Neues Album

Helene Fischer: Kinderlieder zu Allerheiligen

Musik
29.10.2024 09:00

Nach der in letzter Sekunde stornierten Netflix-Doku über ihre große Tour und das Leben dahinter sorgt Schlager-Königin Helene Fischer jetzt wieder für positive Schlagzeilen: in wenigen Tagen erscheint ihr erstes Kinderalbum mit 25 bekannten Liedern aus der deutschsprachigen Kinderlied-Historie.

(Bild: kmm)

Dieser Tage beherrschen grundsätzlich zwei Themen die mediale Gemütslage: Halloween und Allerheiligen. Wohin man schaut oder hört – entweder geht es um Zombies und herausgerissene Gedärme oder um das Denken an die Verstorbenen und andächtige Trauer. Ein nur scheinbar vorhandener Widerspruch, denn längst sind beide so konträren Galaxien in unserem Alltag Usus. Deutschlands makellose Schlager-Königin Helene Fischer eröffnet mit ihrem aktuellen Album einen dritten Bereich: das Zelebrieren der kindlichen Freude, was mitten in den Herbstferien vielleicht gar nicht so unpassend wirkt, wie es scheint. Anstatt eines Nachfolgers für ihr auch schon drei Jahre altes Erfolgsalbum „Rausch“, erfreut sie Fans und Interessierte mit „Die schönsten Kinderlieder“.

Karriere leicht im Stocken
Diese Motivation kam wohl nicht zuletzt durch ihre eigene Tochter Nala, die im Dezember ihren dritten Geburtstag feiert und einen gewichtigen Grund dabei spielt, dass sich Fischer live seit einem Jahr mehr als rar macht. Helene selbst habe sich mit diesem Projekt eine langgehegte Passion erfüllt, wie sie in einer Aussendung zum Album betont. „Das Projekt kommt für meine Fans wahrscheinlich ein bisschen überraschend, aber tatsächlich ist es schon lange ein Herzenswunsch von mir, Musik für Kinder zu machen. Es ist somit der logische nächste Schritt in meiner Karriere.“ Eine Karriere, die trotz all der vielen Höhen zuletzt etwas ins Stocken geriet. Die in letzter Sekunde abgesagt, bereits produzierte Netflix-Doku aufgrund von Auffassungsunterschieden über den finalen Schnitt war da nur der Gipfel des Eisbergs.

Da passt es gut, dass gerade zum Tag der Toten ein frisches Lebenszeichen kommt, damit das aalglatte Image nur ja keine Schrammen bekommt. Insider munkeln bekanntlich, dass es auch an der wenig spannenden Skandalfreiheit der Künstlerin liegen könnte, wodurch der Streaminganbieter schlichtweg zu wenig „Fleisch“ für eine Dokumentationsumsetzung gehabt hätte. Für die „Kinderlieder“ hat die 40-Jährige jedenfalls tief in die deutsche Liedgutgeschichte gegriffen. Nicht weniger als 25 mehr oder weniger bekannte Interpretationen sind als Neuaufnahmen zu hören. „Für mich war es ganz wichtig, dass diese Klassiker nicht verloren gehen, die auf eine gewisse Art schon deutsches Kulturgut geworden sind.“ Eigene Kinderlieder hat Fischer für das Album aber nicht geschrieben.

Mit Weichspülgarantie
„Es hat wahnsinnig viel Spaß gemacht, diese Lieder neu zu interpretieren und in meiner ganz eigenen Version aufzunehmen. Ich hoffe, dass auch alle Eltern, Großeltern, Tanten und Onkel Spaß an dem Album haben werden, die diese Lieder selbst noch aus ihrer eigenen Kindheit kennen.“ Wie weit es den Kleinen und Kleinsten, also dem Hauptzielpublikum, bewusst ist, dass der weltgrößte Schlagerstar teils jahrhundertealtes Liedgut interpretiert, bleibt natürlich fraglich. Ebenso, ob die zuweilen sehr schrill-weinerliche Stimme, die Helene in Nummern wie „Bruder Jakob“ oder „Weißt du, wie viel Sternlein stehen“ einsetzt, in ihrer dargebotenen Überdrehung wirklich hätte so sein müssen. Manchmal holt sie sich auch direkte Verstärkung aus Kindermündern und gibt den Interpretationen damit einen zusätzlichen Touch Weichspülmittelfeeling. Manchmal mischt sich gar ein Techno-Beat ins Gesamtbild.

Ein besonders detailreiches Kunstwerk ist das Cover-Artwork. Eine Mischung aus unschuldiger „Als die Tiere den Wald verließen“-Romantik und Zeichentrick-Fiebertraum, mit Fokus auf die Detailarbeit. Der freundliche Esel zwinkert uns wissend zu, dass man sich hier auf ein Meisterwerk freuen sollte. Fuchs und Schildkröte bewundern die perfekt in die Szenerie gephotoshoppte Helene, die mit leger zerrissener Jeans den Typ „Kumpelmama von nebenan“ herzerfrischend personifiziert. Dahinter freuen sich sechs gezeichnete Kinder samt perfekt politischer Korrektheit: verschiedene Hautfarben und diverse Geschlechter jubeln ihr zu. Der stachelhaarige Junge mit dem „Mitsubishi“-Logo-Shirt kann sein Glück gar nicht fassen, jener mit dem schicken Regenbogenpulli wirkt etwas paralysiert – möge es nur eine Überdosis Zucker gewesen sein!

Viel Ertrag für wenig Aufwand
Diese bunte Achterbahnfahrt in die Geschichte der deutschen Kinderlieder, vorgetragen von der populärsten Sängerin, die der deutschsprachige Raum vorzuweisen hat, ist eine geschickte und kommerziell todsichere Erfolgsmischung. Dass es Lieder für Kinder auch schwungvoller und spannender gibt, zeigt etwa das deutsche Hip-Hop-Kollektiv Deine Freunde. Wer es martialischer mag und den Kleinen lieber die Kraft der Stromgitarre näherbringt, ist bei der Dinosaurier-Kindermetalband Heavysaurus richtig. Helene konzentriert sich eben lieber auf althergebrachte Traditionen – und scheint damit auch erst das erste Kapitel einer ganzen Reihe aufgeschlagen zu haben. Fortsetzung wird folgen – viel Ertrag für wenig Aufwand ist garantiert. Und abseits des einladenden Zynismus: Fischer verströmt ein angenehm heimeliges Gefühl. Das ist nicht das Schlechteste in Zeiten wie diesen.

Live im Wiener Happel-Stadion
Wer Helene Fischer in Österreich live sehen will, muss noch etwas länger warten. Am 11. Juli 2026 spielt sie wieder im Wiener Ernst-Happel-Stadion – voraussichtlich ohne Kinderlieder im Repertoire. Unter www.oeticket.com gibt es noch ausreichend Karten für die Stadionshow.

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