Amazon-Gründer Jeff Bezos hat als Besitzer der „Washington Post“ den Verzicht der renommierten US-Zeitung auf eine Wahlempfehlung im Endspurt des Rennens um das Weiße Haus verteidigt. Die Antwort der Abonnenten ist jedoch vernichtend.
Der Multimilliardär begründete den umstrittenen Schritt in einem Meinungsbeitrag hauptsächlich mit gesunkenem Vertrauen der US-Öffentlichkeit in die Medien. Zuvor hatte der Sender NPR berichtet, dass nach der Entscheidung mehr als 200.000 Leser der traditionsreichen Zeitung ihre Abos gekündigt hätten.
Bezos versicherte, er verfolge bei der „Washington Post“ keine persönlichen Interessen. Vielmehr sei es die Realität, dass viele Menschen Medien für parteiisch hielten. „Und wer mit der Realität kämpft, verliert.“ Er werde nicht zulassen, dass die „Washington Post“ in der Bedeutungslosigkeit versinke und die Leute sich stattdessen über mangelhaft recherchierte Podcasts und Social-Media-Beiträge informieren.
Ohnehin würden Wahlempfehlungen von Medien niemanden dazu bewegen, für einen bestimmten Kandidaten zu stimmen. Dass die kontroverse Entscheidung in der Schlussphase des Wahlkampfs getroffen wurde, sei aber „mangelhafte Planung“ gewesen, räumte er ein.
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Traditionszeitung bricht mit Tradition
Die „Washington Post“ hatte am Freitag mitgeteilt, sie werde vor der Präsidentschaftswahl am 5. November weder eine Empfehlung für die Demokratin Kamala Harris noch für ihren republikanischen Konkurrenten Donald Trump aussprechen. Auch bei künftigen Wahlen werde man davon absehen. Formal spricht nicht die Redaktion eine Empfehlung aus, sondern einzig das „Editorial Board“ – Meinungsautoren, die innerhalb vieler US-Zeitungen streng getrennt vom Rest der Redaktion arbeiten sollen.
Reporter der Zeitung berichteten danach, dass bereits eine Empfehlung für Harris geschrieben worden sei – Bezos habe sich aber gegen eine Veröffentlichung entschieden. Die Journalistenvertretung der „Washington Post“ äußerte sich besorgt darüber, dass das Management sich in redaktionelle Angelegenheiten eingemischt zu haben scheine.
Der Verzicht wird als Einknicken vor Trump gesehen. Kritiker betonten, dass Bezos um milliardenschwere Regierungsaufträge für seine Unternehmen fürchten würde, sollte der Republikaner gewinnen. Redakteure und Kolumnisten verließen im Zuge der Entscheidung das Blatt. Ex-Chefredakteur Marty Baron sprach von „Feigheit, mit der Demokratie als Opfer“.
Bezos führt Amazon zwar nicht mehr selbst – sein Vermögen besteht aber zum großen Teil aus Aktien des weltgrößten Online-Händlers. Zudem gehört ihm die Weltraumfirma Blue Origin, die auf Staatsaufträge angewiesen ist. Eine Trump-Regierung könnte seinen Unternehmen das Leben schwer machen.
Lobbyarbeit kurz nach Bekanntgabe
Öl ins Feuer der Kritik goss auch, dass sich Blue-Origin-Chef Dave Limp nur wenige Stunden nach Bekanntwerden der Entscheidung mit Trump in Florida traf. Er habe davon vorher nicht gewusst, schrieb Bezos nun. Mitarbeiter seiner Großunternehmen würden sich konstant mit Politikern treffen. Bezos: „Wenn es um das Auftreten von Interessenkonflikten geht, bin ich kein idealer Eigentümer der Post.“
Der Amazon-Gründer hatte die „Washington Post“ – die in den 1970er-Jahren den „Watergate“-Skandal aufdeckte und damit den Rücktritt von Präsident Richard Nixon auslöste – 2013 gekauft. Bei den darauffolgenden Präsidentschaftswahlen 2016 und 2020 sprach die Zeitung den demokratischen Kandidaten Hillary Clinton und Joe Biden ihre Unterstützung aus.
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