Vor 12 Jahren hat er für Red Bull Salzburg sein Profi-Debüt in Österreichs Bundesliga gegeben, da ist er gerade einmal 16 Jahre und 224 Tage alt gewesen. Irgendwann ist ihm die österreichische Liga zu klein geworden und er ist ausgezogen in die große Fußball-Welt, erst nach Deutschland, später nach England und Portugal und nun auch nach Italien, wo er beim traditionsreichen FC Torino wirkt. Dort hat krone.at ihn, Valentino Lazaro nämlich, besucht und zu einem ausführlichen Interview gebeten – u.a. zu seiner in Turin gefundenen Ruhe, Fehlern der Vergangenheit und seinen Gefühlen ob des großen Comebacks seines gefallenen Jugendklubs ...
krone.at: Mit dem FC Torino auf Platz 7 in der Serie A, bei „Il Toro“ zweitbester Vorlagengeber und der Top-Mann bei den Einsatzminuten (vor der Sonntags-Partie bei Cagliari, Anm.) – auch wenn die Spielzeit noch sehr jung ist: Wie zufrieden bist Du nach den ersten Wochen der neuen Saison?
Valentino Lazaro: Zufrieden ist man nie wirklich, aber es ist Fakt, dass wir sehr, sehr gut gestartet sind. Wir haben uns mit dem neuen Trainer sehr, sehr schnell zusammengefunden, das funktioniert schon sehr gut. Vor zwei Spieltagen waren wir noch Tabellenführer, haben zuletzt mit Lazio Rom daheim und Inter Mailand im San Siro aber zwei starke Gegner gehabt ...
krone.at: Wo ihr sogar mit einem Mann weniger knapp dran gewesen seid ...
Lazaro: Ja, genau! Wir haben über 70 Minuten mit einem Mann weniger gespielt und 2:3 verloren – wie auch zu Hause gegen Lazio, gegen die wir leider nicht unsere beste Leistung gezeigt haben. Auch wenn wir dadurch auf Platz 7 abgerutscht sind, es geht in der Tabelle oben sehr, sehr eng zu . Wir haben jetzt auch wieder Gegner vor unserer Nase, da wissen wir, dass wir voll punkten können. Ziel ist es jedenfalls, dass wir da oben dranbleiben.
krone.at: Du gehst in Deine bereits dritte Saison für den FC Torino – angesichts Deiner jüngeren Vergangenheit, als Du zwischen Juli 2019 und Juli 2022 Deine Knochen für Inter Mailand, Newcastle, Mönchengladbach und Benfica Lissabon hingehalten hast, eine sehr lange Zeit. Wie kommt’s, dass Du ausgerechnet hier in Turin zur Ruhe gefunden hast?
Lazaro: Das war echt keine einfache Zeit, auch wenn sehr große Vereine dabei waren – wobei es mich aber auch sehr stolz macht, für solche Vereine gespielt zu haben. Es war natürlich auch der Vertragssituation in Mailand geschuldet, dass ich nirgendwo länger als ein Jahr bleiben konnte. Wo es noch am ehesten funktioniert hätte, das wäre Gladbach gewesen – gerade dort bin ich aber leider zweimal mit Muskelverletzungen ausgefallen ...
krone.at: Immerhin hast Du dort das Tor des Jahres in Deutschlands Bundesliga geschossen …
Lazaro: (lacht) Es freut mich, dass ich da zumindest einen bleibenden Eindruck hinterlassen habe. Natürlich hätte es mich auch gefreut, wenn ich früher schon ein dauerhaftes Zuhause gefunden hätte, das war immer das Ziel. Aber jetzt bin ich sehr, sehr froh, hier in Torino gelandet zu sein: Ich fühle mich zuhause, ich fühle mich wohl und ich spiele – und das ist das Wichtigste.
krone.at: Erlauben wir uns das Gedankenspiel, dass Zeitreisen möglich wären: Einmal abgesehen von großen weltpolitischen Dingen, gibt’s irgendwas, was Du einem Deiner jüngeren Ichs raten wollen würdest?
Lazaro: Schwer zu sagen ... (überlegt) Ich denke, mit dem Alter lernt man, immer ein bisschen professioneller zu werden. Ich bin ein Typ, der immer nach Instinkt Fußball gespielt und auch gelebt hat. Deshalb habe ich nicht wirklich irgendwelche „Regrets“, wie man sagt. Aber natürlich gibt es immer ein paar Sachen, wo man zurückschaut und sagt: Vielleicht hätte man dies oder das ein bisschen anders machen können ...
„Ich bin ein Typ, der immer nach Instinkt Fußball gespielt und auch gelebt hat. Deshalb habe ich nicht wirklich irgendwelche „Regrets“ ...“
Valentino Lazaro
krone.at: Ganz konkret: Ist der Wechsel zu Inter Mailand ein Fehler gewesen?Lazaro: Ich denke, der Zeitpunkt war perfekt für einen Wechsel – auch weil ich in Berlin bei der Hertha über einen sehr langen Zeitraum sehr, sehr gut performt und mich einfach bereit gefühlt habe für den nächsten Schritt. Leider hat es dann in Mailand nicht funktioniert, obwohl es da in der Vorbereitung unter Antonio Conte noch sehr gut begonnen hätte. Allerdings bin ich kurz vor Saisonstart vier Wochen mit einer Muskelverletzung ausgefallen – und dann ist man erst einmal hinten dran. Wenn die Mannschaft zudem ohne einen performt, gut funktioniert, ist es schwer, wieder reinzukommen. Und dann habe ich auch von mir aus gesagt: Ich suche diese Leihen ...
krone.at: Du hast es gerade angesprochen: Das Verletzungspech ist ein ständiger Begleiter bei Dir. Bist Du jemand, der leicht damit hadert, immer wieder von Blessuren zurückgeworfen zu werden?
Lazaro: Hadern nicht wirklich – wenn dieses Thema einen so lange begleitet, ist es zwar natürlich nervig, aber man lernt auch damit umzugehen. Es ist schon so, dass ich meinen Körper als sehr explosiver, schnellkräftiger Spieler inzwischen besser verstehe und auch ein paar Sachen umgestellt habe – was auch die Ernährung und die Erholung betrifft. Deshalb bin ich ohne Fremdeinwirkung jetzt schon länger verletzungsfrei, das freut mich natürlich.
krone.at: Deutschland, Italien, England und Portugal – allesamt Länder in deren Top-Ligen Du inzwischen engagiert gewesen bist. Wie würdest Du diese Ligen bzw. den Fußball, der in ihnen gespielt wird, charakterisieren?
Lazaro: In Portugal habe ich ja für Benfica gespielt, den größten Verein des Landes. Da ist es egal, in welches Stadion du gehst – außer bei Porto oder Sporting vielleicht -, die sind immer voller Benfica-Fans, da merkt man schon die Größe des Vereins: Und natürlich wird dann dort auch erwartet, dass du dort dominierst. Da hast du sehr, sehr viel Ballbesitz und sehr viele Offensiv-Aktionen – das hat dann natürlich sehr viel Spaß gemacht. Leider kam dann ein Trainerwechsel im Winter und ab dann habe ich nicht mehr gespielt, bin dann wieder zurückgekehrt zu Inter Mailand ... (überlegt kurz) Was die einzelnen Ligen betrifft, ist die portugiesische Liga nicht auf das gleiche Level zu stellen wie jene in Italien, England oder Deutschland.
krone.at: Woran konkret machst Du das fest?
Lazaro: Ganz einfach an der Qualität der Mannschaften – in Portugal hast du drei, vier wirklich sehr, sehr starke Mannschaften und nach unten hin sinkt das Niveau relativ deutlich. Ich denke, am ausgeglichensten geht es noch eher in Deutschland oder Italien zu. In England hat man eine Liga, die nicht zu Unrecht als die aufregendste der Welt bezeichnet wird und in der jeder jeden schlagen kann – die Fußball-Kultur dort ist auch etwas ganz Besonderes.
krone.at: Und wie lebt es sich abseits des Fußballs in diesen Ländern?
Lazaro: Da hat es schon Riesenunterschiede gegeben! Natürlich hast du mit Berlin und Mailand zwei Supermetropolen, wo du auch abseits des Fußballs ein schönes und aufregendes Leben führen kannst – mit vielen Restaurants, vielen Cafés und was weiß ich. Dann bin ich zur Winterzeit nach Newcastle gekommen – und ich kann mich erinnern, da ist es erst einmal kalt gewesen, da habe ich die Zeit eher zu Hause verbracht. Bald ist dann die Corona-Zeit angebrochen und so ist erst wieder sehr lange nichts mit Stadtansehen geworden – da ist man dann nur zu Hause gewesen. Das war eine sehr, sehr komische Zeit: Gerade neu wo ankommen, dann monatelang nur zu Hause sein bis zum Ende der Saison und dann in den Urlaub gehen. Da dachte ich mir: „Schade, jetzt habe ich von der Stadt nichts gesehen.“ Deshalb kann ich nicht viel urteilen. Aber jetzt hier in Turin ist es sehr ruhig, das ist sehr angenehm, man kann sich super auf die Arbeit fokussieren. Und wenn man einen oder zwei freie Tage hat, ist man schnell in Mailand, das ist nach einer Stunde Autofahrt erreichbar oder man kann entspannen am Lake Como, das ist etwas sehr Besonderes ...
krone.at: Apropos Mailand: Die Modeszene in Newcastle dürfte für jemanden wie Dich, der Du als Mode-Freak giltst, im Vergleich zu jener hierzulande eher überschaubar sein ...
Lazaro: Ja, auf jeden Fall! Man kann es allgemein beschreiben: Different countries, different cultures. Ganz einfach. Es ist schon so, dass Mailand, was Modekultur, was Lifestyle anbelangt, etwas ganz anderes ist ...
„Wenn du dieses Land liebst, dann liebst du auch die Städte und du kannst sie wertschätzen ohne die Rivalität der Fußball-Mannschaften.“
Valentino Lazaro
krone.at: Darf man hier in Turin überhaupt etwas Positives über Mailand sagen?
Lazaro: Ja, natürlich! Mir gefällt einfach ganz Italien, die Kultur, wie die Leute leben, die Mentalität – das ist für mich so ein Zuhause geworden, ich fühle mich hier superwohl. Wenn du dieses Land liebst, dann liebst du auch die Städte und du kannst sie wertschätzen ohne die Rivalität der Fußball-Mannschaften.
krone.at: Apropos Vergangenheit: Du hast mit Deine ersten Fußball-Erfahrungen als Jugend-Spieler des GAK gemacht – und mehr oder weniger am eigenen Leib miterlebt, wie der Klub wenige Jahre nach dem Meistertitel 2004 regelrecht implodiert ist. Wie geht’s Dir damit, dass es der GAK nun nach so vielen Jahren von ganz unten zurück in die Bundesliga geschafft hat?
Lazaro: Das ist wirklich super! Ich, meine Familie und meine besten Freunde, wir sind immer noch Rotjacken durch und durch. Deshalb freuen wir uns, dass der GAK wieder oben ist und hoffen natürlich, dass er erfolgreich sein wird.
krone.at: Vor vielen Jahren hast Du in einem Interview gemeint, dass „es eine coole Sache wäre, wenn es der GAK schafft, wieder ganz oben zu spielen. Ein Derby gegen Sturm würde ich mir dann auch anschauen“. In diesem Sinne: Was hast Du am 8. März 2025 vor? Das ist der Termin des Heim-Derby für den GAK …
Lazaro: Wenn es sich ausgeht, würde ich gerne nach Graz kommen und es mir live anschauen. Ansonsten hoffe ich, dass es mit meinem Spielplan zusammenpasst, dass ich es mir wenigstens vorm Fernseher anschauen kann.
krone.at: Du bist kurioserweise nicht der einzige Fußballer hier beim FC Torino mit GAK-Vergangenheit …
Lazaro: (lacht) Das stimmt! Unser Torwart, der Vanja Milinković-Savić, ist auch beim GAK gewesen. Er, sein Bruder Sergej und sein Vater Nikola, Teil der Meistermannschaft von 2004 ...
krone.at: Ihr seid vom Alter gar nicht so weit auseinander. Habt ihr euch damals schon gekannt in Graz?
Lazaro: Ich kann mich gut erinnern – Vanja hat mir einmal gesagt, er kann sich erinnern, dass wir uns getroffen haben. Ich bin ja in sehr jungen Jahren immer ein, zwei Altersklassen höher aktiv gewesen, d.h. ich habe dann eher mit dem älteren Sergej zusammengespielt … (überlegt kurz) … Es ist lustig, wenn man sich nach so vielen Jahren in einem ganz anderen Land wieder trifft. Als wir gegen Lazio gespielt haben, als Sergej noch dort engagiert gewesen ist, da haben wir am Parkplatz nochmals über die alten Zeiten geredet. Da sind wir schon sehr, sehr jung gewesen …
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