arabische Communitys“.
Vor sechs Wochen startete das neue Schuljahr. Doch die Probleme und Herausforderungen sind die Alten geblieben. Besonders die Lage an den Pflichtschulen bleibt angespannt. Das zeigt auch eine aktuelle Umfrage der Lehrergewerkschaft unter einigen der 100 Wiener Pflichtschulen – wir berichteten.
Die Direktorin einer Mittelschule erzählt im Gespräch mit der „Krone“ über den harten Alltag in ihrem Job. Sie möchte anonym bleiben. Zu groß sind die Angst vor Konsequenzen und Repressalien. Über 800 Kinder und Jugendliche werden an ihrem Standort unterrichtet, in einem Bezirk mit besonders hohem Migrationsanteil. Zwischen 80 und 85 Prozent aller Schüler hier haben Deutsch nicht als Muttersprache.
Im Schuljahr 2023/24 fanden in Wien insgesamt 756 Suspendierungen statt, die meisten davon in Mittelschulen. Die Zahl ist um sieben Prozent gesunken.
„Arabischen Communitys sind Herausforderung“
Vor allem mit syrischen Familien gebe es immer wieder Schwierigkeiten, berichtet die Schulleiterin. Meistens würden diese nämlich gar kein Deutsch sprechen. „Die arabischen Communitys sind für uns momentan eine echte Herausforderung“, so die Direktorin. Zuwanderung habe es schon immer gegeben, aber das jetzt sei etwas ganz anderes. Für jede Unterhaltung mit den Eltern wird zudem ein Videodolmetsch benötigt. Doch wer trägt die Kosten dafür? Die Bildungsdirektion verweist dazu auf das Bildungsministerium. Genaue Zahlen können auf „Krone“-Anfrage nicht genannt werden.
Dann schildert die Frau, die zuvor 27 Jahre lang als Lehrerin tätig war, einen besonders krassen Fall. Bei ihr an der Schule gibt es einen 13-jährigen Bub, der erst in der 1. Klasse ist. Alle leiden unter ihm – Mitschüler, Eltern, Lehrer und damit auch das Klima in der Klasse. Seinen zehnjährigen Mitschülern zeigte er bereits Handyvideos mit pornografischem Inhalt.
Erstklässler (13) zum dritten Mal suspendiert
Genau dieser Bursche ist derzeit zum bereits dritten Mal suspendiert – für vier Wochen. Vor wenigen Tagen beschimpfte er einen Lehrer, gefolgt von einem körperlichen Angriff. „Wäre es nur bei der Beschimpfung geblieben, hätte es für eine Suspendierung nicht gereicht. Die Schule wird immer schlimmer“, sagt die Schulleiterin.
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Realität hat Wiens Schulen eingeholt
Kinder spielen im Klassenzimmer Hinrichtungen nach. Eine Lehrerin verbietet aus Rücksicht auf Andersgläubige, aus der Bibel zu lesen. Und dann noch eine Mutter, die der Volksschullehrerin ihres Kindes eine Burka überreicht. In wieder anderen Klassen ist an einen geordneten Unterricht gar nicht mehr zu denken, wenn in einer Geschichte Hausschweine vorkommen – oder ein Regenbogen. Ganze Seiten ließen sich füllen.
Das sind Berichte aus Wiener Klassen – von Lehrern, die sich eigentlich der Erziehung und der Wissensvermittlung unserer Kinder verschrieben haben. Immer öfter müssen sie sich aber mit solchen Missständen beschäftigen. Wenn man darüber berichtet, wird man nicht selten heftig kritisiert. Lehrer werden als „Lügner“ bezeichnet. Viele schweigen. Zu groß ist die Angst vor Repressalien von Eltern und aus den eigenen Reihen. Die Aufgabe der „Krone“ ist es, zuzuhören und diese mutigen Pädagogen zu schützen.
Manche Lehrer wagen sich dennoch vor den Vorhang, wie zum Beispiel der Floridsdorfer Schuldirektor Christian Klar oder „Krone“-Kolumnistin Susanne Wiesinger. Beide wollen zu den Missständen in den Schulen nicht mehr schweigen. Klar bei einem Interview bzgl. seiner Buchveröffentlichung: „Wir brauchen Regeln und müssen den Mut haben, diejenigen, die das System stören, von den Regelschulen zu trennen. Und es ist nicht nur eine Frage der Gewalt. Ein großer Teil der Kinder erfüllt nicht die Kriterien für die Schulreife. Viele können nicht Schuhe binden oder einen Stift halten.“
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