In wenigen Sekunden

Roboter der TU Wien lernt Waschbeckenputzen

Elektronik
07.11.2024 13:21

Wer wünscht sich das angesichts eines verdreckten Waschbeckens nicht – ein Robotersystem, das in Sekundenschnelle lernt, die wenig glamouröse Aufgabe zu übernehmen, ohne dabei Schaden an der Porzellanoberfläche zu verursachen. Ein solches Robo-KI-System haben Wiener Forscher nun realisiert. Der Ansatz verspricht aber weit mehr als bloß einen flexiblen Putz-Roboter.

Unter rund 3500 für die kürzlich in Abu Dhabi stattgefundene Robotik-Konferenz „IROS“ eingereichten Beiträgen wurde die Arbeit von Forschern des Instituts für Automatisierungs- und Regelungstechnik (ACIN) der TU Wien für einen „Best Application Paper Award“ ausgewählt und damit von Fachkollegen unter die wichtigsten Innovationen des Jahres gereiht. Das zeige, dass man in diesem „wissenschaftlich weltweit hochdynamischen Bereich“ in Wien „brauchbare Dinge“ mache, erklärten Andreas Kugi und Christian Hartl-Nesic vom ACIN.

Lernen am Schwamm
Im konkreten Fall lernt das KI-System mehr oder weniger direkt vom Menschen. Das Vehikel dazu ist ein „instrumentiertes Werkzeug“ – hier ein handelsüblicher Haushaltsschwamm, den die Wissenschaftler kurzerhand durchlöchert und mit Kraft-Drehmoment-Sensoren versehen haben. So wird höchst detailliert aufgezeichnet, wie viel Kraft beim Handhaben des Schwammes an welcher Stelle und bei welcher Krümmung des Werkstückes – in dem Fall das Porzellanbecken – aufgewendet wird.

Zusehen genügt
Zudem werden die Bewegungen der führenden Hand über ein optisches Trackingsystem in 3D exakt mitaufgezeichnet. In Kombination erhält man so Hunderte bis Tausende Messdaten pro Sekunde. Diese sehr hohe Auflösung erklärt auch, warum der nachgelagerte, auf Künstlicher Intelligenz bzw. Maschinellem Lernen fußende Datenverarbeitungsprozess sich schon nach wenigen Sekunden des „Zusehens“ einen recht guten Reim auf die Erfordernisse machen kann. „Wir können ein sehr gutes Prozessverständnis extrahieren“, wie es Hartl-Nesic ausdrückte.

Hinter dem „Lernen“ steht ein mathematisch-statistischer Ansatz mit dem Ähnlichkeiten in den Bewegungen aufgeschlüsselt werden können. So lässt sich das Hergezeigte in Form von recht wenigen Parametern technisch übersetzen und letztlich nachahmen, erklärte der Wissenschafter: „Bei jeder neuen Kante kann das System die statistische Beschreibung verwenden, um eine sinnvolle Werkzeugbewegung zu berechnen.“

Im Rahmen der Demonstrationen zeigte man, dass es die Waschbecken-Aufgabe schon nach minimalem Vorzeigen – ein Mensch reinigte nur wenige Sekunden lang lediglich mit einem Wischen die Vorderkante des Beckens – replizieren und auch auf neue Situationen, wie andere Krümmungen, anwenden kann. Sprich: Die Reinigung des Rests des geometrisch recht anspruchsvollen Objektes geht in der Folge von selbst. In Zukunft soll der Roboter nach dem Durchführen des Vorganges auch seinen Erfolg überprüfen, um gegebenenfalls nachzuarbeiten.

Der Putzroboter bei seiner Arbeit (Bild: TU Wien)
Der Putzroboter bei seiner Arbeit

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Im Haushalt Einzug halten wird dieser Assistent aber nicht so bald: In dieser Form von der Stange zu kaufen gibt es den Hightech-Roboterarm sowie das in Wien aufgebaute weiterführende System nämlich nicht. Kugi: „Hier ist noch viel Grundlagenforschung zu leisten“, die Zutaten seien aber da.

Die Vision der Forscher geht in Richtung „Roboter als Assistent“. Gerade für Österreich als Land vieler produzierender Klein- und Mittelbetriebe im handwerklichen Bereich sei das mittelfristig wichtig – auch angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels, zeigte sich Kugi überzeugt. Solche Systeme würden „nicht Leute ersetzen, aber massiv unterstützen“.

Anwendungsbereich: Mehr oder weniger überall, wo Oberflächen verschiedenster Art abgeschliffen, poliert, angemalt, Klebstoffe aufgetragen oder Teile zusammengefügt werden müssen.

Gerade jetzt sei es an der Zeit, dass Unternehmen darüber nachdenken, wie ihre Produktion in zehn bis 15 Jahren aussieht. „Intelligente Assistenzsysteme mit teilautonomen Funktionen“ seien ein Teil davon. Denkbar wäre auch, solche Ansätze über mehrere Firmen und Anwendungen hinweg schrittweise und gemeinschaftlich zu verbessern: „Private Daten – etwa über die konkrete Form eines bestimmten Werkstücks – würden privat bleiben, aber wichtige erlernte Grundprinzipien würden ausgetauscht, um die Fähigkeiten aller Roboter weiter zu verbessern“, heißt es seitens der TU Wien.

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