15 Jahre Haft

Polizisten bei „Amokfahrt“ versucht zu töten

Gericht
29.10.2024 15:07

Den halben Wiener Gürtel fuhr ein 34-Jähriger der Polizei davon. Nun muss er sich einem Prozess wegen unter anderem versuchten Mordes stellen – bei einer Straßensperre raste er auf zwei Beamte zu. Die Geschworenen verurteilen ihn wegen zweifachen versuchten Mordes. Er muss nicht rechtskräftig 15 Jahre ins Gefängnis. Die Angehörigen müssen daraufhin des Gerichtsaales verwiesen werden.

Am 8. Dezember 2023 zog ein 35-Jähriger eine Spur der Verwüstung durch halb Wien. Als ihn die Polizei am Gürtel auf Höhe des Westbahnhofs anhalten wollte, raste er den Beamten einfach davon. Warum? „Weil ich keinen Führerschein hatte, ich illegal in Österreich war, einen Joint in der Hand hatte und auf dem Auto falsche Kennzeichen waren“, so der Angeklagte am ersten Prozesstag im Juli.

Staatsanwalt dehnte die Anklage noch weiter aus
Seitdem wurde die Liste an Delikten, die ihm von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen wird, noch um einen Punkt länger: Neben Gefährdung der körperlichen Sicherheit, Nötigung, fahrlässiger Körperverletzung, versuchter Körperverletzung und versuchten Mordes an den Polizisten muss er sich nun auch wegen Gemeingefährdung verantworten. Durch seine Fahrweise und Übersetzen von roten Ampeln gefährdete er nämlich zumindest zehn Personen, dehnte der Staatsanwalt am zweiten Verhandlungstag die Anklage aus.

Die Raserfahrt vom 8. Dezember 2023. (Bild: Krone Kreativ)
Die Raserfahrt vom 8. Dezember 2023.

Der Ablauf der unfassbaren Raserfahrt: Der Serbe durchbrach am Wiener Gürtel nicht nur eine Straßensperre und raste absichtlich auf die Beamten zu, sondern fuhr auch einen Radfahrer nieder und geriet dann in den Gegenverkehr – knallte in das Auto einer vierköpfigen Familie. Das markiert das Ende der „Amokfahrt“, wie es der Staatsanwalt im Wiener Landesgericht bezeichnet.

„Der Helm rettete sein Leben“
Gerichtsmediziner Nikolaus Klupp verdeutlicht vor den Geschworenen das Ausmaß der einzelnen Vorfälle. Zum Radfahrer merkt er an: „Der Helm hat ihm unter Umständen das Leben gerettet.“ Der Mann, vertreten von Chiara-Maria Brazda (Kanzlei Machac), erlitt „nur“ u. a. ein schweres Schädel-Hirn-Trauma. Und auch die Mutter der vierköpfigen Familie, die in dem Unfallauto saß, wurde schwer verletzt: Brüche mehrerer Brustwirbel und eines Halswirbels sowie einen Kreuzbandriss und Außenmeniskusriss.

Die Anwälte Lukas Hruby (li.) und Rudolf Mayer. (Bild: Sophie Pratschner)
Die Anwälte Lukas Hruby (li.) und Rudolf Mayer.

Der Mandant von Rudolf Mayer und Lukas Hruby bekennt sich weitgehend schuldig – dass er die Polizisten mit seinem Fahrzeug hätte töten können, habe er aber nicht gedacht. „Ich hab immer damit gerechnet, dass sie auf die Seite springen“, sagt der 35-Jährige vor den Geschworenen.

Anklagekonform verurteilt
Das überzeugt die Laienrichter im Wiener Landl aber nicht. Nach zweistündiger Beratung steht ihr Wahrspruch fest: Der Serbe ist des zweifachen versuchten Mordes an den Beamten schuldig. Auch bezüglich der restlichen Anklagepunkte sprechen sie den Vorbestraften vorwiegend einstimmig schuldig. Bei einem Strafrahmen bis zu lebenslanger Haft fasst er 15 Jahre Gefängnis aus – nicht rechtskräftig. 

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Das Ganze hat nicht einmal sieben Minuten gedauert. Wahrscheinlich sogar weniger und sie haben sechs Verbrechen und zwei Vergehen begangen.

Die vorsitzende Richterin in der Urteilsbegründung

Den Verletzten wird außerdem Schmerzensgeld zugesprochen: 1500 Euro muss der 35-Jährige dem umgefahrenen Radfahrer zahlen. Den Eltern der vierköpfigen Familie, vertreten von Anwalt Daniel Kirch, werden insgesamt 3.070 Euro zugesprochen. 

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Die Vorstrafenbelastung unseres Mandanten hat sicherlich die Urteilsfindung beeinflusst.

Anwalt Rudolf Mayer nach dem Urteil

Eklat nach der Urteilsverkündung
Während bei dem Angeklagten schon während der Verlesung des Urteils die Tränen fließen, bricht es aus den Angehörigen erst am Ende des Prozesses heraus. Seine Mutter schreit: „Aber das ist unmenschlich, Frau Richterin. Mein Sohn hat nichts gemacht, niemanden umgebracht. Haben Sie keine Herzen. 15 Jahre für Nichts.“ Daraufhin muss die aufgebrachte Frau den Gerichtssaal verlassen. 

Nicht die erste Raserei
Die wilde Verfolgungsjagd durch Wien war für den Serben scheinbar auch keine Premiere. Im März 2019 kam es zu einem ähnlichen Vorfall in Brünn in Tschechien. Mit einem Kilogramm Cannabis, drei Pistolen und einer Kalaschnikow im Gepäck raste er durch die Stadt, der Polizei davon – wie im Dezember 2023. Dafür fasste er damals sieben Jahre Haft aus, wurde nach der Hälfte wegen guter Führung und einem Aufenthaltsverbot entlassen.

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