Erneute Aufregung

„Black Swan“: Schwan-Retterin droht nun Gefängnis

Burgenland
07.11.2024 06:00

Der Wirbel um den aggressiven Schwan aus Zagersdorf, der im Frühjahr des Vorjahres Passanten attackierte und dann von einer Tierschutz-Austria-Aktivistin ausgewildert wurde, geht weiter. 

Ivan Grujic, Bürgermeister in Zagersdorf, ist ein Kommunalpolitiker, der seinen Worten Taten folgen lässt. Das gilt für den Bau des angekündigten neuen Gemeindewirtshauses und angeblich auch in Bezug auf ausgesprochene Drohungen. Aber alles der Reihe nach.

Im März des Vorjahres sorgte ein Schwan, der sich eineinhalb Jahre zuvor allein auf dem örtlichen Fischerteich niedergelassen hatte, für Wirbel. Der sonst so friedfertige Wasservogel, der fast täglich von Spaziergängern gefüttert wurde, hatte sich nämlich laut Aussagen von Anrainern und Fischern von einem Tag auf den anderen in einen aggressiven Angreifer verwandelt – ähnlich wie im Psychothriller „Black Swan“. Er biss, zwickte und lief so manchem, der ihm zu nahekam, mit ausgebreiteten Schwingen hinterher.

Andreas Ranner, Zoologe im Amt der Burgenländischen Landesregierung, kalmierte und erklärte, dass der Schwan mit diesem territorialen Verhalten „bloß sein Recht auf Futter einfordert und im Hormonrausch ist“. Denn in Ermangelung einer Artgenossin hatte er mit einer weißen Moschusente Freundschaft geschlossen.

Erst verschwand seine geliebte Moschusente, dann verschwand auch er. (Bild: Petra Klikovits)
Erst verschwand seine geliebte Moschusente, dann verschwand auch er.

Tierschutz Austria kam Bürgermeister zuvor
Weil sich Beschwerden gegen den Schwan häuften, entschied Bürgermeister Grujic das Problem aus der Welt zu schaffen, indem er eine Umsiedelung des gefiederten Dorfbewohners an den Neusiedler See arrangierte, wo er im Verbund mit anderen Schwänen weiterleben sollte. Doch bevor es dazu kam, schaltete sich Tierschutz Austria ein. Österreichs größte und älteste Tierschutzorganisation hatte nämlich erfahren, dass Kinder vor Ort den Schwan mit Steinen und Stöcken beworfen hatten und sogar die „Erschießung und Steinigung“ des Tieres in der Gemeinde im Raum stand.

Prompt wurde die amtsbekannte Wiener Schwanenexpertin Marina Gruber nach Zagersdorf entsandt, mit dem Auftrag, den Schwan zu retten. Doch ausgerechnet an jenem Tag, an dem Grujic am Teich ein weiteres TV-Interview über den Vogel geben wollte, wilderte Gruber diesen an einen sicheren Ort an der Donau aus.

Marina Gruber hat die Auswilderung des Schwans aus Zagersdorf mit Fotos und Videos dokumentiert. (Bild: zVg)
Marina Gruber hat die Auswilderung des Schwans aus Zagersdorf mit Fotos und Videos dokumentiert.

Machte Ortschef Drohung wahr?
„Dem Bürgermeister hat meine Aktion nicht gepasst. In einem Telefonat warf er mir ,Entführung‘ vor und drohte mir, dass die Sache ein Nachspiel haben werde. Ich dachte, dass sich seine Wut wieder legt und er zur Einsicht kommt, zumal Tierschutz Austria und ich gemäß dem österreichischen Tierschutzgesetz gehandelt haben. Aber stattdessen kontaktierte er die Abteilung 4 der Landesregierung, die für Natur- und Klimaschutz zuständig ist, um über sie Anzeige gegen mich zu erstatten“, weiß Gruber seit ihrer Akteneinsicht bei der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung.

In einer „Aufforderung zur Rechtfertigung“ wird ihr vorgeworfen, „nicht im Auftrag der Gemeinde“ und „ohne naturschutzbehördliche Ausnahmebewilligung“ gehandelt zu haben. Vor Kurzem flatterte der autodidaktischen Schwan-Ornithologin, die in Wien auch mit der Wildtierhilfe, dem Fischereiverband, dem Landeskriminalamt und der Wasserpolizei zusammenarbeitet, zudem ein „Straferkenntnis“ der BH ins Haus. Darin wird sie zur Zahlung einer Verwaltungsstrafe von insgesamt 396 Euro angehalten, weil sie „Rechtsvorschriften betreffend des Burgenländischen Naturschutz- und Landschaftspflegegesetzes verletzt“ habe.

Auszug aus dem „Straferkenntnis“ der BH  (Bild: Krone KREATIV/Marina Gruber)
Auszug aus dem „Straferkenntnis“ der BH 

Freiwillig hinter Gitter
Erhebt sie binnen vier Wochen keinen Einspruch, muss sie der Forderung nachkommen oder eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag und sechs Stunden im Gefängnis absitzen. Genau das will Gruber nun tun, um ein Exempel zu statuieren und um aufzuzeigen, dass Tierschutz ernst genommen werden sollte: „Ich habe nichts Unrechtes getan und lasse mich nicht einschüchtern.“

Rechtsexpertin Michaela Lehner von Tierschutz Austria geht mit ihr d‘accord: „Wir werden uns an die Behörde wenden, denn das Straferkenntnis der BH ist ein Beweis dafür, dass gegen die falsche Person vorgegangen wird. Der zuständige Bürgermeister war damals weder für mich noch für unsere Präsidentin Madeleine Petrovic erreichbar, obwohl wir ihn mehrfach auf seiner Mobiltelefonnummer anriefen und ihn auch schriftlich kontaktierten, um ihn im Vorfeld über unser Vorhaben zu informieren. Nachdem er und die Behörden nicht imstande waren alle Gefahren für das Überleben des Schwanes zu beseitigen, war unsererseits rasches Handeln notwendig. Es bestand schließlich Gefahr in Verzug. Statt eine Geldstrafe zu erwirken, sollte die Gemeinde lieber die Einsatzkosten von Frau Gruber übernehmen.“

Zagersdorfs Bürgermeister Ivan Grujic (Bild: zVg)
Zagersdorfs Bürgermeister Ivan Grujic

So argumentiert der Bürgermeister
Und was sagt Bürgermeister Ivan Grujic zu der Causa? Er beteuert seine Unschuld und weist alle Unterstellungen von sich: „Ich habe weder selbst Anzeige gegen Frau Gruber erstattet, noch habe ich andere dazu angestiftet. Als der Schwan weg war, war die Sache für mich erledigt.“

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