Um eine Überschwemmungskatastrophe zu verhindern, ließ ein Tiroler Bürgermeister eine vermeintliche Bach-Verklausung entfernen. Pech: Es war das Werk eines geschützten Nagers. Die „Affäre“ endete vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol.
Handle ich im Rahmen der vielen Gesetze und Vorschriften? Gerade Bürgermeister mit ihren zahlreichen Aufgabengebieten bewegen sich in einem Paragrafendschungel – und schneller als erwartet ist mancher in Übertretungen bis hin zum Amtsmissbrauch verwickelt.
Meldung wegen befürchteter Flutgefahr
Im vorliegenden Fall hatten besorgte Bürger einer Tiroler Kleingemeinde gemeldet, dass in einem Bach Material angestaut worden sei, sich ein Damm gebildet habe. Eine Gefahr bei einem Unwetter? Erinnerungen an ein Überschwemmungsunglück im Ort wurden wach.
Der Bürgermeister reagierte, beauftragte den Bauhof-Chef mit der Entfernung der quer liegenden Äste, der wiederum ein gleich daneben angesiedeltes Unternehmen einschaltete.
Zunächst 1500 Euro Geldstrafe verhängt
Prompt zeigte ein Bürger dies bei der Polizei an und die BH stellte später fest: Hier wurde ein Biberdamm zerstört, obwohl das Tiroler Naturschutzgesetz jede „Beschädigung und Vernichtung der Fortpflanzungs- und Ruhestätten“ von Bibern verbietet. Folge: 1500 Euro Geldstrafe oder 16 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe für den Tiroler Dorfchef.
Im gesamten Verwaltungsgebiet der Gemeinde war die Existenz eines Bibers und eines Biberdammes weder bekannt noch aus früherer Zeit zu vermuten.
Aus dem Einspruch des Bürgermeisters
Bürgermeister: „Biber hier nie bekannt“
Dieser wehrte sich mit anwaltlicher Hilfe mit einem Einspruch beim Landesverwaltungsgericht (LVwG). Tenor: Die Existenz eines Bibers an diesem Bach sei weder aktuell noch vorher bekannt gewesen. Bei der Abwehr einer Katastrophe sei das Naturschutzgesetz zudem nicht wirksam.
Machte Biber-Damm ein Hochwasser gefährlicher?
Das Gericht wollte daraufhin von der Abteilung Wasserwirtschaft wissen, ober der Biberdamm überhaupt einen negativen Einfluss auf die Hochwasserlage am Bach gehabt hätte. Antwort: Nein, der Bach werde im Extremfall auch ohne Biberbau zurückgestaut – keine zusätzliche Gefahr.
Ein unerfreulicher Befund für den Bürgermeister, doch in der 21-seitigen Erkenntnis des LVwG wird er doch noch entlastet: Ein Laie, so heißt es, habe von einer drohenden Hochwassergefahr ausgehen müssen, inklusive betroffener Gebäude. Daher sei die Entfernung des Biber-Dammes ein „entschuldbarer Irrtum“ gewesen. Der Strafbescheid der BH wurde aufgehoben.
Gute Nachricht für Tierfreunde: Laut Expertenbefund habe es sich gar nicht um den Hauptdamm des Bibers gehandelt, obdachlos wurde er durch die „Affäre“ nicht.
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