Ein Rekordsommer liegt hinter uns. Ein Jahrhunderthochwasser hat vielen die Auswirkungen von Klimaveränderungen vor Augen geführt. Doch es gibt auch einige schleichenden Risken der Erderwärmung. In der „Krone“ zeigt ein Versicherungsmathematiker, was auf uns zukommen könnte.
„Es sind nicht nur die Katastrophenereignisse, die uns Sorge bereiten, gleichzeitig vollzieht sich ein schleichender Wandel in unserer Umwelt“, betont Christoph Krischanitz, selbstständiger Versicherungsmathematiker und früherer Präsident der Aktuarvereinigung. Nur drei Beispiele, wo der Klimawandel Kosten verursacht, die auf den ersten Blick nicht zu sehen sind:
Neue Tier- und Pflanzenarten halten Einzug in Österreich und bringen nicht nur Südfrüchte, sondern auch Krankheiten, Allergien und Unverträglichkeiten. Denn unter den invasiven Arten, die sich in Österreich ausbreiten, sind besonders viele, die auch Allergien auslösen. Zudem schlechte Nachrichten für Pollenallergiker: Ist der Winter mild und der Herbst warm, verlängert sich die Saison, und Heuschnupfen wird mehr zum Problem.
Eine invasive Art ist zum Beispiel die Tigermücke, die gefährliche Viren aus dem Süden nach Mitteleuropa bringt. „Der Klimawandel wird steigende Kosten im Gesundheitssystem verursachen. Das muss man auf dem Radar haben“, so Krischanitz.
„Nicht nur die Katastrophenereignisse bereiten uns Sorgen. Es sind auch die schleichenden Veränderungen.“
Versicherungsmathematiker Christoph Krischanitz
Bild: Foto: WILKE
Und neue Insekten sind eine Gefahr für die Landwirtschaft: Immer mehr Spezies aus wärmeren Klimazonen drängen nach Mitteleuropa vor. 20 Pflanzenschädlinge hat die EU-Kommission definiert. Ein Beispiel ist die grüne Reiswanze, die in den letzten Jahren immer häufiger auftritt.
Ein schon lange bekanntes Problem ist hingegen der Borkenkäfer. Dieser verursachte 2023 in einem Jahr einen Schaden im Umfang von fast vier Millionen Festmeter Holz – eine Verdoppelung in nur zwei Jahren, die nicht nur Holz, sondern auch Erträge für die Land- und Forstwirte wegfrisst.
Auch die Hitze zeigt ihre Auswirkungen auf die Wirtschaft. Laut AK gibt es an Tagen mit über 30 Grad um 5 bis 7 Prozent mehr Arbeitsunfälle. Die Tragweite zeigen Zahlen der internationalen Arbeitsorganisation (ILO): Jährlich kommt es global zu rund 22,9 Millionen Hitzeunfälle während der Arbeit, 19.000 davon enden sogar tödlich.
Auch Konzentrationsschwächen nehmen zu, ebenso psychische Erkrankungen. Ist es draußen sehr heiß, ziehen sich viele nach Hause zurück. Fast jeder Dritte ist hierzulande psychisch erkrankt, das kostet dem Gesundheitssystem viel Geld.
Zudem sinkt die Qualität des Schlafs, das macht Mitarbeiter wiederum weniger produktiv, und Agressionen nehmen zu. Das sieht man nicht zuletzt im Straßenverkehr. Laut VCÖ gibt es an Tagen mit über 30 Grad um mehr als 20 Prozent mehr Unfälle. Das triebt auch die gesamten Unfallkosten nach oben. „Die Versicherer müssen diese Risken beachten. Gibt es mehr Unfälle, steigen auch die Zahlungen dafür“, sagt Krischanitz.
Österreich ist ein Tourismus-Land. Auch hier zeigt der Klimawandel Auswirkungen. So könnte vielen Hotels und Ski-Betrieben nicht nur der Schnee, sondern auch der Umsatz wegschmelzen. Das macht solche Firmen auf Dauer unwirtschaftlich. Laut einer Studie der Universität Bayreuth gibt es in Europa um 13 Prozent weniger Skipisten bis zum Ende des Jahrhunderts.
Die durchschnittlichen Schneetage in den europäischen Alpen sinken von 218 (1981-2010) auf aktuell 187 (2024). Jedes achte Skigebiet weltweit könnte durch den Klimawandel bis zum Ende des Jahrhunderts keinen natürlichen Schnee mehr haben. Auf Österreich heruntergebrochen heißt das: Galten 2010 noch 87 Prozent der Skipisten als „schneesicher“, werden es 2030 nur noch zwei Drittel sein. 2050 dürften es bei einer Erderwärmung um 2 Grad nur noch die Hälfte der Pisten sein, 2100 (+3 Grad) überhaupt nur noch ein Fünftel.
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