Welcome to New York: Wo irre Wahl-Souvenirs und hektisches „Early Voting“ aufeinandertreffen, bereitet sich langsam, aber sicher alles auf den großen Tag vor.
„Oh – ich sehe es als meine Pflicht, hier zu sein! Wir haben jetzt jeden Tag geöffnet – immer von sechs bis 20 Uhr“, sprudelt es aus Peter Wood heraus, während er ungeduldige Menschen einweist und eine neue Warteschlange eröffnet. Der gebürtige New Yorker hat sich Urlaub genommen, um bei einer der zahlreichen „Early Voting Polling Stations“ – also einem Wahllokal, bei dem Wähler schon vorab ihre Stimme abgeben können – auszuhelfen.
Andrang vor Wahllokalen bereits groß
„Früher habe ich bei einer österreichischen Bank in New York gearbeitet, ich habe immer noch viele Freunde in Österreich. Mein jetziger Job ist flexibler und erlaubt es mir, hier zu sein.“ Seit einer Woche ist er täglich ab fünf Uhr bei seinem Wahllokal beim Metropolitan Museum: „Am ersten Tag sind die Menschen um den ganzen Block angestanden“, sagt er. Auch jetzt ist viel los: „Wir merken, dass die Wahlbeteiligung viel höher ist als sonst. Die Leute möchten mitbestimmen.“
Wir sind gespannt, was nächste Woche passiert. Wir hoffen nur, dass es zu keinen gröberen Ausschreitungen kommt.
Polizisten vor dem Trump Tower
Liberales New York, unsicheres Pennsylvania
In seinem Wahlkreis werde wohl Kamala Harris gewinnen: „Wir sind hier immerhin in der Upper East Side, das ist ein sehr demokratisches und liberales Viertel. Anders als in unserem Nachbarstaat“, so Peter. Damit dürfte er recht haben: Im Swing State Pennsylvania könnte das Ergebnis extrem knapp werden.
Dessen sind sich auch Harris und Trump bewusst: Beide Kandidaten investierten in den letzten Wochen viel Zeit und Ressourcen in Wahlkampfveranstaltungen in Pennsylvania. „Ob das etwas bringt, wird sich zeigen“, sinniert Peter.
Trump-Tower gut bewacht
Zwei Kilometer weiter südlich von seinem Wahllokal glänzt der riesige Trump Tower in der Sonne. Davor: eine ganze Schar von Polizisten. „Wir beschützen den Präsidenten. Präsident Trump – er lebt ja hier mit seiner Familie“, erzählt einer: „Ich habe schon gewählt, aber ich sage nicht, wen. Ich hoffe nur, dass es nächste Woche nicht schlimm für uns wird“ – und sein Kollege legt nach: „Da könnte viel Arbeit auf uns zukommen.“
Gähnende Leere im Tower selbst
So hektisch es auf der Straße vor dem Tower ist, so menschenleer präsentiert er sich innen – der Shop mit Trump-Souvenirs hat geschlossen, in der Bar mit großem Trump-Porträt an der Wand ist es dunkel. Portier Aaron aus der Bronx ist alleine in der großen Lobby: „Ich arbeite seit 40 Jahren hier. Trump habe ich noch nie gesehen, der hat einen eigenen Eingang.“ Wie die Wahl ausgehen wird, kann er nicht sagen: „Nicht am Arbeitsplatz – hoffentlich wird es nicht schlimm.“
„Krone“: Nur noch wenige Tage bis zur Wahl des Jahres – wie nehmen Sie die Stimmung vor der US-Wahl wahr?
Lukas Zitz (stellvertretender Wirtschaftsdelegierter in New York): Man muss unterscheiden: Wir sind in New York, und New York tickt anders als der Rest der USA. Die Stadt ist sehr international, energiegeladen, und viele Dinge passieren gleichzeitig: Man sieht eine Parade, geht zu Events, entdeckt eine Celebrity im Vorbeigehen – die US-Wahl ist natürlich trotzdem der größte Event. Die Stimmung ist schon aufgeheizt. Es ist schon seit der vergangenen Wahl so, dass die Gräben zwischen den Lagern sehr tief sind – Vertreter der einen Partei kommunizieren oft nicht mit jenen der anderen Partei. Alle warten jetzt schon sehr gespannt auf das Wahlergebnis, auch wenn das finale Resultat wohl noch auf sich wird warten lassen – es könnte sehr knapp werden.
Das Außenwirtschaftszentrum in New York hilft u. a. österreichischen Unternehmen beim Markteintritt in die USA – inwiefern könnte ein Wahlsieg von Donald Trump Ihre Arbeit beeinflussen?
Die relevante Frage für uns und unsere Unternehmen ist, wie sich die USA langfristig entwickeln werden. Die Zeit, in der ausgeprägte Stabilität den Welthandel geprägt hat, ist vorbei – wir bewegen uns in komplexere und unsichere Zeiten. Die USA haben bereits unter früheren Präsidenten, auch unter Obama, restriktivere Maßnahmen im internationalen Handel ergriffen, um die eigene Wirtschaft zu stärken. Wir gehen davon aus, dass sich das fortsetzen wird – unabhängig davon, wer der nächste Präsident bzw. die nächste Präsidentin wird.
Wird es in den nächsten vier Jahren schwieriger für österreichische Unternehmen, in den USA Fuß zu fassen?
Es wird sicher nicht weniger an Handelshemmnissen geben. Aber: Das Wesentliche für Firmen ist keine einzelne Wahl, sondern ein langfristiger Horizont.
Ist der American Dream noch zeitgemäß?
Der American Dream lebt – er lebt, aber das Kleingedruckte schafft es oft nicht über den großen Teich. Wenn man in den USA erfolgreich sein will, braucht man einen langen Atem, der American Dream fordert zeitliche und finanzielle Ressourcen, der Markt ist sehr kompetitiv. Also: Der American Dream verlangt viel ab – er ist sehr positiv besetzt, gibt vielen Menschen sehr viel Energie und treibt nach wie vor an, Großartiges zu erreichen. Aber das Verständnis eines Sozialstaates ist hier ein anderes, und man kann auch tief fallen.
Wie werden Sie den Wahlabend verbringen?
Der Wahlabend wird von den Amerikanern zelebriert wie ein Sportevent – es gibt Public Viewings in Bars und Restaurants. Ich werde das sicher mitverfolgen, aber weiß noch nicht genau, wo.
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