Tag der Wahrheit im ÖFB: Boss Klaus Mitterdorfer hofft auf grünes Licht für die Strukturreform. Ex-Teamspieler Marc Janko ist dafür: „Es dient der Sache, nicht dem Ego.“ Landespräsidenten sind wie so oft das Zünglein an der Waage.
„Rangnick soll sich vorstellen, uns Rede und Antwort stehen.“ Diese Forderung wurde bei einer ÖFB-Präsidiumssitzung gestellt. Es ging um Ralf Rangnick, damals Trainer bei Manchester United. In der Welt einiger heimischer Funktionäre sollte der Deutsche erst in Wien antanzen, bevor man ihn zum Teamchef macht. Die Erkenntnisse der ÖFB-Spitze reichten ihnen nicht aus ...
Nur ein Beispiel aus dem Alltag im ÖFB-Präsidium. Wo neun „Landesfürsten“ (und drei Bundesliga-Vertreter) um Mehrheiten, Macht und Eitelkeiten kämpfen. Nicht nur in Teamchefragen, auch beim Bekenntnis zum ÖFB-Campus in Aspern.
„Kampf gegen Windmühlen“
Was Österreichs Fußball oft lähmt, sogar blockiert. Das will ÖFB-Präsident Klaus Mitterdorfer mit seiner Strukturreform ändern. Da geht es um mehr als „nur“ die zerstrittenen Geschäftsführer Thomas Hollerer und Bernhard Neuhold. Er will einen CEO über zwei Geschäftsführer (Sport und Wirtschaft) etablieren, braucht dafür bei der heutigen Tagung im Präsidium eine 2/3-Mehrheit.
Die „Krone“ hörte sich bei Ex-Teamspielern um, stieß bei Marc Janko auf offene Ohren. Der 70-fache Internationale legte schon als Aktiver den Finger in die Wunde, bekräftigt auch jetzt: „Mir hat man immer gesagt, es sei ein Kampf gegen Windmühlen. Ich begrüße es, dass wir erstmals einen Präsidenten haben, der sich des Themas annimmt. Er will den Verband in die Neuzeit holen.“
Auch jetzt spricht sich Janko klar für die Reform aus: „Entscheidungen für den Sport müssen mit Sportkompetenz getroffen werden. Jetzt entscheiden Leute, die von den Anforderungen des Profifußballs Lichtjahre weg sind. Das geht sich nicht aus. Ich habe von ihnen schon haarsträubende Aussagen gehört. Künftig hätten sie die Funktion eines Aufsichtsrats.“
Dennoch ist Janko für heute skeptisch: „Wer für die Reform stimmt, dient der Sache, nicht dem Ego. Aber dann müsste man auch Macht abgeben.“
„Muss sich durchsetzen“
Julian Baumgartlinger, Österreichs EURO-Kapitän 2021, äußert sich diplomatisch neutral: „Ich erachte eine Professionalisierung des ÖFB als sinnvoll und überfällig.“ Reform-Gegner findet man unter den Ex-Teamspielern nicht, aber nur wenige wollen sich öffentlich äußern, um sich nicht zu „verbrennen“.
Was Jahrhundert-Fußballer Herbert Prohaska schmunzeln lässt, er erinnert sich: „Beppo Mauhart (Anm.: 1984 bis 2002 ÖFB-Boss) haben die Landespräsidenten gesagt, er müsse sie informieren, wenn er einen Teamchef holt. Dann war ich da, und er hat gesagt: ,So, jetzt seids informiert.‘ Ein Landespräsident hat mich dann gehasst, bevor ich etwas getan habe. Nach unserem 1:0 in Schweden war er total angefressen, während wir gefeiert haben.“ Den Namen verrät Prohaska aber natürlich nicht.
Es war eine andere Zeit, viel verändert hat sich beim ÖFB aber nicht – Prohaska: „Die neun Landespräsidenten sind wichtig für den Amateurfußball. Aber ich brauche nicht alle im ÖFB-Präsidium, da wird man sich nie einig. Da reichen drei, meinetwegen sollen sie sich in einem Radl abwechseln.“
Und was hält Prohaska von Mitterdorfer? „Er hinterlässt einen guten Eindruck. Aber jetzt muss er sich auch durchsetzen.“ Heute mit der Reform.
Die von Präsident Klaus Mitterdorfer lancierte Strukturreform steht bei der heutigen Präsidiums-sitzung des ÖFB auf Punkt eins der Tagesordnung. Voten neun der 13 Mitglieder dafür, hat der Kärntner, der auch stimmberechtigt ist, sein Ziel erreicht, schlägt der Verband einen moderneren Weg ein. Die „Krone“ hörte sich beim Präsidium um. Nicht jeder wollte sich öffentlich äußern, das „Ja“ zur Reform überwog aber klar, die neun Stimmen scheinen demnach sicher.
Auf seiner Seite hat Mitterdorfer die drei Stimmen der Bundesliga, sie signalisierte zuletzt bereits ihre Zustimmung zur Reform. Robert Sedlacek, der dem Wiener Verband vorsteht, kündigt ebenfalls sein „Ja“ an, spricht von einem „wichtigen Schritt“. Ebenso Vorarlbergs Präsident Horst Lumper: „Es wäre ein zeitgemäßer Beschluss. Die Macht ist bei der Geschäftsführung, das Präsidium wird mehr zum Überwachungsgremium.“
Für die Strukturreform machen sich auch Martin Mutz (Kärnten) und Wolfgang Bartosch (Steiermark) stark. „Die Entscheidungswege werden kürzer, das operative Geschäft wird gestärkt“, sagt Mutz, Bartosch geht „von einer breiten Zustimmung aus“. Vor seiner ersten Präsidiumssitzung steht hingegen Wolfgang Zingerle, seit vier Wochen Präsident des Salzburger Verbandes: „Ich habe mich bereits eingelesen, höre mir heute nochmals alles vor Ort an und entscheide danach.“
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