Kritik von Ärzten

Haft droht: Streit in Italien um Leihmutterverbot

Ausland
22.10.2024 10:43

In Italien ist das kommerzielle Austragen von Kindern durch fremde Mütter bereits seit 2004 verboten. Nun gibt es Streit wegen eines neuen Gesetzes, das auch verbietet, von Leihmüttern im Ausland Kinder austragen zu lassen. 

Die Ärzteschaft wies Forderungen der Rechtsregierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, solche Fälle aus dem Ausland bei den italienischen Behörden künftig gleich zu melden, als Aufruf zur „Denunziation“ zurück. Häufig geht es dabei um Leihmutterschaften in Ländern wie der Ukraine oder Georgien.

Künftig Haftstrafe möglich
Mit der Mehrheit der seit zwei Jahren amtierenden Rechts-Koalition hat das Parlament vergangene Woche nun ein Gesetz verabschiedet, das auch Strafen für italienische Paare vorsieht, die Frauen im Ausland für solche Dienste in Anspruch nehmen. Darauf stehen künftig bis zu zwei Jahre Haft und bis zu einer Million Euro Geldstrafe.

Über Leihmutterschaft

Bei einer Leihmutterschaft trägt eine Frau für sogenannte Wunscheltern ein Kind aus und überlässt ihnen dieses nach der Geburt. Nach Schätzungen nehmen in Italien pro Jahr etwa 250 Paare die Dienste von ausländischen Leihmüttern in Anspruch. In großer Mehrheit handelt es sich dabei um heterosexuelle Beziehungen.

Proteste gegen Beschluss
Die Koalition aus drei rechten und konservativen Parteien begründet das Verbot damit, dass die traditionelle Familie besser geschützt werden solle. Aus Sicht von Kritikern wird hingegen homosexuellen oder unfruchtbaren Paaren die Möglichkeit genommen, eigene Kinder zu bekommen. Deshalb gab es gegen den Beschluss schon vergangene Woche Protest.

Leihmutterschaften „schlimmer als Pädophilie“
Für neue Aufregung sorgte nun Familienministerin Eugenia Roccella. Die Abgeordnete von Melonis Rechtspartei Fratelli d‘Italia (Brüder Italiens) sagte dem TV-Sender La7: „Ein Beamter – und auch ein Arzt – ist verpflichtet, Fälle von vermuteten Verstößen gegen das Leihmutterschaftsgesetz der Staatsanwaltschaft zu melden.“ Für sie gebe es „keinen Unterschied“ zwischen Leihmutterschaften sowie dem Kauf oder Verkauf eines Kindes, was überall auf der Welt ein Verbrechen sei. Andere Fratelli-Politiker hatten zuvor geäußert, Leihmutterschaften seien „schlimmer als Pädophilie“.

Der Präsident des italienischen Ärzteverbandes Fnomceo, Filippo Anelli, wies die Aufforderung der Ministerin zurück. „Unsere Aufgabe ist es zu heilen, nicht zu denunzieren.“

Geburtenrate niedrig
In Italien herrscht „demografischer Winter“

Die Geburtenrate in Italien ist im Jahr 2023 weiter gesunken. 379.000 Geburten wurden im vergangenen Jahr gemeldet, das sind 14.000 weniger als 2022, teilte Italiens Statistikamt ISTAT kürzlich mit. Das entspricht 6,4 Geburten pro 1000 Einwohnern. Die Zahl der Geburten in Italien ist seit 2008, dem letzten Jahr mit einem Anstieg, um 34,3 Prozent zurückgegangen.

Die durchschnittliche Zahl der Kinder pro Frau sank von 1,24 im Jahr 2022 auf 1,20 im Jahr 2023. Das historische Minimum liegt bei 1,19 Kindern, das 1995 registriert wurde.

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