Die Vorarlberger Wirtschaftskammer präsentierte am Montag ein Grundsatzpapier zur Stärkung des Standortes. Es gibt demnach für die kommende Landesregierung viel zu tun.
Seit Montag laufen die Koalitionsgespräche zwischen ÖVP und FPÖ. Die Vertreter der heimischen Wirtschaft haben aber bereits jetzt eine genaue Vorstellung, wo die künftige Landesregierung die Hebel ansetzen muss. Nachdem die Vorarlberger Industriellenvereinigung vor zwei Wochen mit einem „Forderungskatalog“ vorgeprescht war, hat nun auch die hiesige Wirtschaftskammer ein Grundsatzpapier vorgestellt – dieses dient einerseits als Leitplanke für die wirtschaftspolitische Agenda der Interessensvertretung in kommenden Jahren, andererseits soll es aber auch eine Blaupause für die künftige Landesregierung sein. Der „Wunschzettel“ ist lang, die wichtigsten Forderungen im Überblick:
Entbürokratisierung: „Damit unsere Unternehmen Luft zum Atmen haben, brauchen wir eine massive Beschleunigung bei Genehmigungsverfahren und eine deutliche Reduktion bei Gesetzen und Richtlinien“, betont WKV-Präsident Wilfried Hopfner. Richtlinien und Gesetze seien vor dem Erlass auf deren Auswirkungen bei der Anwendung zu prüfen und sollten nur bei absoluter Notwendigkeit beschlossen werden. Zudem gelte es, eine „Entbürokratisierungsstelle“ mit klar geregelten Kompetenzen und Verantwortungsbereichen einzurichten.
Eine ausreichende Zahl an Fachkräften sicherstellen: Angesichts des demografischen Wandels müsse der Anteil erwerbstätiger Menschen so hoch wie möglich gehalten werden. Wenn immer mehr Menschen weniger arbeiten, lasse sich der Wohlstand nicht erhalten, warnt Hopfner. Als flankierende Maßnahmen fordert die WKV einen konsequenten Ausbau der Kinderbetreuung und eine forcierte Digitalisierung.
Regionale Aufträge für die heimische Wirtschaft: Um die regionalen Unternehmen zu unterstützen, wünscht sich die Kammer effektive Maßnahmen, damit öffentliche Großaufträge in erster Linie den heimischen Betrieben zugute kommen.
Wenn wir den hart erarbeiteten Wohlstand erhalten und dem Arbeits- und Fachkräftemangel begegnen wollen, müssen wir allein schon aufgrund der demografischen Entwicklung möglichst viele Menschen in Beschäftigung haben.
WKV-Präsident Wilfried Hopfner
Förderung von Forschung und Entwicklung: Die WKV will, dass im Zuge der derzeit ausgearbeiteten neuen Forschungsstrategie der Transfer von Forschungsergebnissen und der Zugang für Unternehmen in die jeweiligen Netzwerke garantiert wird, damit sich im Ländle eine aktive Startup-Szene entwickeln kann.
Neue Parameter für Raumplanung und den „Lebensraum Vorarlberg“: Gefordert wird eine „zukunftsorientierte Raumplanung“, die den sich verändernden Anforderungen der Menschen und der Wirtschaft in den Bereichen Wohnen und Arbeiten gerecht wird. Unter anderem brauche es verstärkte Gemeindekooperationen, eine Vereinfachung von Verfahren und landesweite Richtlinien für verdichtendes Bauen in dafür geeigneten Gebieten. Generell gelte es, die „Landesgrünzone“ als „Landesentwicklungszone“ neu zu definieren.
Schaffung von bezahlbarem Wohnraum: Leistbares Eigentum und leistbare Mieten seien für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung einer Region von zentraler Bedeutung. Neben gezielten finanziellen Anreizen gelte es vor allem, den Knäuel an baurechtlichen Vorgaben zu entwirren und zu harmonisieren sowie die Verfahren effizienter zu machen. Unter anderem schlägt die WKV einen Bonus für verdichtendes Bauen sowie eine Sanierungsoffensive vor.
Versorgungssicherheit und wettbewerbsfähige Energiepreise garantieren: Die WKV plädiert für einen „technologieoffenen Ansatz“ – dieser sei für den Ausbau einer zukunftsfähigen Energie-Infrastruktur maßgeblich. Neben der Förderung von Solar- und Windenergie müsse der Einsatz von Wasserstofftechnologien vorangetrieben werden. „Letztlich braucht es mehr und gezieltere Investitionsanreize für Unternehmen beim Einsatz oder beim Umstieg auf erneuerbare Energieträger“, betont WKV-Vize Edi Fischer.
Verbesserte Anbindungen in alle Himmelsrichtungen: Eine zweigleisige Anbindung ans deutsche Bahnnetz sei für die heimische Wirtschaft elementar – dies gehöre nun rasch und professionell umgesetzt. Zudem müsse die Arlbergstrecke ausgebaut werden, langfristig soll es aber ein Arlbergbasistunnel sein. Ebenfalls wichtig: eine Erweiterung des Güterterminals Wolfurt.
Ein weiteres Theater wie bei der Bodenseeschnellstraße S18 sollte verhindert werden.
WKV-Vizepräsident Edi Fischer
Digitalisierung und Innovation: Um angesichts der rasanten technologischen Entwicklung den Anschluss nicht zu verlieren, müsse die Innovationsdynamik gezielt gesteigert werden. „Unser Zielbild ist ein lebendiges Innovationsökosystem, das auf unseren Werten und Tugenden aufbaut und mit Weitblick und Offenheit neue Chancen und Möglichkeiten erkennt, anpackt und entwickelt“, so WKV-Vizepräsident Stefan Hagen.
Bildung und Jugend: Die Wirtschaftskammer unterstützt das landespolitische Ziel, Vorarlberg zum „chancenreichster Lebensraum für Kinder und Jugendliche“ zu machen. Neben der schulischen und akademischen Bildung werde die berufliche Ausbildung eine stärkere Bedeutung erlangen. Zudem gelte es, die für Vorarlberg so wichtige Lehre auch weiterhin zu priorisieren – auch künftig sollen sich rund 50 Prozent der Jugendlichen für eine duale Ausbildung entscheiden.
Trotz der vielen Herausforderungen blickt Hopfner positiv in die Zukunft: „Vorarlberg hat schon viel gemeistert. Gemeinsam und miteinander wird uns auch künftig viel gelingen.“
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