Sein neues Album „Catching Tales“ stammt (diesmal) beinah gänzlich aus seiner Feder und ist zu einer außerordentlichen Stil-Mischung geworden: Dieser Mann spielt atemberaubende Piano-Solis und singt dazu von der kleinen Schlampe die ihn neulich in einer verrauchten – oder eher verruchten? – Hinterhofkneipe über den Tisch gezogen hat.
Die DJs der durchgestylt-trendigen Bars und Lounges europäischer Innenstädte, auf deren Ledersofas bildhübsche Menschen "chillen", werden sich auf die Platte stürzen wie ausgehungerte Zoo-Panther. Vorprogrammiert bei der frechen Single „Get your Way“: Wenn ein Kopf bei diesen Grooves und den schrägen Sound-Samples, gekontert von Jamies souligen Vocals noch immer ruhig im Nacken sitzt, muss ein Rhythmus-Chromosom fehlen.
Aber Jamie Cullum hat mehr zu bieten, als nur coole Juppie-Bar-Musik: „Catching Tales“ ist ein wohl gewähltes Sammelsurium aus Balladen, knackigen Songs, die Geschichten erzählen und atemberaubenden Piano-Kompositionen. Die Jazzgrößen sind übrigens sehr zufrieden mit ihrem neuen Botschafter – deutsche WochenZEITungen nennen ihn auch den „DiCaprio des Jazz“.
Er hat sein Handwerk - das Klavierspielen und Songwriting - in britischen Clubs und auf Kreuzfahrtschiffen perfektioniert. Und das spürt man, wenn man sich durch die vierzehn Songs von "Catching Tales" hört. Berührungsängste sind schnell dahin, wenn sich die schwere Jazz-Kost ab und an in pop-gesangliches Wohlgefallen auflöst.
Wer sich bis jetzt vor Swing, Be-Bop und knallig, funkigen Melodien gefürchtet hat; wer Jazz immer als Musik für Menschen mit Hornbrillen, die Kaschmirschals im Sommer tragen gesehen hat, dem gibt Jamie Cullum mit "Catching Tales" wieder die Chance in eine neue Musik-Welt einzusteigen. So stilübergreifend hat noch keiner seinem Flügel Flügel verleiht!
8 von 10 be-da-badap-du-bah’s und ein oh-yeah!
Von Christoph Andert
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