Die Welt schaut gespannt nach Amerika – und auf den 5. November. Dabei ist in weiten Teilen der Staaten die Wahl schon längst geschlagen.
Ein kleines Wahllokal im Südosten des Bundesstaates Florida. Auch hier, zwischen Palmen und mächtigen SUVs, ist der wohl wichtigste Urnengang des Jahres seit Wochen voll im Gange. Die „Krone“ begleitet eine US-Amerikanerin zur Stimmabgabe. Und erhält – durchaus überraschend – Zutritt zum Wahllokal. Die Technologie für die eigentliche Wahl ist von Bundesstaat zu Bundesstaat unterschiedlich. In diesem Fall eine Kombination aus Papierstimmzettel und Touchscreen-Maschine.
Sogar im Wahllokal wird Show geboten
Da neben Präsidenten und Co. in Florida gleichzeitig über mehrere Referenden abgestimmt wird, dauert der Vorgang rund zehn Minuten. Plötzlich brandet im Wahllokal Jubel auf: Eine junge Erstwählerin wird mit anerkennenden Worten und Applaus bedacht. Sogar im Wahllokal wird Show geboten.
Alles andere als ein Sieg für Donald Trump im Bundesstaat Florida – hier liegt auch Trumps sagen- und skandalumwobener Privat-Wohnsitz Mar-a-Lago – wäre eine Sensation und würde Kamala Harris wohl den Weg zur Präsidentschaft ebnen. Doch besonders in den ländlichen Regionen des „Sunshine States“ hat die Demokratin eine überschaubare Fan-Gemeinde.
Wähler werden belagert
Vor der Zufahrt zum Wahllokal haben Unterstützer beider Lager Stellung bezogen. Die Straße ist gesäumt von Fahnen mit den Konterfeis beider Kandidaten, die sich sanft im Wind wiegen. Zwei Damen im fortgeschrittenen Alter versuchen die Wählerschaft noch kurz vor der Stimmabgabe in Gespräche zu verwickeln: Susan hält ein Trump-Schild in die Höhe, faselt von illegalen Migranten und der politischen Einflussnahme der Linken in den Schulen.
Cece wiederum verteufelt den Republikaner und alles, wofür er steht. Mitten im Palmenhain prallen zwei Welten aufeinander. Und trotzdem: „Wir beide können zumindest noch miteinander reden“, erklären die Damen. In der politischen Elite ist dies häufig nicht mehr der Fall.
Tatjana T. (Miami): „Die Spaltung ist so tief wie nie“
„Als Kamala Harris ihre Kandidatur ankündigte, dachte ich, dass sie als schwarze Frau gute Chancen hätte. Doch inzwischen zeigt sich, dass sie selbst in den sonst liberalen Medien kritisiert wird. Ich lebe in Florida, einem republikanischen Bundesstaat, wo Trumps Sieg fast sicher scheint. Doch auch in liberaleren Staaten dürfte er erheblich an Momentum zulegen. Die Spaltung zwischen Republikanern und Demokraten ist so tief wie nie. Nach den letzten vier Jahren, geprägt von hoher Inflation, zunehmender Migration und wachsender Kriminalität, stehen viele Menschen vor schwierigen Entscheidungen. All das spielt Trump in die Hände.“
Tina K. (Cape Coral): „Anhängerschaften immer radikaler“
„Ich erlebe den Wahlkampf als unnötig aggressiv und höre viel zu viele gegenseitige Anfeindungen anstelle von Inhalten. Trump hat durchaus gute Ideen, nur die Art, wie er sich präsentiert, ist sehr ungeschickt, und für mich schneidet er sich so ins eigene Fleisch. Kamala hat ein besseres Auftreten, ich habe aber von ihr außer ,es wird nicht mehr so wie bisher‘ und ,Trump ist schlecht‘ keine Inhalte gehört. Ich glaube, beide Anhängerschaften sind wesentlich radikaler geworden als in der Vergangenheit, das Land ist gespaltener denn je. Und ich fürchte, dass die Wahlergebnisse wieder angezweifelt werden – diesmal hoffentlich ohne Gewalt.“
Daniela Juhala (Oregon): „Wichtig, dass junge Leute wählen gehen“
„Der Wahlkampf zieht sich seit Monaten. Plakate, Fernsehduelle, Werbe-Spots, Schilder in den Nachbargärten. Ich lebe seit über 25 Jahren in den USA, zurzeit in Oregon, einem sehr liberalen Staat. Es sieht momentan so aus, als würde Donald Trump mit seinen Hasstiraden und Einschüchterungsversuchen die Wahl gewinnen, wenn wir in den Swing States nicht Änderungen des Wahlverhaltens sehen. Es scheint in diesem Wahlkampf nicht nur um Immigration, Inflation, Abtreibung, Klimawandel und Transgender-Rechte zu gehen. Meiner Meinung nach geht es um viel grundsätzlichere Fragen. Fragen nach Ethik, Ehrlichkeit, Gerechtigkeit, Güte und Mitgefühl. Die Menschen in Amerika sind so gespalten wie noch nie, und es schaut so aus, dass das auch nach der Wahl nicht enden wird.“
„Leider ist das veraltete Wahlsystem mit dem Electoral College nicht mehr zeitgerecht und sollte schleunigst überarbeitet werden. Ich bin Auslandsösterreicherin und kann daher nicht wählen, da ich meine österreichische Staatsbürgerschaft nicht abgeben möchte. Das ist für mich als Geschäftsinhaberin sehr schwierig, da diese Wahl auch für mein Geschäft mit möglichen Tariferhöhungen gröbere Auswirkungen haben könnte. Mehr als das ist es mir aber wichtig, dass unsere jungen Leute wählen gehen – Frauen, Einwanderer, Randgruppen: jeder, der eine bevorstehende Diktatur verhindern möchte. Ich lebe gerne hier und hoffe innigst, dass sich das Gute durchsetzen wird und wir bald die erste Präsidentin feiern können.“
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