Ex-Freundin angeklagt

Giftanschlag: „Das Leben hat sich brutal geändert“

Gericht
06.11.2024 14:14

Im Juli 2022 bot seine damalige Freundin Andreas F. ein Spezialgetränk an. Seitdem ist er fast vollständig blind. Bernadette H. soll versucht haben, den 42-Jährigen zweimal umzubringen und ist verantwortlich, dass er im Gefängnis saß. Der Auftritt des Sehbehinderten in ihrem Prozess lässt die Niederösterreicherin aber unbeeindruckt.

Mit zwei Leibwächtern wird Andreas F. am zweiten Verhandlungstag in den Saal im Landesgericht Korneuburg (NÖ) gebracht – er findet sich mit seinem Blindenstock zurecht. Die Angeklagte, die für seine Sehbehinderung verantwortlich sein soll, sitzt keine zwei Meter von ihm entfernt. Seine Zeugeneinvernahme wollte er aber nicht in Abwesenheit der 32-Jährigen machen – sie solle sehen, wie es ihm jetzt nach über zwei Jahren geht.

Liebe auf den ersten Blick beim Dorfkirtag
Er beginnt zu erzählen: „2012 hab‘ ich Frau H. auf einem Dorfkirtag kennengelernt. Ich hab‘ mich da schon ein bisschen verschaut in sie.“ 2021 gab es dann die ersten Annäherungen, im Jahr darauf gingen der 42-Jährige und Bernadette H. eine Beziehung ein. Schnell hätte sie das Thema Hochzeit angesprochen. Weil die 32-Jährige eine mittlerweile 12-jährige Tochter hatte, habe sie sich absichern wollen – auch finanziell.

Zwei Herren des Kraftsportvereins Klosterneuburg begleiteten den sehbehinderten Andreas F. zu seiner Zeugenaussage. (Bild: zVg)
Zwei Herren des Kraftsportvereins Klosterneuburg begleiteten den sehbehinderten Andreas F. zu seiner Zeugenaussage.

„Ich hab mir dann gedacht, bevor ich sie heirate, mach’ ich das mit dem Notar. Das ist billiger“, schmunzelt Andreas F. im Nachhinein. Er setzte Anfang Juli 2022 seine damalige Freundin – zum ersten Mal – als Alleinerbin seines Vermögens von rund drei Millionen Euro ein ...

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Sie bestärkte mich, diesen Becher zu trinken. Sie hat gesagt, wenn du das trinkst, haben wir guten Sex. Ich bin auch nur ein Mann ...

Nach dem Getränk erblindete Andreas F. 

„Am 8. Juli kam es dann zum ersten Vorfall, wo sich mein Leben brutal geändert hat.“ Bei einer Party in seinem Vierkanthof in Glinzendorf (NÖ) habe seine damalige Freundin ihm ein „Spezialgetränk“ angeboten. „Sie bestärkte mich, diesen Becher zu trinken. Sie hat gesagt, wenn du das trinkst, haben wir guten Sex. Ich bin auch nur ein Mann ...“

Fünf Tage im Koma und fast vollständig blind
Was der 42-Jährige zu dem Zeitpunkt nicht wusste: in dem Becher befand sich Methanol und Magic Mushrooms. „Im Endeeffekt bin ich dann fünf Tage im Koma gelegen. Das war schrecklich“, erinnert sich F. zurück. Seitdem hat er nur noch einen Sehwert von zwei bis drei Prozent. „Das war natürlich ein Nervenzusammenbruch.“ Auf Anraten seiner Schwester annullierte er das zuvor aufgesetzte Testament wieder.

Die Angeklagte beim Prozessauftakt im Landesgericht Korneuburg (NÖ). (Bild: Antal Imre/Imre Antal, Krone KREATIV)
Die Angeklagte beim Prozessauftakt im Landesgericht Korneuburg (NÖ).

Bis ihm Bernadette H. Ende des Sommers 2022 eröffnete, schwanger von ihm zu sein – erneut war sie seine Alleinerbin. Kurze Zeit später am 2. November: „Sie wollte, dass wir zu zweit etwas trinken bei mir zu Hause. Bevor wir schlafen gegangen sind, hat sie mir zwei Muffins gegeben, die sie mit ihrer Tochter gebacken hatte. Sie wollte unbedingt, dass ich sie esse.“ Außerdem sollte er noch acht bis zehn Tabletten schlucken – „Sie meinte, das sind Nahrungsergänzungsmittel. Dann hab‘ ich ein Blackout.“

Beziehungsende nach Pulsschnitt
Im Krankenhaus Mistelbach wachte er schließlich mit einer aufgeschnittenen Pulsader am linken Arm wieder auf. „Die Ärzte haben gesagt, ich hab‘ versucht, mich umzubringen. Ich hab‘ gemeint, das gibt's nicht. Ich bin dann nach Hause und hab die Beziehung beendet, weil ich hab‘ mir gedacht, was soll jetzt noch alles passieren.“

„Spitze des Eisbergs“
Dann sei es ruhig geworden, so der 42-Jährige. Er habe sich in sein neues Leben eingefunden, viele Dinge neu lernen müssen. „Bis zum 17. Mai. Da war dann die Spitze des Eisbergs.“ Er sei in der Früh aufgewacht, habe sein Handy nicht gefunden. Seine Haushaltshilfe habe ihn dann angerufen. Eine Frau meldete sich, sie hätte sein Telefon auf der Straße im Heimatort von Bernadette H. gefunden. Auf dem Weg dorthin wurde Andreas F. schließlich festgenommen.

Anwalt Arthur Machac vertritt das Opfer und fordert 300.000 Euro Schmerzensgeld und Schadensersatz. (Bild: Peter Grotter)
Anwalt Arthur Machac vertritt das Opfer und fordert 300.000 Euro Schmerzensgeld und Schadensersatz.

„Sie haben immer wieder wiederholt, geben Sie zu, dass Sie ihre Freundin abgestochen haben. Ich hab‘ gar nicht gewusst, was passiert ist“, erklärt der Niederösterreicher den Geschworenen. Für einen mutmaßlichen Messerangriff auf die 32-Jährige saß er schließlich acht Wochen in U-Haft.

Giftmischerin lässt Aussage kalt
Alles inszeniert, gab H. schon am ersten Verhandlungstag im Landesgericht Korneuburg zu. Es waren aber die Auswertungen der Sprachassistenten von Andreas F., die ihn letztlich entlasteten und ein Alibi verschafften. 

Vier Stunden dauert die Zeugenaussage des 42-Jährigen. Die Bernadette H. anscheinend vollkommen unberührt lässt. Zeitweise schüttelt die Mandantin von Anwalt Sascha Flatz, lediglich den Kopf. Denn zu den zwei angeklagten Mordanschlägen bekennt sich die 32-Jährige nicht schuldig. Es sei ein Unfall beziehungsweise Suizidversuch gewesen. Im Falle einer Verurteilung am 13. November droht ihr lebenslange Haft und eine Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum.

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