Unter Kremlfreunden

„Krieg verloren“: Was Orbán in Wien zu sagen hatte

Politik
31.10.2024 18:49

Die Kremlfreunde hielten Hof in Wien. Das schweizerische, populistische Magazin „Die Weltwoche“ lud Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán und den Ex-Bundeskanzler Deutschlands und bekannten Putin-Freund Gerhard Schröder zur Diskussion über „Frieden in Europa“ nach Wien.

Eine Stunde vor Veranstaltungsbeginn warteten schon Hunderte Menschen auf Einlass, am Ende waren etwa 500 Gäste in den Wiener Sofiensälen und beklatschten Kremlpropaganda, lachten über kleine Scherze Orbáns und Schröders über politische Freunde und Feinde – oder wie man als stark in Kritik stehender Politiker sich ein dickes Fell bewahrt, aber der eigenen Frau nicht widersprechen könne.

Schröder lobte zudem Orbán, dass es bei Besuchen als Kanzler in Budapest immer Gulasch und Bier in rauen Mengen gab. Umgekehrt schätzte Orbán Schröder für seinen Mut, schon vor 20 Jahren für die „strategische Autonomie“ Europas während des Irak-Kriegs eingetreten zu sein.

Moderator und Chefredakteur Roger Köppel stellte Orbán als Widerstandskämpfer vor, der schon 1956 gegen die Sowjet-Panzer auf die Straße ging. Da war der 1963 geborene Orbán noch nicht einmal auf der Welt.

„Im Gegenwind geboren“
Es dauerte jedoch nicht lang, ehe die EU verteufelt und Moskau in den Himmel gelobt wurden. Orbán sagte, er sei „im Gegenwind geboren“. Er war Anti-Kommunist, als sein Land von den Sowjets besetzt war. Er stehe der „Macht entgegen“. Egal, ob wie damals aus Moskau oder jetzt aus Brüssel. Was den Krieg in der Ukraine betrifft, so sei er „kein Optimist.“ Man könne Europa nicht vertrauen, da Europa keinen Frieden schaffen kann. Seine Hoffnung liegt in der Wahl jenseits des „großen Wassers“. Wenn Trump gewinnen würde, dann werde es einen Waffenstillstand geben, so Orbán.

Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (li), Chefredaktor Roger Köppel (Mi.) und Ministerpräsident Viktor Orbán (Bild: APA/Eva Manhart)
Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (li), Chefredaktor Roger Köppel (Mi.) und Ministerpräsident Viktor Orbán
Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (li), Chefredaktor Roger Köppel (Mi.) und Ministerpräsident Viktor Orbán (Bild: APA/Eva Manhart)
Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (li), Chefredaktor Roger Köppel (Mi.) und Ministerpräsident Viktor Orbán

„Größter Putin-Kenner“ Schröder
Schröder, den Moderator Köppel als „größten Putin-Kenner“ vorstellte, sagte über den Kremlchef, dass dieser kein Kriegsherr sein wolle, sondern sich natürlich Gedanken mache, wie man den Krieg beenden könne. Schröder selbst, so sagt er, war im April 2022 bei den Verhandlungen in Istanbul auf Wunsch der Ukraine dabei und erzählte davon, dass ein Vorschlag für einen Waffenstillstand am Tisch lag – mit Lösungen für den Donbass, einer neutralen Ukraine, einer Südtirol-Lösung für die Krim. Man war der Einigung aber „nicht nah genug“, so Schröder. 

Orbán hakte ein und plauderte aus dem Nähkästchen: Der Vorschlag sei vom damaligen britischen Premierminister Boris Johnson torpediert worden, ehe er von seiner eigenen „Friedensmission“ im Sommer berichtete, nachdem Ungarn die EU-Ratspräsidentschaft übernommen hatte. Er wollte eine aktive Präsidentschaft und nicht, wie alle anderen, den Stillstand verwalten. Also unternahm er Reisen nach Moskau, Kiew, Peking und zu Donald Trump nach Mar-a-Lago, das Moderator Köppl als „heimliche Hauptstadt der USA“ bezeichnete.“

Der ungarische Ministerpräsident fühlte sich in Wien sichtlich wohl. (Bild: APA/Eva Manhart)
Der ungarische Ministerpräsident fühlte sich in Wien sichtlich wohl.
Der ungarische Ministerpräsident fühlte sich in Wien sichtlich wohl. (Bild: Eva Manhart)
Der ungarische Ministerpräsident fühlte sich in Wien sichtlich wohl.
Der ungarische Ministerpräsident fühlte sich in Wien sichtlich wohl. (Bild: APA/EVA MANHART)
Der ungarische Ministerpräsident fühlte sich in Wien sichtlich wohl.

„Auf Trump zählen“
Er könnte nicht tatenlos zusehen, wenn Christen Christen umbrächten, so Orbán. In Kiew und Moskau sei er auf taube Ohren gestoßen, Peking und Ankara zeigten Interesse, aber Europa verweigerte die Zusammenarbeit. Nur Trump habe ihm gesagt: Wenn er gewinnt, könne Orbán auf ihn zählen. Schröder pflichtete Orbán bei und meinte, dass „die großen Mächte in Europa Orbán folgen sollten“. Zudem seien Initiativen ohne Deutschland und Frankreich nur schwer umsetzbar.

Orbans Sicht auf Europa ist grundsätzlich pessimistisch. Wenn Trump einen Deal mit Putin machen würde, „sitzt Europa da nicht mit am Tisch“, sagte er. Er habe den französischen Präsidenten Macron und Deutschlands Kanzler Scholz dazu aufgerufen, mit Moskau zu reden. „Aber beeilt euch“, so Orbán. Nach den US-Wahlen könnte es zu spät sein.

„Musterungen in Wien“
Über die Ukraine fällte Ungarns Ministerpräsident dann ein vernichtendes Urteil: „Dieser Krieg ist verloren!“ Das sei die militärische Realität und könne nur verhindert werden, wenn die NATO Truppen in die Ukraine schickt. Und dann, so Orbán und hob drohend den Zeigefinger, würde es auch in Wien Musterungen geben. Dass Österreichs Neutralität das nicht zulässt, hat Ungarns Ministerpräsident wohl niemand gesagt.

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