Mit Jürgen Klopp stieg Dortmund zur Weltmarke auf. Der BVB ist Kult und ein echter Traditionsklub. Ein Mythos. Aber ist es noch immer „Echte Liebe“ oder doch schon purer Kommerz?
Wenn es auf der Fußballwelt wirklich einen „zwölften Mann“ gibt, dann spielt er definitiv in Dortmund. Das Westfalenstadion (das seit 2005 offiziell Signal Iduna Park heißt) und seine schwarz-gelben Fans können eine Wucht erzeugen, die wahrhaftig Spiele entscheiden und Tore schießen kann. Man kann für Sturm und seine Tausenden in den Ruhrpott mitreisenden Anhänger nur hoffen, dass der zuletzt nicht immer sattelfeste BVB richtig „Bock“ auf dieses Spiel hat – denn dann wird es das, was sich alle erhoffen, ein Erlebnis der Extraklasse.
Was für Städtetouristen aus aller Welt der Eiffelturm in Paris ist, ist für Fußballfans quer über den gesamten Planeten die „Gelbe Wand“ in Dortmund. Einmal live die legendäre Südtribüne zu sehen, zu spüren, zu hören – dieses Erlebnis fehlt auf keiner To-do-Liste.
Die Energie der Süd ist bei Heimspielen traditionell zum ersten Mal zu spüren, wenn die Dortmunder Kicker zum Aufwärmen auf den Rasen kommen. Dann wird der „Triumphmarsch“ aus der Oper „Aida“ gespielt und auch die BVB-Fans setzen ihr erstes Ausrufezeichen. Die Dortmunder Gassenhauer wie „Heja BVB“ und „You’ll never walk alone“ fehlen natürlich ebenfalls nicht. Die Aufstellung des BVB wird von Stadionsprecher-Legende Norbert „Nobby“ Dickel zelebriert. Dickel spielte einst selbst für die Borussia, war (mit zwei Toren) der große Held des Sieges im DFB-Pokal-Finale 1989 gegen Werder Bremen. Verletzungsbedingt musste „Nobby“ wenig später seine Karriere beenden, seit der Saison 1992/93 ist er die schwarz-gelbe Stadion-Stimme.
2004 fast bankrott
Der weltweite Hype rund um den BVB ist untrennbar mit dem Namen Jürgen Klopp verbunden. Die magische Mischung zwischen Trainer-Pulverfass (von 2008 bis 2015 im Amt) und Stadion-Hexenkessel setzte Energien frei und produzierte Erfolge und Bilder, die Millionen Kinder und Erwachsene in ihren Bann zogen und zu Dortmund-Fans machten. „Jürgen hat die Identität von Borussia Dortmund selbst verkörpert und vorgelebt. Es war, als wäre die Identität des BVB und vieles von Jürgens Charakter eins gewesen“, erzählt Markus Rejek, der damals Marketingleiter in Dortmund war. Endgültig vergessen war da die heftige Finanzkrise in Dortmund in den Jahren 2004 und 2005, die den Verein beinahe in den totalen Kollaps getrieben hätte.
Der Leitspruch „Echte Liebe“ (seit 2010 der offizielle Klubslogan) passte da wie die Faust aufs Auge, spült seitdem alleine durch den Verkauf von Fan-Utensilien zig Millionen Euro in die Kassa. Manch alteingesessener BVB-Fan fragt sich mittlerweile jedoch auch, ob inzwischen nicht deutlich mehr Kommerz als „Echte Liebe“ im Spiel ist. Eine Gratwanderung. Die Kuh wird schließlich gemolken, so lange sie Milch gibt. Und ein Ende der Begeisterung rund um die Borussia, ihr Stadion und ihre Fankultur scheint nicht in Sicht.
Erst im heurigen Jahr präsentierte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke ein Rekordergebnis: Der Konzern-Gesamtumsatz (ohne Transfers!) von 509,1 Mio. Euro (plus 21 Prozent im Vergleich zum Vorjahr) führte 2023/24 zu einem Nettogewinn nach Steuern von 44,3 Mio. Die Fans rennen dem BVB nach wie vor die Bude ein – das Stadion ist in der Liga mit 81.300 Zuschauern immer ausverkauft. Dortmund ist der Verein mit dem höchsten Zuschauerschnitt Europas. Die Warteliste für eine Dauerkarte auf der Südtribüne wurde übrigens 2017 geschlossen – man hätte gemäß realistischen Schätzungen rund 250 Jahre warten müssen, um an die Reihe zu kommen. Die einzige Chance ist also, ein Abo zu erben.
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