Was passiert, wenn bei der US-Wahl kein Kandidat die benötigten 270 Wahlmänner-Stimmen erreicht, um zu gewinnen? Dann greift ein 220 Jahre alter Verfassungszusatz, der einem Wahl-Super-GAU gleichkommt …
Amerika ist wie ein Pulverfass. Alle Umfragen deuten auf ein denkbar knappes Ergebnis zwischen Kamala Harris und Donald Trump hin. Und egal, wer am Ende im Rennen um das Weiße Haus die Nase vorn hat, das Lager der Verlierer wird das Resultat wohl nicht einfach nur so hinnehmen. Viele befürchten, dass es gewalttätige Auseinandersetzungen geben könnte.
Insbesondere dann, wenn der Wahl-Super-GAU eintreten wird – nämlich, wenn Harris und Trump am Ende mit 269 dieselbe Anzahl von Wahlmänner-Stimmen erhalten. Dann bestimmt der Kongress, wer Präsident und Vizepräsident wird, was es seit genau 200 Jahren nicht mehr gegeben hat.
Warum ein Gleichstand Trump hilft
Es gibt gleich mehrere Szenarien, die einen Gleichstand möglich machen. Als die Wahrscheinlichste gilt, dass Trump North Carolina, Michigan und Pennsylvania gewinnt, während sich Harris Arizona, Georgia, Nevada und Wisconsin sichert. Wenn sich in den übrigen Bundesstaaten die aktuellen Prognosen bewahrheiten, würde tatsächlich keiner der beiden Kandidaten die 270-Stimmen-Marke und somit die Schwelle zur Präsidentschaft überschreiten.
In diesem Fall greift dann der 12. Verfassungszusatz. Dieser besagt, dass das US-Repräsentantenhaus den Präsidenten und der US-Senat den Vizepräsidenten mit einfacher Mehrheit wählt.
Das ist komplizierter, als es erscheint. Denn es bekommt nicht jeder Abgeordnete eine Stimme, sondern jeder der 50 repräsentierten Bundesstaaten muss sich für einen Kandidaten entscheiden. Um es anschaulicher zu machen: Der Bundesstaat Florida hat 27 Abgeordnete im US-Repräsentantenhaus, von denen 14 Republikaner und 13 Demokraten sind. Was effektiv heißen würde, dass die Republikaner mit einfacher Mehrheit ihren bevorzugten Kandidaten durchboxen können. Da die Konservativen in 26 Staaten die Mehrheit der Abgeordneten stellen, wäre Trump damit so gut wie sicher der nächste Präsident der Vereinigten Staaten.
Im Senat hat jeder Senator eine Stimme, um den Vizepräsidenten zu bestimmen. Allerdings handelt es sich in diesem Fall um die Zusammensetzung des nächstens Senats, die ebenfalls durch die aktuelle Wahl ermittelt wird. Und aller Prognosen nach werden die Demokraten ihre knappe Mehrheit verlieren. Was hieße, auch der Vizepräsident wäre dann ein Republikaner – sprich JD Vance.
Zuletzt hatte das Repräsentantenhaus im Jahr 1824 den Präsidenten auf Basis des 1804 verabschiedeten Verfassungszusatzes gewählt. Damals stimmte die Mehrheit der Abgeordneten-Delegationen für John Quincy Adams, Rivale Andrew Jackson hatte das Nachsehen. Sollte sich dieselbe Prozedur zwei Jahrhunderte später auch ergeben, wird das der Verlierer nicht einfach nur so hinnehmen.
Mit großer Wahrscheinlichkeit muss am Ende das Oberste Verfassungsgericht die Wahl bestätigen. Man muss kein Prophet sein, um sich auszumalen, welche negativen Auswirkungen diese Regierungskrise auf das tief gespaltene Land haben wird.
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