Der Vorarlberger Autor Robert Schneider wundert sich über einen Trend, der in den USA gerade Schule macht und auch schon in Europa angekommen ist. Dabei geht es um Rache und böse Scherze – und um jede Menge Essen.
Es ist kurz vor 22 Uhr, als es an Frau Donovans Tür klingelt. Wir befinden uns in Levittown im Bucks County (Pennsylvania), einem Vorort von Philadelphia. Es ist eine dieser typisch amerikanischen Siedlungen mit betoniertem Bürgersteig und glatt gemähtem Rasen, wo alle Häuser irgendwie gleich aussehen. Frau Donovan, die alleinstehend ist, denkt sich: Nanu? Wer klingelt noch um diese Zeit? Sie öffnet das Küchenfenster.
An der Haustür steht ein Lieferbote, der eine riesige Familienpizza zustellen möchte. Frau Donovan vermutet, dass sich der Kurier in der Hausnummer geirrt hat, aber der bleibt hartnäckig. „Ist das Ihre Telefonnummer?“, fragt er und liest sie von der Bestellung ab. Frau Donovan bejaht. Nu will der Pizzabote sein Geld haben.
Die betagte Dame ist Opfer einer „Stalking-Bestellung“ geworden. Das ist seit geraumer Zeit ein Trend unter Jugendlichen in den USA, der durch TikTok angefeuert wurde. Man bestellt bei einem Lieferservice Essen, oft in rauen Mengen, um den Empfänger zu „pranken“. Übergabeversuch und der daraus resultierende lautstarke Ärger werden dann heimlich mit dem Handy gefilmt und in die sozialen Netzwerke gestellt.
„Stalking Food“ hat natürlich schon längst den Kontinent erreicht. Alexander Tauer, CEO bei der deutschen Lieferkette „Domino’s Pizza“, weiß davon ein Lied zu singen, wie er der ZEIT-Online (21. 10. 2024) berichtet. „Vor Kurzem hatten wir einen Fall, bei dem sich mehrere Lieferboten vor der Tür einer Frau getroffen haben. Offenbar hatte ihr Exfreund sie gleichzeitig hingeschickt, um sie zu ärgern.“ Weil Fake-Bestellungen zu einem Running Gag geworden sind, würde Herr Tauer gerne auf Kreditkartenzahlung im Voraus umstellen. „Viele Kunden wollen das nicht“, resümiert er resigniert.
An meiner Tür klingelt es. Der Pizzaservice. Ich habe zwar nichts bestellt, aber hungrig bin ich.
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