Die umstrittene Geliebte des französischen Königs Ludwig XV., Jeanne du Barry, hätte um ein Haar Österreichs größtes außenpolitisches Projekt zu Fall gebracht – weil sich Marie Antoinette weigerte, mit der „Hure des Königs“ zu sprechen.
Es war einer der ungewöhnlichsten, absurdesten und auch fast folgenreichsten Skandale der europäischen Geschichte. Zeitlicher Hintergrund: 1772. Ort des Geschehens: der französische Hof in Versailles.
Kaiserin und Königin Maria Theresia hatte ihre „diplomatische Revolution“ erfolgreich abgeschlossen. Das berühmte „Renversement des Alliances“ machte nach etlichen Kriegen aus den Feinden Österreich und Frankreich endlich Bündnispartner. Diese Allianz, die den Frieden in Europa sichern sollte, wurde mit der Heirat von Maria Theresias Tochter Marie Antoinette und dem französischen Thronfolger Ludwig feierlich besiegelt.
Alles war gut – dachte man. Doch dann ärgerte sich die heimliche Macht am französischen Hof über den Teenager aus Wien. Jeanne du Barry, dank ihrer Schönheit aus ärmlichen Verhältnissen zur Mätresse des französischen Königs aufgestiegen, hielt es nicht aus, dass sie bei allen öffentlichen Auftritten von Marie Antoinette gemieden wurde. Die stolze Kaisertochter vom sittenstrengen Wiener Hof weigert sich partout auch nur ein Wort mit der Mätresse zu wechseln – wochenlang, monatelang.
Es kam zu Szenen zwischen Versailles und Wien: Jeanne du Barry verkündete Ludwig XV., dass sie vor lauter Ärger über die Schmach, die ihr zuteilwurde, nicht mehr ihren fleischlichen Pflichten als Mätresse nachkommen könne. Der König war fuchsteufelswild darüber, dass er wegen einer Lappalie um diese gebracht wurde. Der österreichische Botschafter in Versailles warnte Wien vor dem Ende der österreichisch-französischen Beziehungen.
Würde es Krieg geben wegen eines stolzen Teenagers?
Die sittenstrenge Maria Theresia beschwor ihre Tochter in einem Brief nach dem anderen, für den Frieden in Europa doch über ihren Schatten zu springen und der Mätresse mit einem Satz – nur einem – zu geben, was sie begehrte. Doch Marie Antoinette weigerte sich. Die Regierungen Europas hielten den Atem an und blickten nach Versailles: ein paar Worte für den Frieden? Oder Krieg wegen gekränkter Eitelkeit?
Es waren schließlich sieben Worte, die die Spannungen zwischen den beiden Großmächten abbauten. Marie Antoinette sagte beim Neujahrsempfang 1772 den folgenden Satz zu Jeanne du Barry: „Es sind heute viele Leute in Versailles.“ Europas Staatskanzleien jubelten, der Frieden war gesichert. Jeanne du Barry triumphierte. Und die in die Knie gezwungene Marie Antoinette sollte nie wieder ein weiteres Wort mit der verhassten Mätresse wechseln.
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