Pünktlich zur beginnenden Vorweihnachtszeit zeigt das Theater Sankt Gallen eine Neuinszenierung der Märchenoper „Hänsel und Gretel“ von Engelbert Humperdinck.
Humperdincks „Hänsel und Gretel“ ist weltweit eine der meistgespielten Opern, keine der vielen neueren Kinderopern konnte diesen Rang streitig machen. Sie schafft musikalisch den Spagat zwischen einem großen Orchester nach dem Vorbild Richard Wagners, baut aber viele Kinderlieder mit ein. Ob die Geschichte vom mangelernährten Geschwisterpaar, das sich im Wald verirrt und schließlich an das Hexenhaus kommt, für Kinder und Jugendliche unseres Kulturkreises noch fasziniert, müsste man erfragen, ebenso, ob die Idee von Regisseurin Guta Rau und ihrem Ausstattungsteam zündet, mittels papierschnittartiger Video-Einspielungen das junge Publikum dort abzuholen, wo es sich eh schon viel zu viel tummelt, nämlich in Bilder- und Videowelten.
Der flaue Premierenbeifall beim Erscheinen des Leadingteams lässt eher das Gegenteil vermuten. Auch in Sachen Einfallsreichtum bleibt diese Inszenierung weit hinter den vergangenen Arbeiten der jungen Münchnerin Guta Rau, der „Zauberflöte“ und der „Fledermaus“, zurück. Dass die Video-Hexe auf einem Staubsauger und nicht auf einem Besen über Sankt Gallen hinwegreitet, entlockt einem freilich ein Schmunzeln, aber das Hexenhaus im dritten Akt in Zuckerlfarben und mit Donuts statt Lebkuchen samt der Hexe, gesungen von Riccardo Botta – alles das ist einfach nur fad.
Auch beim Gesang der anderen Protagonisten bleiben Wünsche offen: zu dramatisch (Libby Sokolowski als Mutter), zu laut (Vincenzo Neri als Vater) oder zu unausgeglichen (Kali Hardwick als Gretel). Freude macht hingegen Mack Wolz als Hänsel, aber am meisten Anna Mahon als Sandmännchen und Taumännchen. Diese sonst im Opernchor tätige Neuseeländerin singt so klangschön und kultiviert, wie man es eigentlich von allen gern hören würde. Der junge Dirigent Jamie Philips hat bei diesem Ensemble noch einiges an Feinarbeit zu tun, das Sinfonierochester Sankt Gallen jedoch leitet er gut durch die anspruchsvolle Partitur. Empfohlen ab acht Jahren, Vorstellungen bis März 2025.
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