Das Gesundheitssystem in Vorarlberg krankt. Eine Umfrage des Arbeitskreises für Vorsorge und Sozialmedizin zeigt die Versorgungsmängel schonungslos auf. Vorarlberger wünschen sich zudem mehr Präventionsangebote.
Chronische Erkrankungen haben in den vergangenen Jahren massiv zugenommen. 64 Prozent der Vorarlberger leiden gemäß einem aktuellen Gesundheitsbericht darunter. Bei den Krankenständen lässt sich vor allem ein Anstieg bei psychischen Problemen erkennen.
Was die Vorarlberger für ein gesundes und langes Leben für nötig erachten, wollten die Zuständigen des Arbeitskreises für Vorsorge und Sozialmedizin (aks) im Rahmen einer Umfrage unlängst wissen. Das Ergebnis: Im Land scheint es einige größere „Gesundheits-Baustellen“ zu geben, die seitens der Politik gelöst werden sollten.
Mangelnde ärztliche Versorgung oft genannt
Die Probleme betreffen sowohl das Gesundheitssystem als auch soziale und strukturelle Rahmenbedingungen. Viele Teilnehmer der Umfrage kritisierten die unzureichende Verfügbarkeit von Kassenärzten. Dies wiederum führt zu langen Wartezeiten und einem eingeschränkten Zugang zur medizinischen Versorgung. Ganz besonders fehlen den Vorarlbergern die Fachärzte. So forderte einer der Befragten „mehr niedergelassene Fachärzte, damit zeitnah und umgehend Untersuchungen durchgeführt werden können“. Eine derartige Unterversorgung könnte langfristig gravierende Folgen haben, wenn sich etwa lebensnotwendige Diagnosen und Behandlungen verzögern.
Kritisiert wurde auch eine Zweiklassenmedizin: Die finanzielle Situation vieler Menschen schränkt den Zugang zu medizinischen und präventiven Angeboten ein. Viele Teilnehmer betonten, dass Gesundheitsleistungen, insbesondere kostspielige Behandlungen, für einkommensschwache Familien oft schwer leistbar seien. Ein gesundes Leben sollte unabhängig vom Einkommen möglich sein, lautet die eindeutige Forderung. Außerdem wird auf die Bedeutung eines „flächendeckenden Zugangs zu Therapien und Ärzten“ hingewiesen, um allen eine schnelle Hilfe zu ermöglichen.
Psychischer Druck, aber wenig Therapieangebote
Der Mangel an psychologischer Unterstützung und Therapieangeboten wurde ebenfalls stark bemängelt. Das führe angesichts der steigenden Belastungen durch Stress und anderen psychischen Problemen zu einer Versorgungslücke. Bereits seit Jahren machen auch Ärzte auf die mangelnde Versorgung vor allem bei psychisch angeschlagenen Kindern und Jugendlichen aufmerksam. Die Mediziner warnen zudem vor Langzeitfolgen, denn dauerhafter Stress könnte neben psychischen Problemen auch zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen und einer allgemeinen Verschlechterung des Wohlbefindens führen. Fehlende betriebliche Gesundheitsförderung und starre Arbeitszeiten verschärfen diese Problematik.
Die Umfrage zeigt deutlich auf, dass sich die Menschen eine bessere Work-Life-Balance und Stressreduktion wünschen. Einer der Befragten forderte „weniger Arbeitsstress, mehr Zeit für Familie und Freizeit“ und schlug vor, dass Unternehmen auch verstärkt gesundheitsfördernde Maßnahmen ihren Mitarbeitern anbieten sollten. Zudem wird der Wunsch nach flexibleren Arbeitszeiten und besseren Kinderbetreuungsangeboten geäußert, um die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zu. Ein weiterer Vorschlag einer Teilnehmerin sieht kostenfreie Angebote wie Mutter-Kind-Kuren zur Prävention von Erschöpfungsdepressionen vor.
Ein Wunsch der Vorarlberger ist es, mehr in Vorsorge zu investieren, damit Gesundheitsprobleme erst gar nicht entstehen. Dadurch ließen sich langfristig auch höhere Kosten im Gesundheitssystem vermeiden. Es mangelt offenbar nicht nur an präventiven Maßnahmen, sondern auch bei der Aufklärung über gesunde Lebensweisen, insbesondere in Schulen und bei jungen Menschen. Viele Teilnehmer betonen, dass Kinder und Eltern nicht ausreichend über gesunde Ernährung, Bewegung und Risiken wie Alkohol aufgeklärt werden.
Pflegeheime aktuell nicht zukunftsfähig
Mit Blick auf den demografischen Wandel sehen die Befragten auch die Pflegeheime in ihrer aktuellen Form als nicht zukunftsfähig an. Es wird ein Mangel an finanziellen Mitteln und Fachkräften befürchtet, was die Versorgung älterer Menschen in Zukunft unsicher mache.
Gewünscht wird also eine ganzheitliche Gesundheitsförderung, die sowohl individuelle Verantwortung als auch strukturelle Veränderungen umfasst. Besonders im Fokus stehen eine bessere medizinische Versorgung, präventive Maßnahmen und die Anpassung der Gesundheitsversorgung an die Bedürfnisse der Gesellschaft. Dabei wird klar, dass es nicht nur um die Gesundheit des Einzelnen geht, sondern um eine zukunftsfähige und gerechte Gesundheitslandschaft in Vorarlberg. Wohl auch ein klarer Arbeitsauftrag an die kommende Landesregierung.
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