Ein Großaufgebot der Polizei war Donnerstagfrüh im Einsatz, um ein Protestcamp in der Fischa-Au im Bezirk Wiener Neustadt zu räumen. Die Aktivisten machen sich seit Monaten gegen die Rodung von Auwald aufgrund der geplanten Ortsumfahrung stark. Das Projekt gilt als eines der umstrittensten Straßenbauvorhaben in Niederösterreich.
Mit Drohnen und einem Sonderkommando der Cobra rückte die Polizei Donnerstagfrüh an, um das Gebiet in der Fischa-Au in Liechtenwörth zu räumen. Die Versammlung sei nicht angemeldet gewesen, die Protesteilnehmer wurden mehrfach aufgefordert, das besetzte Gebiet zu verlassen, hieß es von der Polizei.
Bauprojekt sei „Grundsatzfrage“
Rund zehn Personen wollten das Camp nicht freiwillig verlassen und wurden von den Beamten davongetragen – einige Protestierende hatten sich in Baumhäusern versteckt. Barrikaden und das sogenannte Protestbaumhaus wurden von den Einsatzkräften entfernt. Bis zum Mittag wurde die laut Polizeisprecher Raimund Schwaigerlehner „friedlich verlaufene Versammlung“ vollständig aufgelöst. Lediglich eine vorläufige Festnahme sei ausgesprochen worden.
Die Aktivisten der Initiative „Vernunft statt Ostumfahrung“ machen sich in der Au im Raum Lichtenwörth seit Monaten gegen die geplante Ostumfahrung Wiener Neustadt stark. Besonders kritisch wird der Umstand betrachtet, dass für das Projekt Teile eines Auwaldes gerodet werden sollen, der als wertvolles Schutzgebiet in Niederösterreich klassifiziert ist.
Die Demonstrierenden sehen das Bauprojekt auch als Grundsatzfrage an, wie viel „Bodenfraß“ sich Österreich – insbesondere Niederösterreich – in Zukunft noch leisten könne. Denn die Wiener Neustadt zählt schon heute zu den meist bebauten Städten in ganz Österreich.
Negative Auswirkungen auf Gesundheit
Laut der Organisation würden durch den Bau der Straße „ertragreiche Ackerflächen und ein Naherholungsgebiet unwiederbringlich zerstört“. Grundbesitzer und Biobauern würden enteignet und sehen den Bau als „Türöffner, dass irgendwann die ganze Gegend verbaut sein wird“.
Klimaschützer kritisieren das seit Jahrzehnten geplante Projekt als „völlig aus der Zeit gefallen“, während Ärzte auf die negativen Auswirkungen der Ostumfahrung auf Gesundheit und Lebensqualität hinweisen. Im Gegensatz dazu begrüßen Anwohner das Bauvorhaben, da erwartet wird, dass der Verkehr um etwa 20 Prozent reduziert wird.
Die Räumung und der Beginn der Rodungsarbeiten sind ein Umweltverbrechen, das die nächsten Generationen teuer bezahlen werden.
Helga Krismer, Landessprecherin der NÖ Grünen und Klubobfrau im NÖ Landtag
Bild: CHRISTIAN DUSEK
Auch von politischer Seite erhält die Initiative Rückenwind. Die Räumung und der Beginn der Rodungsarbeiten seien „ein Umweltverbrechen, das die nächsten Generationen teuer bezahlen werden“, reagierte Helga Krismer, Landessprecherin der NÖ Grünen und Klubobfrau im NÖ Landtag.
Parents for Future forderten in einem Offenen Brief an Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), ihren Stellvertreter Udo Landbauer (FPÖ) und Bürgermeister Klaus Schneeberger (ÖVP) den Stopp für den Bau der Ostumfahrung. Leider vergebens: Die Arbeiten an der Ostumfahrung wurden laut Polizeisprecher Schwaigerlehner noch am Donnerstagvormittag wieder aufgenommen. Für Samstag um 14:00 Uhr wurde eine Raddemo am Wiener Neustädter Hauptplatz angekündigt.
Das Infrastrukturvorhaben umfasst die Errichtung eines Abschnitts, der den Verkehrsring um Wiener Neustadt vervollständigen soll. Die Vorbereitungen für das Projekt begannen Ende September mit dem ersten Spatenstich für eine etwa 1,3 Kilometer lange Zufahrtsstraße. Am Donnerstag begannen nun die Arbeiten, um die genehmigte Trasse für das Teilstück der Umfahrung freizumachen.
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