21.10.2024 06:00

Stark in Turin, aber:

Wieso bist Du beim ÖFB im Out, Valentino Lazaro?

Er hat bislang 36 Länderspiele absolviert und dabei drei Tore erzielt, das Debüt am 30. Mai 2014 noch unter Marcel Koller gefeiert, im Alter von gerade einmal knapp über 18 Jahren – aber so früh und so erwartungsvoll die Nationalteam-Karriere von Valentino Lazaro auch begonnen haben mag, inzwischen scheint der nunmehrige FC-Torino-Legionär beim ÖFB-Team nicht mehr gefragt zu sein! Zur Frage, wieso das so ist, macht unser Italien-Legionär im krone.at-Interview aus seinem Herzen keine Mördergrube ...

krone.at: Valentino, Dein Klub ist als siebenfacher Meister in Italien zwar hinter Juventus, Inter, Milan und Genoa ex aequo die Nummer 5, wenn man nach „Scudetti“ geht, seit der gewonnenen Meisterschaft 1975/76 und einem Coppa-Triumph 1992/93 macht der Erfolg aber stets einen größeren Bogen um den FC Torino. Glaubt man im Klub noch daran, jemals wieder etwas zu gewinnen?
Valentino Lazaro: Natürlich, sonst könnten wir gleich aufhören Fußball zu spielen! Es ist natürlich so, dass wir die Geschichte unseres Vereins kennen, das verinnerlicht man hier. Jeder weiß, was in der Vergangenheit passiert ist – und wir wollen diese Tradition einfach weitertragen. Wir arbeiten wirklich jeden Tag in dem Bewusstsein, dass wir diesen großartigen Verein vertreten dürfen. Auch der neue Trainer hat das sehr, sehr schnell verinnerlicht und will uns das auch weitergeben vor jedem Spiel, vor jedem Training: dass wir die Mentalität haben, den Verein wieder dorthin zu tragen, wo er schon einmal war.

Valentino Lazaro (Bild: GEPA)
Valentino Lazaro

krone.at: Habt ihr euch für heuer ein konkretes Ziel gesetzt, etwa in Form einer bestimmten Platzierung oder Punktzahl? Vor dem Stadtrivalen Juve zu liegen zu kommen, ist vielleicht ein bisschen ein hochgegriffenes Ziel, aber dennoch …
Lazaro: Warum nicht? Wir glauben an unsere Chance und freuen uns schon aufs Derby! Aber allgemein: Ein konkretes Ziel haben wir jetzt nicht ausgerufen. Wir haben letztes Jahr sehr viel von Europa gesprochen und es dann gegen Ende der Saison leichtsinnig nochmal hergegeben. Ich persönlich greife das auf jeden Fall auf: Europa ist unser Ziel und ich denke, dass wir das Potential dafür in der Mannschaft haben. Allerdings, wie vorhin schon einmal gesagt: Die Saison hat erst begonnen und wir haben kürzlich leider auch unseren Kapitän, unseren Top-Stürmer, der auch die meisten Tore macht, mit einem Kreuzbandriss verloren. Aber wir rücken einfach noch enger zusammen, geben weiter Vollgas und schauen von Spiel zu Spiel, wie man auf gut Deutsch sagt … (lacht) ... Wir schauen einfach darauf, dass wir immer das Bestmögliche rausholen.

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„Wir haben letztes Jahr sehr viel von Europa gesprochen und es dann gegen Ende der Saison leichtsinnig nochmal hergegeben. Ich persönlich greife das auf jeden Fall auf: Europa ist unser Ziel!“

Valentino Lazaro

krone.at: Und was persönliche Ziele anbelangt? Gibt es da irgendetwas, das Du Dir vorgenommen hast?
Lazaro: Nach jedem Urlaub kommt man als Spieler zurück und macht sich ein paar Gedankenspiele, man setzt sich ein paar Ziele. Für mich war es so, dass ich wieder zurück in die Stammformation will. Ich bin in meinem dritten Jahr hier und es gibt viele neue Spieler, die kürzer da sind als ich – da nehme ich natürlich schön langsam eine Führungsrolle ein, das will ich auch am Platz zeigen. Deswegen tue ich alles dafür, diesen Stammplatz auch nicht mehr herzugeben. Ich will auch wieder gefährlicher vor dem Tor sein, langsam auch mein erstes Tor machen.

Torino-Trainer Paolo Vanoli (Bild: ASSOCIATED PRESS)
Torino-Trainer Paolo Vanoli

krone.at: Dein neuer Trainer Paolo Vanoli hat in seiner aktiven Zeit vor allem die Außenbahnen beackert, dabei sogar einen Treffer im UEFA-Cup-Finale 1998/99 für Parma erzielt. Wie wirkt sich Vanolis Vergangenheit auf den Flanken-Positionen auf Deine Gegenwart auf denselbigen aus? Gibt er Dir da spezielle Sachen vor?
Lazaro: Sehr, auf jeden Fall! Ich merke es bei jedem Training und habe auch sehr, sehr viele Gespräche mit ihm. Von der Besessenheit für Details her ist er ein bisschen wie Antonio Conte, was auch kein Wunder ist, denn er ist ja auch Teil von Contes Trainerteam gewesen, als ich bei Inter Mailand war. Ich habe damals schon gut mit ihm zusammengearbeitet – und tue es jetzt wieder, ich habe eine sehr gute Beziehung mit ihm. Er versucht immer, mir weiterzuhelfen: dass ich erstens für die Mannschaft das Beste reinbringe und zweitens natürlich auch für mich persönlich, dass ich mich in besseren Positionen finde, weil er da natürlich die Expertise und die Erfahrung hat.

Valentino Lazaro (Bild: laPresse / EXPA / picturedesk.com)
Valentino Lazaro

krone.at: Es gibt Spieler, die sind genau auf einer Position einsetzbar – und es gibt universelle Spieler wie Dich. Siehst Du es eher als Fluch oder eher als Segen, so flexibel einsetzbar zu sein?
Lazaro: Es ist teils beides! In den vergangenen Jahren habe ich mir immer gewünscht, dass ich meine fixe Position habe, weil es dann einfacher wird. Wenn du ein bisschen ein „Schwimmer“ bist, hast du fünf, sechs Spiele gespielt und dann hast du zwei, drei Partien wieder auf der Bank gesessen. Und das war nicht das Ziel! Ich weiß, die Außenpositionen kann ich beide belegen – es macht mir gar nichts aus, ob ich rechts oder links spiele. Und ich denke, der Trainer weiß das auch: Er hat mich diese Saison schon vier oder fünf Mal links eingesetzt und dann zwei, drei Mal rechts. Er weiß, dass ich auf beiden Positionen meine Leistung bringe und schnell umswitchen kann. Deshalb freut es mich, dass er mir das Vertrauen gibt und ich freue mich auch dass ich bis jetzt in allen Spielen starten durfte.

krone.at: Lass uns ein kleines Quiz wagen: Welche Österreicher haben bisher schon für den FC Turin hier in Turin gewirkt? Welche kennst Du?
Lazaro: (lacht) Toni Polster kenne ich natürlich! Er hat mir damals, als ich nach Turin gekommen bin, über Instagram viel Glück gewünscht. Mit der Geschichte von diesem Verein und der Vorgeschichte, dass Spieler wie Toni Polster schon hier waren, ist das etwas ganz Besonderes.

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„In den Katakomben sieht man sehr, sehr viele alte Fotos. Und da habe ich auch schon Toni Polster entdeckt. Und „Schoko“ Schachner auch ...“

Valentino Lazaro

krone.at: Weitere Österreicher kennst Du nicht?
Lazaro: Der „Schneckerl“ war auch da, oder nicht?

krone.at: Nein, die Generation passt zwar, aber nein …
Lazaro: Die Generation passt?

krone.at: Das „Sch“ passt, aber nicht „Schneckerl“, sondern „Schoko“ ...
Lazaro: „Schoko“ Schachner, sorry! (lacht)

krone.at: Jürgen Säumel war der letzte Österreicher vor Dir hier beim FC Torino. Es gibt aber noch ein paar, die Du wahrscheinlich nicht kennen kannst: Heinrich Schönfeld, Karl Stürmer, Anton Cargnelli …
Lazaro: Karl Stürmer sagt mir noch etwas ...

krone.at: Erinnert man sich hier noch an die Österreicher? Wenn ich die Presseleute fragen würde: Erinnern die sich noch an einen Toni Polster oder an einen „Schoko“ Schachner?
Lazaro: (grinst) Das sollten sie! Wie gesagt, Torino ist so ein traditionsreicher Verein und in den Katakomben sieht man sehr, sehr viele alte Fotos. Und da habe ich auch schon Toni Polster entdeckt. Und „Schoko“ Schachner auch … (lacht) …

Valentino Lazaro im ÖFB-Teamdress (Bild: GEPA)
Valentino Lazaro im ÖFB-Teamdress
Valentino Lazaro im ÖFB-Teamdress (Bild: GEPA)
Valentino Lazaro im ÖFB-Teamdress

krone.at: Du hast mit Deinen 28 Jahren bisher 36 Länderspiele absolviert und dabei drei Tore erzielt, das Debüt am 30. Mai 2014 noch unter Marcel Koller gefeiert – seit der Endzeit der Ära Franco Foda und auch aktuell unter Teamchef Ralf Rangnick scheinst Du keine Rolle mehr zu spielen, im Out zu sein. Wieso ist Dein Typ, wie’s scheint, einfach nicht mehr gefragt?
Lazaro: Das muss man andere Leute fragen … (lächelt etwas gequält) … Das weiß ich wirklich selbst auch nicht ...

krone.at: Wie wird dahingehend mit Dir kommuniziert?
Lazaro: Das ist das, was mich am traurigsten macht nach so vielen Jahren im Nationalteam: dass ich vonseiten des ÖFB keinen Anruf oder keine Nachricht bekommen, sondern wirklich jedes Mal aus den Medien erfahren habe, dass ich nicht dabei bin. Ich glaube, in letzter Zeit nicht einmal mehr auf Abruf. Das ist etwas, was schon weh tut, nachdem man acht Jahre voller Stolz ein Land vertreten hat ...

Valentino Lazaro mit dem damaligen ÖFB-Teamchef Marcel Koller (Bild: GEPA)
Valentino Lazaro mit dem damaligen ÖFB-Teamchef Marcel Koller
Valentino Lazaro mit dem damaligen ÖFB-Teamchef Marcel Koller (Bild: GEPA)
Valentino Lazaro mit dem damaligen ÖFB-Teamchef Marcel Koller

krone.at: Jetzt könnte man sagen, dass während Deiner Zeit bei Inter, als Du immer wieder verliehen gewesen bist, vielleicht der Spielfluss, die Spielpraxis gefehlt haben könnte – aber inzwischen bist Du bei Torino doch wieder sehr gesettelt …
Lazaro: Genau! Selbst während meiner Ausleihezeiten gab’s immer einen gesunden Austausch, wie: „Jetzt hast Du die letzten Wochen nicht gespielt“, oder „Jetzt hast Du wieder einmal gespielt. Wir freuen uns, dass Du wieder kommst“. Nach so vielen Jahren, in denen man dabei ist, ein fester Teil des Nationalteams gewesen ist, würde es einen schon freuen, wenigstens einen Anruf zu bekommen. Auch wenn man dann nur hören sollte: „Du bist nicht mehr dabei“ oder „In nächster Zeit wird es eher nichts mehr, schauen wir einmal für die Zukunft“. Das ist etwas, das ich, offen gesagt, schon sehr, sehr schade finde. Auch sehr weh getan hat es, damals unter Marcel Koller, als ich vor der EURO 2016 aus dem Kader gestrichen worden bin, nachdem ich bei der Quali und im letzten Trainingslager auch noch dabei gewesen wäre ...

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„Nach so vielen Jahren, in denen man dabei ist, ein fester Teil des Nationalteams gewesen ist, würde es einen schon freuen, wenigstens einen Anruf zu bekommen.“

Valentino Lazaro

krone.at: Beim letzten Cut bist Du dann rausgeflogen …
Lazaro: Genau, beim letzten Cut! Dann habe ich mich so gefreut, alles zu geben für die nächste EURO, in der Quali auch alle Spiele gemacht, zwei Tore erzielt sowie ein, zwei vorbereitet und ein fester Bestandteil des Teams gewesen. Dann steigt nach fünf Jahren, wegen Covid wurde ja alles um ein Jahr verschoben, die EURO – und dann sitzt du während des ganzen Turniers praktisch nur auf der Bank. Das hat mir dann unter Franco Foda auch schon ein bisschen wehgetan.

Valentino Lazaro mit dem damaligen ÖFB-Teamchef Franco Foda (Bild: GEPA)
Valentino Lazaro mit dem damaligen ÖFB-Teamchef Franco Foda

krone.at: Danach ist es weitergegangen mit Ralf Rangnick …
Lazaro: Wenn dann ein neuer Trainer kommt, der natürlich auch neue Ideen hat, ist es sehr schade, wenn man im ersten Lehrgang nie auf seiner eigentlichen Position trainiert. Und dann wird dir einen Tag vor dem Spiel bei Dänemark gesagt, du spielst doch auf deiner Position, aber mit einer komplett neuen Mannschaft, mit komplett neuer Spielidee – gegen einen sehr, sehr starken Gegner. Und dann wirst du auch noch nach 45 Minuten ausgewechselt, danach ohne ein Wort nicht mehr einberufen – das ist schon sehr, sehr hart. Aber wie gesagt, ich gebe weiter Vollgas und ich hoffe, dass irgendwann einmal die Chance kommt und ich zeigen darf, dass ich in dieses Team gehöre ...

(Bild: GEPA)

krone.at: Gibt es irgendetwas, das Du Dir persönlich vorwerfen könntest? Hast Du einmal den Teamchef nicht gegrüßt oder den Sportdirektor? Oder bist auf dem falschen Parkplatz gestanden?
Lazaro: (lacht) Nein, von diesen Sachen gibt es gar nichts. Ich respektiere alle beim ÖFB wie immer, ich komme zu jedem Lehrgang mit einem Lächeln und versuche mein Bestes zu geben. Klar gibt es Tage, wo du mal besser spielst, wo du mal schlechter spielst oder wo es nicht so funktioniert – so ist das Geschäft. Wie gesagt, eine Kommunikation wäre etwas, was mich schon gefreut hätte – aber ich bin auch nicht nachtragend. Ich hoffe, dass ich hier meine Leistungen zeigen kann und dass, Gott weiß, vielleicht die Chance wieder einmal kommt, dass ich den Adler auf der Brust tragen darf, dass ich zeigen kann: Hey ich gehöre hierhin!

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„Ich hoffe, dass ich hier meine Leistungen zeigen kann und dass, Gott weiß, vielleicht die Chance wieder einmal kommt, dass ich den Adler auf der Brust tragen darf ...“

Valentino Lazaro

krone.at: Also nicht nur den Turiner Bullen auf der Brust – oder sagen wir Turiner Stier. Obwohl bei Deiner Salzburg-Vergangenheit auch der Bulle ein gutes Stichwort hergibt: Dass Du grundsätzlich nicht für Rangnick-Fußball geeignet bist, kann man ja wahrscheinlich auch nicht unbedingt sagen, oder?
Lazaro: Nicht unbedingt! Ich habe ja diese Red-Bull-Schule jahrelang praktiziert, das steckt ja in mir. Und wenn du so viel Erfahrung in so vielen Vereinen sammelst, dann lernst du auch, dich zu adaptieren. Das heißt, wenn jetzt etwas anderes gefragt wäre, bin ich mir ziemlich sicher, dass ich das auch reinbringen kann. Wie gesagt, ich würde mich freuen, wenn ich irgendwann wieder diese Chance bekommen würde ...

Valentino Lazaro im ÖFB-Teamdress (Bild: GEPA)
Valentino Lazaro im ÖFB-Teamdress

krone.at: Wie geht’s Dir damit, wenn Du aktuell nur via TV zuschauen kannst, wenn Österreich auf internationaler Ebene auftritt, wie etwa im Sommer bei der Fußball-EM oder dieser Tage in der Nations League gegen Kasachstan oder Norwegen?
Lazaro: In erster Linie bin ich der Nummer-1-Fan, wenn ich nicht dabei bin! Ich schaue jedes Spiel und hoffe, dass wir gute Ergebnisse erzielen. Es ist nicht so, dass ich sauer da sitze und mir denke: „Hoffentlich spielen die jetzt schlecht!“ (lacht) So ist es nicht! Das Nationalteam und das Land stehen im Vordergrund, das ist klar. Aber natürlich: Als Fußballer tut einem das Herz schon ein bisschen weh, wenn man nicht dabei sein kann, wenn man weiß, dass man die Qualität hat. Nach Spielen werde ich hier in Italien oft von den Medienvertretern gefragt, warum ich nicht beim Nationalteam von Österreichdabei bin, weil sie das nicht verstehen. Und ich habe da keine Antwort drauf ... (überlegt kurz) Ich muss einfach Gas geben und hoffe, dass irgendwann einmal wieder ein Anruf kommt. Das würde mich sehr, sehr freuen!

krone.at: Also gibt es nicht den Gedanken, dass es eine völlig andere personelle Konstellation bräuchte, um vielleicht dorthin zurückzukehren?Lazaro: Von meiner Seite überhaupt nicht!

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