Politischer Sargnagel

Der Auftritt, der Harris die US-Wahl gekostet hat

US-Wahl 2024
06.11.2024 20:33

Das politische Comeback von Donald Trump ist bemerkenswert. Sein Triumph ist eine knallharte Abrechnung mit der Gegenseite. Der Moment der Niederlage von Kamala Harris kann ziemlich genau definiert werden. Ein Rückblick.

Als Trump vor zwei Jahren seine Wiederkandidatur ankündigte, stand er allein auf der Bühne. Der Kapitolsturm isolierte ihn politisch. Bei den Midterm-Wahlen 2022 feierten Republikaner Erfolge, die sich von ihm und seiner brachialen Rhetorik distanzierten. Die Marke Trump verblasste.

Was als Alleingang begann, endete mit einem Erdrutschsieg gegen die Demokratin Kamala Harris. Bei seiner Siegesfeier in Palm Beach, Florida, konnte sich der ehemals Verstoßene vor Zuspruch kaum retten. „Ist das nicht verrückt?“, erkannte selbst Trump eine gewisse Ironie.

Der Demagoge ist wieder salonfähig und teilte die Bühne mit Dutzenden Personen: seiner Familie, Wahlkampfstrategen, konservativen Popkultur-Phänomenen. Selbst ein Golf-Profi wollte sich in seinem Erfolg sonnen. Wie konnte das passieren?

Wieder gefragt: Donald Trump (Bild: AP ( via APA) Austria Presse Agentur/Julia Demaree Nikhinson)
Wieder gefragt: Donald Trump

Die USA haben traditionell ein Herz für Außenseiter. Aber diese Wahl wurde abseits von Personenkult und ideologischen Grabenkämpfen entschieden. Die US-Amerikaner bewegt hauptsächlich, was sich am Ende des Tages in ihrer Geldbörse befindet – und die wurde zuletzt (über)strapaziert.

Eine galoppierende Inflation, ausgelöst von der Pandemie und globalen Konflikten, traf insbesondere die Mittelschicht. Lebensmittelpreise drifteten in absurde Höhen, während die Wirtschaft boomte. In den USA nennt sich das Phänomen „Vibecession“. Das Gefühl, ärmer zu werden, obwohl alle Kennzahlen dagegensprechen.

Laut einer Gallup-Umfrage vom August denken 63 Prozent der „Amis“, dass sich ihre wirtschaftliche Lage verschlechtert hat. Die Richtung stimmt für eine Mehrheit der Menschen eben nicht mehr. Trumps Sieg ist eine knallharte Abrechnung mit der Biden-Harris-Regierung. Seine imposante Rückkehr wurde möglich, weil die Demokraten nicht wie versprochen Einheit und Wohlstand gebracht haben, sind sich politische Beobachter sicher.

Ein Auftritt als politischer Sargnagel
Die finanziellen Sorgen der Menschen wurden bis zuletzt auf die leichte Schulter genommen. Der Moment der Harris-Niederlage kann ziemlich genau definiert werden. Anfang Oktober wurde sie in der Talkshow „The View“ danach gefragt, ob sie in den vergangenen vier Jahren etwas anders gemacht hätte als Präsident Biden. Ihre Antwort fand – was heutzutage selten geworden ist – Widerhall in sämtlichen Filterblasen.

„Es gibt nichts, was mir in den Sinn käme … und ich war an den meisten Entscheidungen beteiligt, die Auswirkungen hatten.“ Ein Schlag ins Gesicht für alle, die aktuell nicht über die Runden kommen. 

Republikaner nutzten Harris-Aussetzer
Ein gefundenes Fressen für die Republikaner, die Trump während des Wahlkampfs endlos über Speckpreise fabulieren ließen. „Da habt ihr es, Leute“, sagte die Sprecherin der Trump-Kampagne, Karoline Leavitt, auf X. „Kamala würde nichts an dem ändern, was in den letzten vier Jahren passiert ist. Wenn ihr sie wählt, könnt ihr vier weitere Jahre vom Gleichen erwarten: Inflation. Grenzkrise. Verbrechen. Krieg. Chaos. Spaltung. Nur Präsident Trump wird den WANDEL bringen!“ Dass in ihrer Auflistung gestiegene Preise zuerst erwähnt wurden, ist kein Zufall.

Trump hat etwa angekündigt, die Besteuerung von Trinkgeldern und Überstunden abzuschaffen, um Kellner und andere Servicekräfte zu unterstützen. Dass seine anvisierte Zoll-Wirtschaft die Preise wohl noch weiter in die Höhe schrauben dürfte, können Ökonomen noch so oft vorrechnen. Das Gefühl der Amerikaner, dass das Leben unter Trump leistbarer war, bleibt. Auch die Bitte um Berücksichtigung externer Faktoren ändert nichts an den Preisschildern in den Supermärkten.

Bevölkerung stellt Rechnung aus
Ihrem Frust verliehen die US-Amerikaner mit ihrer Stimme Ausdruck und stellten ihre persönlichen Finanzen damit wohl über Themen wie persönliche Tugenden oder demokratische Werte. Republikanische Strategen erklären damit auch Trumps Erfolge unter Latinos.

Finanzielle Sorgen, die immer mit einer Angst von Statusverlust einhergehen, ebnen den Weg für düstere Akteure, das hat die Geschichte gezeigt. Die Inflation lässt nicht nur in den USA Wertmaßstäbe verschwimmen. Die Wählerschaft hat den Demokraten nun ihre Rechnung ausgestellt. Ihr Preis: Donald J. Trump.

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