Wer in Wien „Partydrogen“ kauft, setzt seine Gesundheit inzwischen noch mehr aufs Spiel als ohnehin immer bei Drogenkonsum. Zusätze und Reinheitsgrad werden immer unberechenbarer, warnt die Beratungsstelle „checkit!“. Sieben Prozent der untersuchten Proben waren unmittelbar gesundheitsgefährdend.
Dass man bei checkit!, dem Kompetenzzentrum der Suchthilfe Wien für Freizeitdrogen, gekaufte Substanzen anonym, vertraulich und kostenlos testen kann, gibt den Prüfern zugleich einen tiefen Einblick, wie es um den Drogenmarkt in Wien bestellt ist – nämlich „zusehends komplexer“, wie Laborverantwortlicher Anton Luf es formuliert: Nur zwei Drittel aller untersuchten Proben enthielten überhaupt die erwarteten Inhaltsstoffe, gar nicht zu reden vom erwartbaren Reinheitsgrad.
Hochrein und stark gestreckt zugleich in Umlauf
Was den Drogenkonsum umso riskanter macht, ist am Beispiel Kokain leicht erklärt: Es ist in der Stadt derzeit sowohl in hochreiner Form als auch mit vielen Streckstoffen im Umlauf, auch bei einem und demselben Dealer. Wie viel Suchtgift ein Konsument tatsächlich zu sich nimmt, weiß er dadurch de facto kaum mehr. Das bedeutet nicht nur die Gefahr von Überdosierungen, denn auch bei der Art der verwendeten Streckstoffe zeigt sich der menschenverachtende Charakter des Drogenhandels.
Kokain wird derzeit vor allem mit Levimasol und Lidocain gestreckt. Das bedeutet in ersterem Fall die Gefahr allergischer Reaktionen, der Beeinträchtigung des Nervensystems und einer lebensbedrohlichen Immunschwäche durch die Veränderung des Blutbilds, und in zweiterem Fall die Gefahr lebensgefährlicher Herzrhythmusstörungen.
Jede sechste Ecstasy-Tablette hoch riskant
Bei den anderen getesteten Drogen sieht die Lage nicht anders aus: Bei Speed/Amphetaminen enthielt rund die Hälfte der Proben 25 Prozent Wirkstoffe, die andere Hälfte aber 75 Prozent. Hier findet sich als Streckstoff reines Koffein, was mit den Wirkstoffen die Gefahr einer Überlastung des Kreislaufsystems birgt. Bei Ecstasy ist der Wirkstoffgehalt markant gestiegen, ebenso aber die Zahl von komplett anderen Substanzen, die sich in den Proben finden: Jede sechste Probe war unmittelbar gesundheitsgefährdend.
Wenn ich weißes Pulver vor mir liegen habe, ist das immer risikoreich, weil ich nicht sehen kann, was da drin ist.
Anton Luf, Pharmazeut, Laborverantwortlicher bei „CheckIt“
Bild: Lukas Zimmer
Substanzen, deren Folgen noch niemand kennt
Dazu kommt der gesamte wachsende Markt an NPS („Neue psychoaktive Substanzen“), in Drogenlaboren neu zusammengebraute synthetische Drogen. Allein 71 verschiedene neue Substanzen, deren Auswirkungen man zum Teil noch gar nicht einschätzen kann, fanden sich 2023 in den getesteten Proben. NPS fanden sich auch in vielen Proben, die die Käufer als Ecstasy, Speed oder andere vertraute Substanzen gekauft hatten.
Dass auch die absolute Zahl der getesteten Proben auf 2429 – beinahe doppelt so viel wie vor zwei Jahren – angestiegen ist, bereitet checkit! weniger Sorgen. Das führt man vor allem auf die Rückkehr der Partyszene nach den Covid-Jahren und mehr Kapazitäten zurück: Inzwischen kann man auch in drei Wiener Apotheken Drogenproben abgeben. Umso wichtiger sei checkit! aber für die Suchtprävention: Das Testen der Drogen soll vor allem Türöffner sein, um mit Konsumenten, die typischerweise abseits der Drogenszene stehen, ins beratende Gespräch zu kommen.
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