Urteile gefällt

Spionageprozess in Tirol: Drei Türken vor Gericht

Tirol
23.10.2024 17:37

In einem Spionageprozess gegen drei in Tirol lebende Türken sind am Mittwoch die Urteile vor Gericht gefallen. Die Erstangeklagte sowie der Zweitangeklagte wurden wegen der Weitergabe von Informationen über hierzulande aufhältige Landsleute an den türkischen Geheimdienst MIT zu unbedingten Geldstrafen in Höhe von 3240 Euro bzw. 2700 Euro verurteilt. Der Drittangeklagte wurde davon hingegen freigesprochen.

Sie sollen den türkischen Geheimdienst MIT von Tirol aus mit Informationen über hierzulande aufhältige Landsleute versorgt haben. Zwei von ihnen wurde vorgeworfen, Männer mit einer List in die Türkei gelockt zu haben, wo diese vom Geheimdienst verhört wurden. Die Angeklagten hatten am ersten Verhandlungstag am Montag auf „nicht schuldig“ plädiert.

Video übermittelt
Außerdem sollen die drei mutmaßlichen Spione – zwei Männer und eine Frau – laut Anklage dem türkischen Nachrichtendienst Milli Istihbarat Teşkilatı ein kompromittierendes Video eines in Österreich tätigen Religionslehrers übermittelt haben. Die weitergeleiteten Informationen betrafen solche über Mitglieder der oppositionellen Gülen-Bewegung sowie über der kurdischen Arbeiterpartei (PKK) nahestehende Personen.

Die vorgeworfene Liste betraf das angebliche Versprechen eines Goldgeschäftes, mit dem die zwei Angeklagten mehrere Männer in die Türkei gelockt hatten und anschließend vom Geheimdienst verhört worden sind. Den drei Angeklagten droht im Falle einer Verurteilung eine bis zu zehnjährige Haftstrafe.

Klare Verbindungen zum MIT
In seinem Schlussplädoyer am Mittwoch betonte der Staatsanwalt, dass man aus der „Lebensweise“ der Angeklagten klare Verbindungen zum MIT ableiten könne. „Es gibt, anders als von den Angeklagten betont, sehr wohl noch einen Bezug zur Türkei und dort zu rechtsextremen Bewegungen“, führte der öffentliche Ankläger aus.

Gerade weil die Angeklagten unauffällig wirkten und – im Falle der Erst- und des Zweitangeklagten – eher wenig gebildet seien, liege der Spionageverdacht nahe. „Um flächendeckend zu bespitzeln, braucht es eben die Reinigungskraft und den normalen Arbeiter“, argumentierte er. Dass die Geschichte „nebulös“ sei, sei im Sinne der Sache: „Geheimdienste arbeiten verdeckt und eben nebulös und schwer greifbar.“

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Es gibt, anders als von den Angeklagten betont, sehr wohl noch einen Bezug zur Türkei und dort zu rechtsextremen Bewegungen.

Staatsanwalt vor Gericht

„Keine Hinweise“
Die Verteidiger der Angeklagten widersprachen den Ausführungen des öffentlichen Anklägers vehement. „Wir haben es hier definitiv nicht mit dem Geheimdienst und mit Spionen zu tun“, sagte die Verteidigerin des Erstangeklagten. Alle Zeugen hinsichtlich des „Goldgeschäftes“ hätten nämlich verdeutlicht, dass sie es mit „Betrügern zu tun hatten“, sicher aber nicht mit dem MIT. Dem schloss sich auch der Verteidiger des Zweitangeklagten an: „Es gibt keine Hinweise darauf, dass jemand hier Mitglied des MIT ist oder damit zu hat“, sagte er. Der Verteidiger des Drittangeklagten spitzte diese Feststellung zu: „Es bleibt überhaupt nichts von der Anklage übrig“. Am späten Vormittag zogen sich die Geschworenen zur Beratung zurück.

Die drei Angeklagten hatten am Montag am ersten Verhandlungstag alle Schuld weit von sich gewiesen. „Ich habe nichts mit dem MIT zu tun, weiß nichts von Goldgeschäften und habe auch kein einschlägiges dreihundertseitiges Dossier mit Namen verfasst“, sagte die Erstangeklagte vor dem Geschworenengericht. In dem gegenständlichen Dossier – in dem laut Anklageschrift vor allem Namen von Anhängern der Gülen-Bewegung standen – sei in Wahrheit etwas gänzlich Anderes zu finden.

„Vereinsstreitigkeiten“ in der Moschee
Auch der Zweitangeklagte – der Ehemann der Erstangeklagten – wollte das Goldgeschäft, mit dem man zwei Männer in die Türkei lockte – nicht wirklich kommentieren. Er habe zwar mit einer Person darüber gesprochen, mit der MIT, hätte aber all das nichts zu tun. Das Video habe er zwar „tatsächlich weitergeleitet“, jedoch nicht an den MIT, sondern mit der Intention, dass der darauf zu sehende Moschee-Vorbeter „seines Amtes enthoben wird“.

Der Drittangeklagte leugnete ebenfalls jegliche MIT-Verbindung und argumentierte, dass es im 300-seitigen Dossier lediglich um „Vereinsstreitigkeiten“ in der Moschee ging. Das Video habe er zwar gesehen, jedoch „nicht weitergeleitet“. Dieses sei jedenfalls unabhängig von ihm „skandalöses Stadtgespräch“ gewesen. „Danach hat der Vorbeter einfach seine Koffer gepackt und war weg“, so der Mann.

Die drei Zeugen – die beiden Männer rund um den versprochenen Golddeal und der Vorbeter, der auf dem Video zu sehen ist – konnten ebenfalls nichts zum Geheimdienst und etwaigen Verbindungen der Angeklagten mit diesem sagen. Beide Männer waren sich einig, dass es sich bei den Männern vor Ort in der Türkei „viel eher um Betrüger als um den MIT gehandelt hat“. Der Vorbeter betonte zudem, dass er wegen „Scham“ seine Koffer gepackt und es keinen Druck aus der Türkei gegeben habe.

Die Urteile waren vorerst nicht rechtskräftig.

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