Georgien droht nach seiner Parlamentswahl eine Zerreißprobe: Sowohl das Russland-freundliche Regierungslager als auch die pro-europäische Opposition – letztere sprach von „gefälschten Ergebnissen“ – haben am Samstagabend den Sieg für sich reklamiert.
Die Wahlkommission teilte mit, nach Auszählung der Stimmen in 70 Prozent der Wahlbezirke komme die Regierungspartei Georgischer Traum auf 53 Prozent, das Oppositionsbündnis auf 38,28 Prozent. Die Opposition wies die offiziellen Teilergebnisse als „gefälscht“ zurück.
„Wir erkennen die gefälschten Ergebnisse der gestohlenen Wahlen nicht an“, sagte in der Nacht zum Sonntag (Ortszeit) die Chefin der größten Oppositionspartei, Vereinte Nationale Bewegung (UNM), Tina Bokuschawa.
Georgischer Traum erklärt sich zum Sieger
Der Milliardär Bidsina Iwanischwili erklärte die von ihm gegründete pro-russische Regierungspartei Georgischer Traum am Samstag nach Schließung der Wahllokale zum Gewinner. Pro-europäische Oppositionsparteien sowie die ihnen nahestehende Staatspräsidentin Salome Surabischwili erklärten hingegen, die Opposition habe insgesamt eine Parlamentsmehrheit in der Kaukasusrepublik errungen.
Die Leiterin der Oppositionspartei Vereinte Nationale Bewegung, Bokutschawa, sagte der Nachrichtenagentur Reuters, der Georgische Traum habe die Wahl verloren. „Wir werden das amtliche Endergebnis abwarten, aber der Verlierer sollte die Größe haben, seine Niederlage einzugestehen und sich zu verabschieden.“ Georgien habe sich für eine Zukunft in Europa entschieden.
Regierungspartei will Opposition verbieten
Bei der Parlamentswahl stehen auch demokratische Prinzipien auf dem Spiel. Die bereits seit zwölf Jahren regierende Partei Georgischer Traum will die Beziehungen zu Moskau ausbauen. Ihr Gründer, der Milliardär und frühere Ministerpräsident Iwanischwili, hatte angekündigt, im Falle eines Wahlsieges seiner Partei werde sie Oppositionsparteien verbieten. Diese suchen den Anschluss an die Europäische Union.
Bei der Parlamentswahl ist es Angaben der pro-europäischen Präsidentin Salome Surabischwili zufolge zu Gewalt gekommen. „Ich möchte auf die zutiefst beunruhigenden Vorfälle von Gewalt in verschiedenen Wahllokalen hinweisen“, erklärte sie am Samstag in Onlinediensten.
Zuvor waren in den Internet-Netzwerken Videos verbreitet worden, die an mehreren Orten bei Wahllokalen heftige Konfrontationen zeigten. Es zeichnet sich eine rege Wahlbeteiligung ab.
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