Wichtiges Referendum

Hauchdünne Mehrheit für EU-Kurs in Moldau

Außenpolitik
21.10.2024 17:27

Bei einem Referendum in der Ex-Sowjetrepublik Moldau hat die Bevölkerung mit hauchdünner Mehrheit für die Verankerung eines EU-Kurses in der Verfassung gestimmt. Nach Auszählung fast aller Wahlzettel (99,7 Prozent) stimmten laut Wahlkommission 50,46 Prozent der Teilnehmer für die Änderung der Verfassung.

Den Ausschlag gaben offenbar Hunderttausende Moldauer, die im Ausland leben – vor allem in der EU. Die prowestliche Staatschefin Maia Sandu dankte der Diaspora, die die Abstimmung „gerettet“ habe. Moldau mit 2,5 Millionen Einwohnern ist zwischen dem Westen und Russland traditionell hin- und hergerissen. Das verarmte Agrarland, gelegen zwischen EU- und NATO-Mitglied Rumänien und der von Russland angegriffenen Ukraine, ist ein EU-Beitrittskandidat.

Präsidentin Maia Sandu beklagte pro-russische Manipulationsversuche beim Verfassungsreferendum und bei der Präsidentschaftswahl. (Bild: APA/AP)
Präsidentin Maia Sandu beklagte pro-russische Manipulationsversuche beim Verfassungsreferendum und bei der Präsidentschaftswahl.

Gleichzeitig fanden am Sonntag auch eine Präsidentschaftswahl statt. Sandu kam unter den insgesamt elf Kandidaten zwar als erste durch Ziel, verfehlte aber die absolute Mehrheit und muss deshalb in zwei Wochen in eine Stichwahl. Die 52-Jährige bat um die Stimmen jener Wähler, die für einen der vier anderen pro-europäischen Kandidaten gestimmt hätten. 

Sandu muss gegen Ex-Generalstaatsanwalt in die Stichwahl
Die Beteiligung an der Abstimmung über das Präsidentenamt lag nach Angaben der Wahlkommission bei 51,68 Prozent. Nach Auszählung von mehr als 99 Prozent der Wahlzettel kam Sandu auf rund 42,3 Prozent der Stimmen. Bei der zweiten Runde am 3. November wird der frühere Generalstaatsanwalt Alexandr Stoianoglo ihr Gegner sein. Er erhielt 26 Prozent der Stimmen und trat für die traditionell starke Sozialistische Partei des prorussischen Ex-Präsidenten Igor Dodon an.

Ex-Generalstaatsanwalt Alexandr Stoianoglo will Präsidentin Maia Sandu ablösen. (Bild: APA/AFP/Daniel MIHAILESCU)
Ex-Generalstaatsanwalt Alexandr Stoianoglo will Präsidentin Maia Sandu ablösen.

Die Amtsinhaberin informierte die Öffentlichkeit auch über „Beweise, dass 300.000 Stimmen gekauft worden sind“. Dutzende Millionen Euro seien von kriminellen Gruppierungen im Zusammenspiel mit ausländischen Mächten ausgegeben worden, um Lügen und Propaganda zu verbreiten. Details nannte die Staatschefin nicht. Eine BBC-Reporterin fand sogar Wähler, denen Geld für ein bestimmtes Stimmverhalten versprochen worden war. Eine angesprochene Frau gab das zu, wollte aber nicht verraten, wofür bzw. für welchen Kandidaten sie stimmen musste (siehe Video unten).

EU und Russland mit gegenseitigen Vorwürfen
Allerdings hatten moldauische Sicherheitskräfte schon vor der Abstimmung Wählerbestechung und pro-russische Desinformation aufgedeckt. Der Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell, Peter Stano, sprach am Montag in Brüssel von einer gezielten russischen Kampagne zur „Einschüchterung“ und „Einmischung“ in dem südosteuropäischen Land. Russland fordere Beweise für die von Sandu erhobenen schweren Anschuldigungen, sagte hingegen Kremlsprecher Dmitri Peskow.

Der Kreml wiederum warf der Europäischen Union vor, mit Versprechen in Milliardenhöhe Einfluss auf die Abstimmung genommen zu haben. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte bei einem Besuch in Chisinau und einem Treffen mit Sandu kurz vor der Abstimmung 1,8 Milliarden Euro an Fördergeld in Aussicht gestellt. Die Finanzspritze soll erklärtermaßen vor allem das Wachstum ankurbeln, Arbeitsplätze schaffen sowie Dienstleistungen und Infrastruktur verbessern.

Als einflussreicher Akteur in der moldauischen Politik gilt neben Russland der ins Ausland geflüchtete moskautreue Oligarch Ilan Shor. Er wurde in seiner Heimat wegen Geldwäsche und Betrug in Abwesenheit zu 15 Jahren Haft verurteilt und ist zur Fahndung ausgeschrieben. Russischen Staatsmedien zufolge warf Shor seiner Rivalin Sandu vor, bei der Wahl gescheitert zu sein -Moldau brauche die EU nicht.

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