Russische Einmischung?

Moldau-Wahl: Cyberangriff und Bombendrohungen

Außenpolitik
03.11.2024 18:41

Vor zwei Wochen wurde der proeuropäische Kurs der ehemaligen Sowjetrepublik Moldau bei einem Referendum mit hauchdünner Mehrheit bestätigt. Nun kämpft die EU-freundliche Staatspräsidentin Maia Sandu in einer Stichwahl um die Fortsetzung ihres Weges. Wie vor zwei Wochen gibt es auch diesmal Berichte über russische Manipulations- und Interventionsvorwürfe. Am Sonntag ist die Zentrale Wahlkommission Opfer einer Cyberattacke geworden. Gegen ausländische Wahllokale gab es Bombendrohungen.

Die Chefin der Wahlbehörde, Angelica Caraman, teilte am Sonntagnachmittag auf einer Pressekonferenz mit, es habe sich um einen DoS-Angriff (Denial-of-Service) gehandelt, wobei die Funktionsfähigkeit des Systems zeitweilig beeinträchtigt gewesen sei. De facto bedeute dies, dass die Wähler in den Wahllokalen langsamer als üblich registriert werden konnten. Mittlerweile sei die volle Funktionsfähigkeit des Systems wiederhergestellt, das Wahlverfahren an sich sei zu keinem Zeitpunkt unterbrochen worden, sagte Caraman. 

Herausforderer Alexandr Stoianoglo mit Ehefrau Tvetana Curdova (Bild: APA/AP)
Herausforderer Alexandr Stoianoglo mit Ehefrau Tvetana Curdova

Der nationale Sicherheitsberater warf Russland massive Einmischung vor. Die Wahleinmischung berge die große Gefahr, das Ergebnis zu verzerren, teilte Stanislav Secrieru auf der Plattform X mit. Die Behörden seien alarmiert. In der von Moldau abtrünnigen Region Transnistrien, wo russische Truppen stationiert sind, gebe es organisierte Wählertransporte zu den Abstimmungen; das sei illegal, sagte er laut dpa.

Wahlbeteiligung zieht an
Die Wahllokale schlossen um 21 Uhr (20 Uhr MEZ). Es zeichnete sich eine weit höhere Wahlbeteiligung ab als vor zwei Wochen: Bis 12 Uhr Ortszeit gaben nach Angaben der Wahlkommission bereits 25 Prozent der moldauischen Wählerinnen und Wähler ihre Stimme ab – in der ersten Wahlrunde waren es zu dieser Zeit rund zehn Prozent weniger gewesen. 

Die 52-jährige Sandu sagte beim Verlassen eines Wahllokals in der Hauptstadt Chisinau, „für Moldau gestimmt“ zu haben – sie vertraue darauf, dass die Bürger wüssten, „was das Beste für das Land ist“. Zwar wollten „Diebe unsere Stimmen und unser Land kaufen“, doch sei „die Macht der Menschen letztlich weit größer“.

Präsidentin Maia Sandu zittert um ihren Verbleib im Amt. (Bild: APA/AFP/Daniel MIHAILESCU)
Präsidentin Maia Sandu zittert um ihren Verbleib im Amt.

Regierungschef: „Angriff auf Demokratie wird verhindert“
Regierungschef Dorin Recean ließ wissen, dass alle für Sicherheit und Ordnung zuständigen Behörden – Innenministerium, Staatsschutz und Polizei – zur Stunde „auf Hochtouren arbeiten, um einen Angriff auf unsere Demokratie zu verhindern“. Sämtliche Wahllokale im Land seien bewacht, die Bürger könnten ihre Stimme unbesorgt abgeben. Receans Statement erfolgte, nachdem in den letzten Tagen sowohl unabhängige Journalisten als auch zahllose moldauische Wählerinnen und Wähler Morddrohungen erhalten hatten, sollten sie nicht für den prorussischen Kandidaten stimmen.

Zudem wird zurzeit wegen massiven Stimmenkaufs in der ersten Wahlrunde des Präsidentenrennens ermittelt – mindestens 300.000 moldauische Wähler sollen vom Netzwerk des umstrittenen prorussischen Politikers Ilan Shor bestochen worden sein, um für den Moskau-treuen Kandidaten, den ehemaligen Staatsanwalt Alexandr Stoianoglo, zu stimmen. Er kämpft gegen eine weitere Annäherung seines Landes an die EU und wird von der russlandfreundlichen Sozialistischen Partei unterstützt.

Sehr knappes Ergebnis erwartet
Für Sandu dürfte es diesmal rein rechnerisch knapp werden – summiert ergeben die vor zwei Wochen im ersten Wahlgang für die proeuropäischen Kandidaten abgegebenen Stimmen 47,5 Prozent, während das prorussische Lager auf insgesamt 53,5 Prozent kam. Den Ergebnissen einer jüngsten, vom Meinungsforschungsinstitut iData erhobenen, Umfrage zufolge dürfte Stoianoglo zwar auch in der Stichwahl im Inland die meisten Stimmen einfahren. Schlussendlich würde er jedoch trotzdem verlieren, weil die Auslandsmoldauer massiv für Sandu stimmen werden. Die Demoskopen von iData rechnen dabei mit einem recht knappen Ergebnis – um die 52 Prozent für die Amtsinhaberin, rund 48 Prozent für den prorussischen Herausforderer.

Bombendrohungen in Deutschland, GB und Rumänien
Gerade auf die im Ausland lebenden Wahlberechtigten hatten es offenbar unbekannte Täter abgesehen, als sie gegen mehrere Wahllokale im Ausland Bombendrohungen lancierten. Wie das Auswärtige Amt in Chisinau am frühen Abend mitteilte, waren jeweils ein Wahllokal in Frankfurt am Main, Liverpool und Northampton sowie zwei Wahllokale in der rumänischen Hauptstadt Bukarest Ziel von Drohungen. Während die britische Polizei die Wahllokale vorübergehend evakuieren ließ, wurde der Wahlverlauf in Frankfurt und Bukarest nicht unterbrochen. 

Die moldauischen Behörden hatten bereits am Vortag mehrere europäische Regierungen über die Möglichkeit falscher Bombendrohungen in Kenntnis gesetzt. Zuzüglich mussten die moldauischen Ordnungshüter am Nachmittag den Verkehr über die Brücke bei Ribnita-Rezina zu Transnistrien zeitweilig sperren lassen, nachdem bei der Polizei ein Anruf eingegangen war, demzufolge diese vermint worden sei. Es habe sich in allen Fällen offenkundig um Versuche gehandelt, das Wahlverfahren sooft und so lange wie möglich zu unterbrechen, so das moldauische Außenamt.

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