„Stirbt das Wirtshaus, stirbt der Ort“ heißt die neue „Krone“-Serie, in der wir Tiroler Traditionsgasthäuser besuchen und versuchen zu eruieren, warum die Einen dem Gasthaussterben zum Opfer fallen, die Anderen den Sprung in die Moderne schaffen. Erste Einkehr war beim „Goldenen Löwen“ in Nauders.
Wir treten in die neue Serie über Tiroler Traditionsgasthäuser dort ein, wo andere Tirol verlassen: in Nauders. Genauer gesagt im Dorfzentrum, im Gasthof „Zum Goldenen Löwen“. Dieser wurde 1563 erstmals historisch erwähnt und befindet sich seit 1863 im Besitz der Familie Waldegger/Habicher, erworben vom Ur-Urgroßvater von Susanne Habicher. Sie und ihr Gatte Oswald bekamen kürzlich offiziellen Besuch von der Landecker Wirtschaftskammer. Mit im Gepäck das Ehrendiplom der WK Tirol für 33 Jahre exzellente Betriebsführung mit „Herzblut und Leidenschaft“. Für die Generationen unter dem Dach des historischen Wirtshauses beginnt nämlich ein neuer Lebensabschnitt. Die Söhne Andreas und Franz mit seiner Frau Moni übernehmen in sechster Generation mit Anfang November Haus und Verantwortung. Susanne Habicher ist ob der Weiterführung „sehr glücklich“.
Vier Betriebe in Nauders an „Investoren“ verkauft
Der Ausdruck Betriebsruhe ist irreführend, denn im Erdgeschoss wird gehämmert, gegraben und gestemmt. Investitionen der nächsten Generation, um die Zukunft zu stemmen, denn eine Kernaussage der berühmten Plaikner-Studie ist: Einfach Gasthaus zu sein ist mittlerweile zu wenig. Wir setzen uns im ersten Stock zusammen und gleich wird klar, dass die Auszeichnung „Krone der Gastlichkeit“ – eine von zahlreichen Prämierungen – vollinhaltlich gilt, denn die ehrliche Freundlichkeit der Gastgeberfamilie ist spürbar. Ob die alte Weisheit „Stirbt das Wirtshaus, stirbt der Ort“ noch gilt, will ich von Susanne wissen. „Ja, wir dürfen den Lebenskreis nicht vergessen, nach der Taufe geht man ins Gasthaus und nach dem Begräbnis auch“, sagt sie, „allerdings muss man schon festhalten, dass sich natürlich vieles verändert hat, spätestens durch Corona.“ Die Öffnungszeiten von früher seien nicht mehr finanzierbar. Auch in Nauders ist Bewegung in der Gastronomie: In den vergangenen zwei Jahren wurden vier Betriebe an ausländische Investoren verkauft, es gab Schließungen und Reduktionen des Angebotes.
„Nur buggeln ist auf Dauer sicher nicht sinnvoll“
Warum müssen Traditionshäuser schließen und andere schaffen den Sprung in die Moderne? „Wichtig für uns ist, dass die Rollen der Familienmitglieder klar sind“, bringt Moni ein. Andi im Service, Moni an der Rezeption und Franz in der Küche. Deren Güte ist im Umkreis bekannt, die Küche sei ein wichtiges Element. „Mit der Küche steht und fällt das Haus. Und wir verwenden möglichst viele Produkte aus der Region“, erzählt Küchenchef Franz begleitet von heftigem Nicken des Bruders Andreas, „die Leute wissen das. Wir müssen die Region stärken und auch deren Betriebe.“ Die Speisekarte müsse sich öfters ändern und kreativ gestaltet sein, für Allergene und Unverträglichkeiten müsse eine eigene existieren. Moni scheint auch für die mentale Gesundheit zuständig zu sein und vertieft: „Wir werden versuchen, den Spagat zwischen Tradition und Moderne zu schaffen.“ Ein Zusammenleben der Generationen – Tochter Karolina ist die dritte – sei dann gut möglich, wenn jeder zu einem guten sozialen Miteinander beiträgt. Moni weiter: „Die Work-Life-Balance muss stimmen. Speziell wenn man eine eigene Familie hat, ist nur buggeln auf Dauer nicht sinnvoll. Wir gehen in Richtung zwei Tage frei.“ Das sei auch für die Mitarbeitersuche förderlich. Diesbezüglich sei man allerdings mit meist Einheimischen gut aufgestellt, ergänzt Andreas. Und: Die „Übergeber“ helfen ja weiterhin mit! Auch im Wissen, dass das Thema Mitarbeiter künftig das Wichtigste in der Gastro sein wird. Hier könnte die Politik sehr helfen, meint Andi: „Wir verstehen einfach nicht, warum Leuten, die im Ruhestand sind und sich etwas dazuverdienen wollen, solche Steine in den Weg gelegt werden.“
„Auf oans“ wird das neue Motto nach dem Umbau
Früher war der Gang ins Gasthaus nach der Kirche üblich und obwohl Wirt Oswald den Frühschoppen penetrant beibehalten hat: Die Zeiten haben sich geändert. Und so möchten auch die jungen Wirtsleute mit der Wiedereröffnung im Dezember das Konzept optimieren und erneuern. Mit dem Logo „Auf oans“ – also auf ein Getränk – möchte man vermehrt den kurzen Gasthausbesuch wieder bewerben. Dann wird auch der Restaurantbereich in völlig neuem Glanz erstrahlen, so wie die Motivation der Familie Habicher, weiterzumachen. Entscheidend scheint die innere Haltung, die Andreas verrät: „Wir lieben das, was wir tun!“
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