Die Szene war beängstigend: Am Donnerstagabend setzte sich die schwedische Spitzenspielerin Christina Källberg nach einem Ballwechsel bei der Tischtennis-EM in Linz plötzlich auf den Hallenboden, versteckte ihr Gesicht unter ihrem Handtuch und begann hemmungslos zu weinen.
Das blonde Mädchen (24) aus Skandinavien war mit ihren Nerven und Kräften offensichtlich am Ende. Was war passiert? Källberg musste unmittelbar nach dem Viertelfinal-Aus im Mixed gegen eine französische Paarung im Einzel gegen die Portugiesin Ines Matos antreten. Ohne Pause, ohne Chance, wieder zu Kräften zu kommen und sich mental auf die Challenge einzustellen – und doch zog sie gestern ins Achtelfinale ein. „Der Zeitplan kann nicht wahr sein, ich bin weinend in dieses Spiel gegangen“, sagte Källberg im Anschluss. Bezeichnend, dass sie sich nicht über die sportliche Challenge beklagte, sondern sich vor allem mental völlig überfordert fühlte.
„Mörderisches Programm“
Die unglaubliche Termin-Hetze bei dieser EM fordert also ihre Opfer. Auch Österreichs Zelluloid-Heldin Sofia Polcanova konnte nach Silber im Mixed ein Lied singen: „Das Programm ist mörderisch, das schafft kein Mensch!“ Wesentlich deutlicher wurde ihr Partner Robert Gardos: „Was Sofia aushalten muss, ist unfassbar, das Programm ist eine Katastrophe. Wir konnten keine Videos schauen, nicht essen und es gibt keinen Ruheraum“, so der Frankreich-Legionär. Gardos weiter: „Wir schlucken das seit zwei Jahren, ich habe nie etwas gesagt. Der Verbandspräsident und der Sportdirektor sind am Donnerstag zum ersten Mal bei der EM zu mir gekommen und haben gratuliert. Das sagt viel aus.“ Der vielfache Medaillengewinner fühlt sich vom ÖTTV nicht nur wegen des unnötigen Mega-Stresses nicht wertgeschätzt: „Es gibt keine Anerkennung. Wenn wenigstens ein Funktionär sagen würde: Schön, dass du noch spielst. Aber dass sie mich ignorieren, bringt mich nicht um. Der Verband hat viel für mich, aber ich auch viel für den Verband getan. Wie wir behandelt werden, das ist Scheiße. So macht man die Spieler kaputt.“ Turnierdirektor Alen Ivancin erklärte die Hetze lapidar: „Es ist hart, aber so ist Tischtennis.“
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