"The Walking Dead: Survival Instinct" beginnt zunächst recht vielversprechend: Nach dem unschönen Ende (nicht für die Zombies, wohlgemerkt) eines kurzen Prologs schlüpft der Spieler in die Rolle von Parade-Redneck Daryl Dixon, im Spiel gesprochen von Original-Schauspieler Norman Reedus, um dessen Vorgeschichte zu erfahren. Daryl sitzt in einer Waldhütte fest, um die herum es vor lauter Untoten nur so wimmelt. Um mit dem Pick-up zu fliehen, fehlt es allerdings an Treibstoff, und so schnappt sich der zähe Serienheld ein paar Vorräte, sein Messer und zieht los. Zuvor hat er noch die wichtigsten Regeln des Überlebenskampfes eingebläut bekommen: immer schön leise sein, bloß nicht auffallen und den direkten Kontakt mit den Zombies meiden. Denn jeder Schuss – mit Ausnahme der im späteren Spielverlauf verfügbaren Armbrust - lockt weitere von den Biestern an.
Besser, weil leiser und munitionssparender, ist es daher, sich den sogenannten Beißern lautlos von hinten zu nähern, um ihnen im entscheidenden Moment die Klinge ins Oberstübchen zu rammen. Wer diese Form der Gewalt verachtet, kann es auch mit einem Ablenkungsmanöver probieren und versuchen, die Zombies mit einem Wurfgegenstand in eine bestimmte, hoffentlich vom eigenen Standort weit entfernte Ecke zu locken. Hilft auch das nicht, bleibt immer noch Taktik Nummer drei: die Beine in die Hand nehmen und laufen.
Zombies ohne Biss
Möchte man zumindest glauben, doch bereits nach ein paar unfreiwilligen Kontakten mit den Untoten wird klar: So gefährlich, wie alle anderen Charaktere im Spiel tun, sind die lebenden Toten eigentlich gar nicht – weder alleine noch in der Gruppe. Denn selbst wenn Daryl viele von ihnen anlocken sollte, etwa weil er versehentlich lautstark eine Feuerleiter gen Boden rasseln lässt, stellen sich die Untoten höflich der Reihe nach an. Ein wenig Geschick vorausgesetzt, lässt sich dann relativ unbeschadet mittels eines kurzen Quick-Time-Events, bei dem es das Messer zwischen den Augen der Gegner zu positionieren gilt, einer nach dem anderen ausschalten.
Die anfangs vermeintlich von den Zombies ausgehende Gefahr weicht dadurch schnell einer gewissen Unbekümmertheit und Sorglosigkeit. Der laut Werbetext angeblich "gnadenlose Auftakt zur TV-Serie" verkommt zu einem Spaziergang. Dies ist jedoch bei Weitem nicht die einzige Schwäche des Spiels. Auch an anderer Stelle wird deutlich, dass viele grundsätzlich gute Ideen nicht konsequent zu Ende gedacht wurden.
Gruppendynamik gleich null
Dazu gehört etwa das Gruppensystem: Von Zeit zu Zeit lernt Daryl andere Charaktere kennen, die sich ihm anschließen und bei der Suche etwa nach Treibstoff oder Lebensmittelvorräten unterstützen. Dazu können sie zu Beginn einer Mission mit Waffen ausgerüstet und entsandt werden. Wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie nicht zurückkehren, wird anhand einer Prozentskala dargestellt. Kehren sie nicht zurück, hält sich der Verlust jedoch in Grenzen: Zum einen, weil Daryl unterwegs meist selbst ausreichend Vorräte und Munition findet, zum anderen, weil diese Charaktere bloß schmuckloses Beiwerk sind. Es fehlt ihnen an einer echten Bindung zu Daryl - und dem Spieler somit an einem Grund, sich um die Begleiter zu kümmern oder gar zu sorgen.
Reisen mit Hindernissen
Als nahezu bedeutungslos entpuppen sich schließlich auch die Reisen mit dem Auto von A nach B, die dem Spiel eine gewisse taktische Note verleihen sollen. Abermals wird dem Spieler dabei eine Tiefgründigkeit vorgegaukelt, die der Titel nicht hat. So muss zwar vor jedem Level neu entschieden werden, auf welchem Wege man das nächste Etappenziel erreichen möchte, doch ob einem nun unterwegs auf dem Highway der Sprit ausgeht oder auf einer der Nebenstraßen, ist relativ bedeutungslos: Die befürchteten Konsequenzen bleiben aus.
Ist der Tank tatsächlich leer, landen Spieler nämlich nicht umgehend in der Hölle, sondern stattdessen lediglich in kleineren, sich bald wiederholenden Spielabschnitten, in denen sie mit der bereits bekannten Taktik ein paar Zombies töten, um an neuen Treibstoff zu gelangen. Besonders Eilige rennen alternativ schnurstracks an den Untoten vorbei zur nächsten Zapfsäule.
Die hässliche Seite des Spiels
Und als ob all das nicht schon traurig genug wäre, bessert "The Walking Dead: Survival Instinct" auch optisch nicht gerade die Stimmung auf. Derart verwaschene Nahansichten wie hier bekam man zuletzt höchstens auf Nintendos Wii serviert. Hinzu kommt, dass die Entwickler von Terminal Reality ("Ghostbusters: The Video Game", "Kinect Star Wars") eine Vorliebe für die Wiederverwertung von Texturen zu hegen scheinen, was insbesondere anhand der nahezu stets gleich aussehenden Zombies deutlich wird. Da hilft es dann leider auch nichts, wenn in einigen wenigen Momenten des Spiels, zumeist im Gespräch mit anderen Überlenden, das von der Serie geliebte Flair aufkommt.
Fazit: "The Walking Dead: Survival Instinct" beginnt stark, lässt dann aber ebenso schnell nach und entpuppt sich letztlich als grafisch unterdurchschnittlich in Szene gesetzte Ansammlung netter Ansätze, die nicht konsequent zu Ende gedacht wurden. Der Survival-Horror bleibt spätestens dann auf der Strecke, wenn man als Spieler realisiert, dass von den Zombies kaum ernstzunehmende Gefahr ausgeht, von allem im Überfluss vorhanden ist und das eigene Handeln ohne Konsequenzen bleibt. Wer nicht muss, sollte daher von "The Walking Dead: Survival Instinct" die Finger lassen und sich stattdessen den großartigen Adventure-Ableger zur Serie von Telltale Games zu Gemüte führen.
Plattform: Xbox 360 (getestet), PS3, Wii U
Publisher: Activision
krone.at-Wertung: 4/10
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.