Seit knapp 30 Jahren sind Within Temptation eine Konstante am Symphonic-Metal-Himmel. Frontfrau Sharon den Adel erzählt uns im „Krone“-Talk, wie sie musikalische Krisen überwandt, warum sie sich nicht vor der KI fürchtet und weshalb ihre Kinder ihre Lebenseinstellung verändert haben.
Wie doch die Zeit vergeht. Für so manchen Fan wirkt es noch wie gestern, als die Niederländer Within Temptation rund ums Millennium mit ihrem zweiten Album „Mother Earth“ erstmals die Charts eroberten und eine große Menge an Menschen außerhalb der Symphonic-Metal-Grenzen erreichten. Mit der Single „Ice Queen“ brachte Frontfrau Sharon den Adel die Herzen der Anhänger zum Schmelzen. Durch ihre ausdrucksstarke Stimme, eine klar definierte Meinung zu verschiedenen Dingen im Leben und ihrer markanten Bühnenpräsenz hat sie das – heute namentlich verpönte – „Female Fronted Metal“-Genre so stark geprägt wie sonst wohl nur die Nightwish-Ur-Sängerin Tarja Turunen. Während diese aber immer wieder Querelen mit ihrer Band hatte, ist die Gemeinschaft zwischen den Adel und ihrer Männertruppe durch nichts aus der Fassung zu bringen. Seit 2001 gab es überhaupt noch nur einen Line-Up-Wechsel. Trotz allem war im Bandcamp nicht immer alles eitel Wonne.
Wendepunkt im Leben
„Ich hatte vor vielen Jahren eine Zeit lang die Schnauze voll“, erzählt sie im „Krone“-Talk, „ein Wendepunkt war mein Soloalbum ,My Indigo‘ 2017 und der Tod meines Vaters, was damals Hand in Hand ging. Ich habe in dieser Band so jung begonnen, dass ich zwischendurch einmal den Fokus verloren hatte. Die Band war oft auf einer Achterbahn, doch meist überwog das Positive. Irgendwann kam aber alles ins Wanken und wir waren auf einem kreativen Tiefpunkt angelangt.“ Den Adel entschied sich für eine längere Pause, weshalb auch die Alben von Within Temptation nicht mehr in der Regelmäßigkeit erscheinen, wie man es früher gewohnt war. Die letzten drei Werke „Hydra“ (2014), „Resist“ (2019) und „Bleed Out“ (2023) veröffentlichte man in einer gewaltigen Zeitspanne von knapp zehn Jahren. „Die Balance zwischen der Musik und dem Privatleben ist heute viel besser“, erklärt die Sängerin, „zwischendurch größere Pausen zu machen, tut allen gut.“
Nebenbei ist den Adel dreifache Mutter, Ehemann ist Bandkollege Robert Westerholt. Die Kinder befinden sich schon im jungen Erwachsenen- bzw. späteren Teenageralter, was den Zeitaufwand für ihre Profession als Sängerin vereinfacht. Für die auch gesellschaftlich wache und aufmerksame Holländerin war die Geburt ihrer Kinder eine Zäsur. „Es ist vor allem eine Riesenchance, ein gutes Bewusstsein für Nachhaltigkeit zu schaffen. In Songs oder Interviews kann ich nur in wenigen Minuten erzählen, was mir wichtig ist. Bei der Kindererziehung kann ich auf lange Zeit die richtigen Werte mitgeben.“ In gewisser Weise machen Within Tempation das auch mit ihrer Musik. „Früher haben wir über die Weltkriege und Vergangenes gesungen, aber die Realität ist so harsch, dass wir heute locker über die gegenwärtige Realität schreiben können. Aufgrund der Lage der Welt spricht sehr viel Frustration aus mir, die ich über die Songs als Ventil von mir abtragen kann.“
Neugierde auf die KI
Den Adel hat auch eine sehr lockere Einstellung gegenüber technologischen Fortschritten. Vor der KI fürchtet sie sich nicht. „Warum auch? Ich bin selbst neugierig darüber, was sie zusammenbringen und wohin die Reise geht. Solange die Technologie gut und sinnvoll genützt wird, ist sie großartig. Sie hatte immer eine dunkle Seite, aber diese Seite kommt vom Menschen, der sie erst mittels Technologie umsetzt. Eine KI, die selbst Musik erschafft, ist nichts anderes als ein Zeichen der modernen Zeit. Ich sehe eher das Problem darin, dass sich die Dinge mittlerweile so schnell entwickeln, dass man mit der richtigen Gesetzgebung und Einordnung nicht mehr nachkommt. Wenn ich mir die Welt heute so anschaue, hoffe ich vor allem, dass sie in die richtigen Hände kommt. Es wäre wichtig, dass den Leuten ein ehrenhaftes Verhalten und das Vermitteln von Wahrheit und Fakten wieder wichtiger wird, als es derzeit der Fall ist.“
Auf „Bleed Out“ experimentieren Within Temptation nicht nur erstmals deutlicher mit dem schrägen Sub-Genre Djent und besingen allgegenwärtige Themen wie Frauenrechte, Kämpfe gegen innere Dämonen und Unterdrückung, man hat sich nach Jahren auch vom damaligen Majorlabel gelöst, um die Zügel noch klarer selbst in der Hand zu haben. „Ich habe über die Jahre gelernt, meine Meinung deutlicher nach außen zu tragen. In unseren älteren Songs haben wir viele Themen hinter Metaphern versteckt, weil ich mir nicht sicher genug war, ob es okay ist, was ich zu sagen habe. Wir leben aber nur einmal und in dieser kurzen Zeit des Universums ist es wichtig, für sich und seine Interessensfelder einzustehen.“ Von der kurzweiligen Band-Müdigkeit ist längst nichts mehr zu sehen. „Ich weiß heute viel klarer, worüber ich schreiben möchte, und spüre das Feuer in mir. Das Teamgefüge passt sehr gut und so kann es noch lange weitergehen.“
Live im Gasometer
Erst einmal kommen Within Temptation mit ihrem neuen Album „Bleed Out“ nun am 21. Oktober in den Wiener Gasometer. Unter www.oeticket.com gibt es noch Karten für die einzige Österreich-Show dieses Tourlegs.
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