Sie sind das Zünglein an der Waage im zähen Ringen zwischen Kamala Harris und Donald Trump: die sogenannten Swing States. Genau sieben Bundesstaaten werden die US-Präsidentschaftswahl entscheiden. Warum dort im Wahlkampf jetzt jede Minute zählt.
50 Bundesstaaten bilden die Vereinigten Staaten von Amerika. In nur sieben davon wird die Wahl entschieden. Das sind die sogenannten Swing States, die Staaten mit wechselnden Mehrheiten. 43 Bundesstaaten sind also für die Wahl uninteressant, da dort eine der beiden Parteien auf ewig einbetoniert ist.
Dies gilt besonders für die republikanischen Cowboystaaten des Mittleren Westens, die allerdings vom Wahlrecht durch die Zahl der Wahlleute begünstigt sind.
Das Rennen ist eng, die Zeit ist knapp. Für Kamala Harris und Donald Trump zählt im Wahlkampf nun jede Minute. Die Demokratin und der Republikaner werden bis zur Abstimmung am 5. November vorrangig dorthin reisen, wo am Ende über die Wahl entschieden wird – in die Swing States.
Der Grund dafür ist das Wahlsystem. Genau genommen finden 51 Präsidentenwahlen statt (Staaten plus Hauptstadt Washington). Wer Präsident wird, entscheidet sich nicht anhand der Summe der landesweit abgegebenen Stimmen, sondern durch 538 Delegierte der Bundesstaaten.
Das sogenannte Wahlleute-Kollegium wird proportional nach Bevölkerungsgröße gebildet – hinzukommen noch je zwei Delegierte analog zu den Senatorensitzen der einzelnen Bundesstaaten. In allen außer zwei Staaten gilt: Wo ein Kandidat vorn liegt, bekommt er unabhängig von den genauen Stimmverhältnissen alle Wahlleute dieses Bundesstaats zugesprochen.
Experten erwarten eine knappe Entscheidung in den sieben Schlüsselstaaten. Folgend ein Überblick, welche Themen in diesen Regionen besonders bewegen:
Pennsylvania gilt in vielen US-Analysen als der vielleicht wichtigste Staat der Wahl. Wegen der hohen Zahl an Wahlleuten ist ein Gesamtsieg für beide Kandidaten ohne diesen Staat deutlich schwieriger. Wichtige Themen in dem von einer starken Mittelschicht geprägten Staat sind die hohen Lebenshaltungskosten und die umstrittene Erdgas-Gewinnung durch Fracking. Die Umfragen weisen hier keinen Favoriten aus. Der Bundesstaat wird als sogenannter „Toss-up“ ausgewiesen.
Nach sechs Siegen für die Republikaner konnte 2020 Joe Biden den Südstaat Georgia für die Demokraten gewinnen. Besonders wichtig war für diesen Erfolg der Stimmenanteil der Schwarzen, sie stellen dort rund ein Drittel aller Wähler. Im Frühjahr hatten Umfragen aber gezeigt, dass Biden gerade unter jüngeren Schwarzen Boden verlor.
Harris hat den Rückstand nur teilweise aufgeholt. In Georgia droht zudem erneut ein langes Gezerre um die Auszählung der Stimmen. Zuletzt hat die stramm konservative Wahlaufsicht entschieden, dass alle Stimmen per Hand ausgezählt werden müssen. Damit scheint Streit über Tage und Wochen möglich.
Eigentlich ist North Carolina konservativ: Mit Ausnahme von Barack Obama 2008 hat der Staat immer den republikanischen Präsidentschaftskandidaten gewählt. Doch durch viele Zugezogene und einen hohen Schwarzen-Anteil hofft Harris auf eine Überraschung.
Dafür könnte dort auch eine weitere Wahlentscheidung am 5. November sorgen: North Carolina bestimmt auch einen neuen Gouverneur. Die Republikaner haben mit Mark Robinson einen extremen Kandidaten aufgestellt, der den Holocaust leugnet, ein Abtreibungsverbot durchsetzen will und mit Skandalen für Schlagzeilen gesorgt hat.
Michigans Gouverneurin Gretchen Whitmer von den Demokraten genießt hohe Beliebtheit, sie konnte vor zwei Jahren mit fast zehn Prozentpunkten Vorsprung ihre Wiederwahl sichern. So klar wird das Ergebnis im November sicher nicht: 2016 lag Donald Trump hier nur um 11.000 Stimmen vorn, 2020 ging der Staat mit rund zwei Prozentpunkten Vorsprung an Biden.
Ob sich dieser Erfolg für die Demokraten wiederholen lässt, ist unklar, denn in dem Industriestaat leben besonders viele arabischstämmige Amerikaner, die Bidens Unterstützung für Israel kritisieren. Diese Wählergruppe hatte den Demokraten vor vier Jahren den Sieg gesichert.
Arizona an der Südgrenze östlich von Kalifornien hat sowohl bei der Präsidentschaft als auch bei den Mehrheitsverhältnissen im Senat eine Schlüsselrolle. Der progressive Demokrat Ruben Gallego hängt bei der Senatoren-Wahl in Arizona aktuell Trump-Freundin Kari Lake ab.
Dort könnte außerdem ein Volksentscheid zum Abtreibungsrecht zusätzliche Demokraten-Wähler motivieren. Auf Bundesebene sieht die Geschichte aber anders aus: Harris' Strategen blicken besorgt auf Umfragewerte unter jungen Menschen. Hier bröckelt der Rückhalt für die Demokraten. Trump hat insgesamt leichte Vorteile.
Wisconsin ist besonders umkämpft: 2016 gewann Trump dort gegen Hillary Clinton, 2020 lag Biden vor Trump. Beide Male betrug der Unterschied bei drei Millionen abgegebenen Stimmen nur rund 20.000. Aktuelle Umfragen deuten darauf hin, dass das Rennen wieder besonders knapp werden dürfte.
Nevada schickt nur wenige Wahlleute nach Washington, aber auch sie könnten entscheidend sein. Im Silber- und Wüstenstaat im Südwesten sind Wirtschaftsthemen besonders wichtig: Die Erholung nach der Corona-Pandemie verlief schleppend, die Arbeitslosigkeit zählt zu den höchsten in den USA. Rund drei Viertel der Menschen in Nevada wohnen in der bzw. rund um die Glücksspielmetropole Las Vegas. Seit 1976 haben sowohl Republikaner als auch Demokraten den Staat je sechsmal für sich entscheiden können.
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